Immobilien fotografieren – 6 Tipps für professionelle Fotografen
Unsere Handys werden immer besser und es gibt bereits zahlreiche spezialisierte Apps und Kameras, wenn du Immobilien fotografieren möchtest. Doch das richtig gute Bild einer Immobilie, angefertigt von einem professionellen Fotografen, wird dadurch nicht verschwinden. Immobilien sind zwar nicht launisch, sie stehen einfach da, trotzdem gibt es einige Punkte zu beachten, die den Profi-Fotografen vom Makler-Handy unterscheidet.
Inhaltsverzeichnis
#1 Das Equipment
Die meisten Immobilien fotografieren wir mit einem grundlegenden Equipment. Diese Ausrüstung ermöglicht es uns, professionelle Fotos von Immobilien machen zu können.
Equipment | Beschreibung |
---|---|
Kamera | Als Kamera eignet sich das Vollformat. Mit anderen Sensoren habt ihr einen Crop-Faktor und auch mit einem Weitwinkel kommt man mit dem Vollformat manchmal an seine Grenzen. |
Objektive | Wir arbeiten eigentlich nur mit zwei Objektiven. Einem Weitwinkel- und einem Teleobjektiv. Beim Weitwinkelobjektiv sind die allzu extremen Weitwinkel nicht passend, bereits ein normales Objektiv, wie zum Beispiel das 14-24mm Nikon oder das 16-35mm Canon, verzerrt den Raum teilweise stark. Beim Teleobjektiv verwenden wir ein 70-200mm. Natürlich kann auch ein 24-70mm helfen, wenn die Zwischenbrennweiten fehlen. |
Stativ | Ein Stativ ist bei schlechten Lichtverhältnissen unabdingbar. Zwar sind wir mit den Resultaten von modernen Kameras bei ISO800 bereits sehr zufrieden, zumal solche Bilder selten im starken Zoombereich betrachtet werden, sondern als Gesamteindruck punkten müssen. Generell gilt aber weiterhin: Je tiefer die ISO-Zahl, desto Artefakt freier lassen sich die dunklen Stellen aufhellen. |
Blitz | Wir benutzen zum Beispiel den «Profoto B1» und den «A1». Dieser soll, wenn möglich, nicht die wichtigste Lichtquelle sein, sondern bloss als Aufheller in den dunklen Bereichen dienen. Bei den modernen Wohnungen mit Glasfronten kann es durchaus vorkommen, dass das Licht nur von einer Seite kommt und daher lohnt sich ein Blitz in solchen Fällen. Wir benutzen die Blitzgeräte indirekt, so dass das Licht von einer Wand oder von der Decke her strahlt, um keine starken Schatten erzeugen zu lassen. Zuweilen brauchen wir auch mehr als nur ein Blitzgerät. Gerade bei Übersichten einer Immobilie gibt es schnell mehr als eine dunkle Ecke oder einen Gang. Bei Blitzgeräten besteht aber schnell die Gefahr, dass sie sich in Glasflächen oder Küchenabdeckungen spiegeln. |
Blitzgeräte können eine gute Hilfe sein. Je nach Objekt und Raum lohnt sich ein Blitz auf jeden Fall.
Kellenberger Kaminski Photographie GmbH
#2 Immobilien fotografieren
Vor der eigentlichen Aufnahme lohnt sich ein Rundgang, damit du dein Gegenüber kennen lernen kannst. Wenn wir Immobilien fotografieren, konzentrieren wir uns meistens auf die «wichtigen» Bereiche einer Immobilie, wie das Wohnzimmer, die Küche oder der Balkon. Bei den üblichen Zimmern gewinnst du keinen Preis, diese sind nicht wichtig abzufotografieren und daher eigentlich selten der Hingucker bei einer Immobilie.
Danach geht es ums Grundsätzliche in der Fotografie:
- Woher kommt das Licht?
- Wo ist es hell und wo ist es dunkel?
- Welche Objekte scheinen geeignet für das Foto zu sein?
- Aus welchem Winkel wirkt das Bild spannend?
Wir beginnen meistens mit Übersichten, dadurch können wir schon mal geistig diese «zwingenden Bilder» abhaken. Bei Übersichten verwenden wir oft Blitzgeräte, weil der Lichtabfall und die Kontraste sehr stark sein können.
