Fibonacci Spirale richtig verstehen | Anwendung und Beispiele
Wie funktioniert die Fibonacci Spirale? So viel vorab: Mit der richtigen Anwendung der Fibonacci Spirale kannst du ansprechende Bilder gestalten. Sie ist also ein Instrument für eine gelungene Bildkomposition, die in der Fotografie auch als der „Goldene Schnitt“ oder die „Goldene Spirale“ bekannt ist. In diesem Artikel lernst du, was du mit dieser Fibonacci Spirale anstellen und bessere Fotos machen kannst.
Inhaltsverzeichnis
Wer ist Fibonacci?
Leonardo Bonacci (Fibonacci) war ein italienischer Mathematiker des Mittelalters. Seine bekannteste Entdeckung ist die Fibonacci-Folge. Darunter versteht man eine unendliche Abfolge von Zahlen, bei der jede Zahl aus der Summe der zwei vorhergehenden Zahlen entsteht (1,1,2,3,5,8,13,21,34,55…). Schon Jahrhunderte zuvor hatten indische Gelehrte dieses Zahlenmuster entdeckt, allerdings war Fibonacci der erste Wissenschaftler, der es in Europa bekannt machte.
Die Fibonacci-Folge erlangte vor einigen Jahren dank des Romans „The Da Vinci Code“ von Dan Brown noch einmal einige Aufmerksamkeit. Tatsächlich wird die Zahlenfolge schon lange von Malern verwendet, um ihren Bildern das besondere Etwas zu verleihen – bewusst und unbewusst! Heute studieren viele Fotografen diese Kunstwerke, um das System und seine Wirkung zu durchschauen.
Besonders faszinierend:
Die Fibonacci Zahlen lassen sich überall in der Natur entdecken. Dabei kann es sich um Astwerk von Bäumen handeln, um die Anzahl und Anordnung von Blütenblättern, die Struktur eines Farnwedels oder einer Muschel, oder sogar um Tannenzapfen.
Was ist die Fibonacci Spirale?
Die Fibonacci-Zahlen lassen sich grafisch abbilden, in dem man sie innerhalb eines rechteckigen Rahmens als unterschiedlich große Felder darstellt. Dabei entsprechen die Seitenlängen der Kästchen jeweils der zugehörigen Zahl. Die Zahlen und damit auch die Felder werden nach außen hin immer größer.
Die Spirale entsteht, in dem man die Ecken der Kästchen diagonal mit einem kreisförmigen Bogen verbindet. Die Richtung geht dabei von innen nach außen, man beginnt also in der innersten Ecke der kleinsten Zahl.
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Fibonacci Spirale in der Fotografie anwenden
Wie du sicher weißt, ist der Goldene Schnitt ein großes Thema in der Fotografie. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, ihn einzusetzen. Zwei besonders beliebte Varianten sind das Phi-Raster und die Fibonacci Spirale.
Die Fibonacci Spirale dient dann quasi als „Lageplan“ für die Anordnung der Bildelemente, die an der Linie entlang platziert werden. Auch andere bekannte Regeln der Bildkomposition wie zum Beispiel die Drittelregel, das De-zentrieren des Objekts, die Verwendung von gekrümmten Führungslinien etc. gehen auf die Fibonacci Spirale zurück bzw. orientieren sich an ihr.
Was ist das Phi-Raster?
Auf den ersten Blick sieht das Phi-Raster dem Prinzip der Drittelregel ziemlich ähnlich. Wenn du es aber genauer betrachtest, fällt dir sicher der entscheidende Unterschied auf. Nach der Drittelregel wird das Bild (wie der Name schon sagt) vertikal und horizontal gedrittelt, was neun exakt gleich große Felder ergibt. Man spricht von einem Verhältnis von 1:1:1. Im Phi-Raster verlaufen die Einteilungslinien jedoch näher an der Bildmitte, weshalb die ebenfalls neun Felder unterschiedlich groß sind. Das ergibt eine Einteilung von 1:0.618:1.
Was ist die beste Version des Goldenen Schnitts?
Diese Frage lässt sich nicht so pauschal beantworten. Die verschiedenen Verwendungsarten des Goldenen Schnitts in der Bildkomposition sind nicht richtig oder falsch, sondern in sich einzigartig und für unterschiedliche Situationen geeignet. Jede Variante hat ihre Vorzüge und kann – richtig eingesetzt – dein Bild zu einem Meisterwerk machen.
Wie auch beispielsweise bei Objektiven funktioniert jedes Prinzip in gewissen Situationen besonders gut und ist für andere etwas ungünstiger. Die Fibonacci Spirale eignet sich zum Beispiel wunderbar für Portraits, während das Phi-Raster in der Landschaftsfotografie glänzt. Die Regeln sind aber sehr flexibel und letztendlich kommt es immer auch auf den persönlichen Geschmack an. Wie generell in der Fotografie sind Kreativität und Experimentierfreudigkeit hier deine besten Ratgeber. Lass dir nie vorschreiben, wie du dein Bild zu komponieren hast, wenn es dir selber nicht zusagt. Behalte diese Empfehlungen lieber als ungefähre Leitlinien im Hinterkopf, wo sie dich vielleicht bei deiner kreativen Entwicklung unterstützen können.
Was bringt die Spirale?