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Viel Licht – sehr viel Licht
Öffne alle Jalousien, Storen und Fensterläden! Du brauchst so viel Licht wie möglich! Denn Immobilien fotografieren sich nie gut im Dunkeln. Manchmal kann auch eine zusätzliche offene Türe, spannendes Licht in einen Raum werfen. Wir schalten jeweils auch auf «Festbeleuchtung», denn wirklich jedes mögliche Licht soll brennen. Das trägt zwar kaum zur gesamten Helligkeit dazu, da der Helligkeitsunterschied vom Aussen- und Innenbereich zu gross ist. Es erzeugt aber eine gewisse Atmosphäre, wenn zum Beispiel eine Küche beleuchtet ist. Nimm die natürlichen Gegebenheiten eines Objekts mit und nutze die Reflexionen vom Sonnenlicht.
Der richtige Winkel
Verschiedene Winkel sind notwendig, um den ganzen Raum zu erfassen und um zum Beispiel herauszufinden wie sich eine Küche im Raum verhält. Der Standpunkt kann entscheidend sein, obwohl dazu geraten wird, die Aufnahme in der Mitte der Raumhöhe zu machen. Die Decken sind heutzutage frei von Gipsornamenten, es sind nur weisse Flächen. Der Boden, im besten Fall ein schönes Parkett, trägt mehr zur Stimmung bei, daher empfehlen wir das Foto von unterhalb der Mitte der Raumhöhe zu machen. Dadurch gewinnt das Parkett mehr an Prominenz als die Decke.
Die Kameraeinstellungen
Bei der Blende benutzen wir bei Übersichten mit dem Weitwinkel-Objektiv meistens eine Blende von etwa 6.3. Denn damit soll eigentlich alles mehrheitlich scharf sein. Bei Szenerien und Details sind wir bei tieferen Zahlen, da die Unschärfe im Vordergrund oder im Hintergrund viel zum photographischen Erlebnis beiträgt.
Aufnahmen mit einer Drohne
Eine Drohne ist ein einfaches Hilfsmittel, um noch eine weitere Dimension zur Immobilienfotografie hinzuzufügen. Moderne Drohnen sind sehr einfach zu bedienen und liefern eine anständige Bildqualität. Wenn du mit einer Drohne Immobilien fotografieren möchtest, gib unbedingt Acht auf die gesetzlichen Vorgaben, es gibt Flugverbotszonen und das Recht auf Privatsphäre. Eine Busse kann sehr teuer werden.
#3 Das Wetter
In der Immobilienfotografie solltest du stets auf gutes Wetter achten. Es ist kein stahlblauer Himmel nötig, aber die Sonne macht die ganze Szenerie einfach viel freundlicher. Google Maps ist ein grossartiges Tool, um zu sehen, wie sich der Sonnenstand entwickeln könnte und wo das Objekt genau liegt. Auf Google Earth gibt es eine Simulation der Sonnenstände, hier kannst du überprüfen, um welche Zeit die Sonne aufgeht und wie sich das auf das Haus und die Topografie auswirkt:
- Bei Innenaufnahmen kann die Sonne starke Lichter auf den Boden und die Wände werfen. Diese zu überblitzen ist sehr aufwendig und lohnt sich oft nicht. Besser ist es, sie als Stilmittel zu benutzen.
- Für Aussenaufnahmen gilt, dass die Schatten am Morgen und am Abend spannender sind und der Himmel gesellt sich ebenso zur Spannung. Das bedeutet im Sommer frühes Aufstehen und spät Feierabend zu machen.
- Eine Abendaufnahme beim Eindunkeln mit Festbeleuchtung und vielleicht einem beleuchteten Pool kann sich, wenn sich die Gelegenheit bietet, extrem lohnen.
#4 Ordnung ist das halbe Leben
Ordnung ist das halbe Leben, auch in der Immobilienfotografie. Die Bewohner der Immobilie werden meistens aufgefordert, Ordnung zu machen, bevor der Fotograf vorbeikommt. Wir sehen das aber ein klein wenig anders und suchen uns ruhige Bildkompositionen.
- Alles unnötige muss, wenn möglich weg – denn weniger ist mehr. Wir haben auch schon zu zweit oder zu dritt ein ganzes Sofa verschoben, um eine Szenerie aufzuwerten.
- Persönliche Gegenstände wie Familienbilder sollten für die Aufnahme entfernt werden.
- Es kann sich lohnen, einen Grundstock an Materialien zu Hause zu haben, die man bei spartanischer oder sogar leerer Wohnung platzieren kann. Dazu zählen Blumensträusse, Salz & Pfefferstreuer, Gemüse, Pfannen, Pasta im Glas, Kissen etc.
- Die Vorhänge sollen schön fallen, das kann eine nervige Sache werden, beruhigt eine Szenerie aber ungemein.
- Auch im Garten, auf dem Balkon oder der Terrasse muss Ordnung herrschen. Abgedeckte Liegestühle oder Kinderspielsachen tragen nicht zur Wertigkeit bei.
#5 Die Details
Während den Aufnahmen unterscheiden wir oftmals zwischen Miet- und Verkaufsobjekt.
- Bei Mietobjekten legen wir den Fokus auf Übersichten und garnieren sie mit einem schönen Detail. Das sind meistens in Küchen die Armaturen oder die Verarbeitung von Materialien oder spezielle Einrichtungsgegenstände, wie zum Beispiel ein Kamin oder ein schöner Parkettboden.
- Bei Verkaufsobjekten legen wir den Fokus nebst den Übersichten mehr auf Szenerien, also ein schönes Ensemble mit Sofa, Esstisch oder Küche, Terrasse. Diese fotografieren wir auch nicht mit dem Weitwinkelobjektiv (wenn möglich), sondern wenden das Teleobjektiv an, um eine möglichst kompakte und echte Darstellung zu erreichen.
Mach auch mal Fotos aus ungewöhnlichen Winkeln. Wenn eine spannende Lichtstimmung oder ein Schatten vorhanden ist, kann es den Eindruck auf dem Foto verstärken, wenn zum Beispiel mal eine Kamera auf den Boden gelegt wird, oder von der Treppe oder der Galerie hinunterfotografiert wird.
#6 Die Nachbearbeitung
Die Arbeit mit Photoshop macht inzwischen etwa fast die Hälfte des Zeitaufwands aus. Die Bilder nimmst du am besten im RAW-Format auf, eine JPEG-Komprimierung entfernt viele Details in hellen und dunklen Stellen, die man mit RAW im Lightroom oder dem CameraRAW herausholen kann. Wichtig ist es in unseren Augen, einen Kompromiss zwischen Realität und Möglichkeiten der Bildbearbeitung zu finden. Das Bild soll trotz den technischen Möglichkeiten noch halbwegs natürlich wirken. Wir hellen sehr viel auf und dunkeln die hellen Bereiche sehr stark ab, um eine ausgeglichene Grundstimmung zu erschaffen.
6 Tipps für Photoshop
- Mit dem Geometrie-Tool von Photoshop lassen sich Linien begradigen, oft funktioniert es automatisch und selten ist eine manuelle Gradstellung manchmal nötig. Dies ist eines der wichtigsten Punkte in der Immobilienfotografie. Bei extremen Winkeln musst du diese Linien aber nicht zwingend geradestellen.
- Die Entfernung von chromatischen Aberrationen und Profilkorrekturen kannst du automatisch ausführen lassen. Das Ergebnis wird sehr zufriedenstellend sein.
- Es lohnt sich, partiell mit dem Pinselwerkzeug in CameraRAW die Decke aufzuhellen oder sogar leicht ins bläuliche zu ziehen. Dies vermittelt einen helleren Gesamteindruck, ohne das Ergebnis übermässig zu verfälschen.
- Wir versuchen auf HDR zu verzichten, da wir mit den Resultaten selten zufrieden sind. Bei modernen Kameras lässt sich aus einem Einzelbild fast schon ein HDR erzeugen. Bei spektakulärer Sicht blitzen wir den Innenraum stark auf, um den Helligkeitsunterschied auszugleichen. Alle Wege führen nach Rom, wir haben uns für diese Variante entschieden, statt mehrere Bilder zusammenzusetzen, da dies unter Umständen einen grossen Aufwand nach sich zieht, wenn man einen Anspruch an die eigene Arbeit hat.
- Die Farben sind ein wichtiges Detail für den Gesamteindruck. Wenn wir Immobilien fotografieren, wählen wir jeweils einen eher gelblichen Ton für die Wohnbereiche, da gelb ein wohliges Gefühl vermittelt. Bei Badezimmern tendieren wir eher ins bläuliche, da die Farbe blau eine gewisse Sauberkeit vermittelt. Die ganze Bildstrecke soll aber aus einem Guss sein, das kann je nach Lichtquelle und Farbtemperatur aber zu einer langwierigen Aufgabe werden, dennoch ist es in unseren Augen aber sehr sinnvoll.
- Schaff auch mit Photoshop etwas Ordnung, wenn nötig! Durch die einfachen Stempelwerkzeuge kannst du unliebsame Objekt schnell verschwinden lassen.
All diese Tipps und Empfehlungen sind unsere individuelle Sicht durch mehrjährige Erfahrung in der Architektur- und Immobilienfotografie. Selbstverständlich sind wir auch gelegentlich an unsere Grenzen gestossen. Das Bild ist nur so schön wie das Objekt und die äusseren Umstände, aber das Beste rauszuholen – das ist die wahre Kunst.
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