Bestimmt fragst du dich an diesem Punkt, was genau eigentlich den Effekt der Fibonacci Spirale ausmacht. Hier wird es ein wenig mysteriös. Tatsächlich empfinden wir solche Bilder als ästhetisch und ansprechend, ohne genau zu wissen warum. Immer noch rätseln wir, welche verborgene Kraft dahintersteckt. Im Laufe der Zeit sprachen die Menschen von der „Goldenen Mitte“, „Phi“ oder der „Göttlichen Proportion“.
So setzt du die Spirale richtig ein
In der Fotografie kann die Spirale unterschiedlich eingesetzt werden. Du kannst sie zum Beispiel umdrehen und/oder gegen den Uhrzeigersinn ausrichten. Die gespiegelte Fibonacci Spirale wirkt genauso wie das Original. Auch die Spiegelung kann noch nach Herzenslust in 90% Abschnitten gedreht oder rotiert werden. Einen optimalen Effekt erreichst du, wenn du die interessantesten Bildelemente entlang der Spirale platzierst. Am besten setzt du das Hauptelement an den Anfang der Spirale (dort wo sie sich am stärksten krümmt bzw. bei dem Kästchen mit der niedrigsten Zahl). Die restlichen, etwas weniger wichtigen Elemente kannst du dann im Verlauf der Linie bis zum Bildrand hin ausrichten.
Ich wünsche mir oft eine Kameraoption, mit der man die Fibonacci Spirale durch den Sucher oder in LiveView einblenden und nach Belieben rotieren könnte. Für mich persönlich wäre das sogar sinnvoller als die vorhandene Raster-Funktion, die sich nach der Drittelregel richtet.
Warum nicht einfach die Drittelregel verwenden?
Die Drittelregel ist das am meisten verbreitete Prinzip der Bildkomposition in der Fotografie und wird gerne als Hilfsmittel für den Goldenen Schnitt gesehen. Es heißt, dass die Drittelregel speziell dafür entwickelt wurde, die Berechnung des Goldenen Schnitts in der Fotografie zu vereinfachen – das heißt, den Punkt zu finden, von dem das menschliche Auge magisch angezogen wird. Unabhängig von der tatsächlichen Entstehung der Drittelregel hilft sie tatsächlich dabei, die Bildkomposition und Platzierung der Elemente durch eine einfache Einteilung harmonischer zu gestalten.
Obwohl die Drittelregel Fotografen in vielen Fällen enorm weiterhilft, wirkt eine Komposition mithilfe der Fibonacci Spirale bzw. des Goldenen Schnitts noch ein ganzes Stück ästhetischer. Das liegt vor allem daran, dass die Verhältnisse das Bild noch ausgewogener erscheinen lassen. Vor allem in der Landschaftsfotografie kann es bei Verwendung der Drittelregel vorkommen, dass bestimmte Elemente wie zum Beispiel der Horizont irgendwie unnatürlich wirken. Die exakte Drittelung wirkt in solchen Fällen einfach ein bisschen zu offensichtlich. Der Goldene Schnitt hingegen lässt die Landschaft ganz natürlich und stimmig aussehen. Hier kannst du erfahren, wie deine Bilder noch harmonischer werden.
Bildkomposition und der Goldene Schnitt
Falls du dir inzwischen Sorgen machst, weil du noch nie ein Mathe-Genie warst, kann ich dich beruhigen: Zwar ist das Konzept der Fibonacci Spirale durchaus kompliziert, ihre Anwendung aber relativ simpel. Am einfachsten machst du es dir, indem du dir in einer Ecke deines Bildes ein kleines Rechteck vorstellst. Dieses teilst du mit einer diagonalen Linie, die sich über das ganze Bild bis in die gegenüberliegende Ecke fortsetzt. Innerhalb des kleinen Rechtecks berührt deine imaginäre Linie gleich mehrere Fokuspunkte auf der Spirale. Von deinem Haupt-Fokuspunkt aus kannst du dir vorstellen, wie sich die Spirale über das gesamte Bild fortsetzt und schließlich in weitem Bogen aus dem Rahmen herausführt.
Für Mathe-Cracks!
Falls du es mathematisch etwas genauer wissen willst, empfehle ich dir diesen Artikel.
Für eine Komposition mit dem Phi-Raster teilst du dein Bild in deiner Vorstellung in neun Felder, ähnlich wie bei der Drittelregel. Allerdings sind die vier Felder in den äußeren Ecken wegen der Einteilung von 1:0.618:1 größer, was die Schnittpunkte der vier Linien mehr zur Bildmitte rücken lässt. Klingt kompliziert? Es wird eine Weile dauern, bis du das Konzept des Goldenen Schnitts komplett verinnerlicht hast. Dann wirst du aber feststellen, dass dir die wichtigen Fokuspunkte bald förmlich aus dem Sucher entgegenspringen.
Die Fibonacci Spirale bei Adobe Lightroom
Wie so vieles lässt sich auch die Komposition mit dem Goldenen Schnitt in der Nachbearbeitung perfektionieren. Ich verwende dafür gerne Adobe Lightroom. Dort findest du eine Auswahl an Crop Overlays, darunter auch die „Goldene Spirale“, die auf dem Prinzip der Fibonacci Spirale beruht. Du kannst das Overlay ganz einfach mit der [o] Taste wechseln und außerdem mit [shft] + [o] verschiedene Winkel und Variationen ausprobieren.
So kommst du zur Fibonacci Spirale
- „D“ für „Develop“
- „R“ für den „Crop“ Modus
- „O“ für die Overlays (mehrmals zum Wechseln)
- „Shift + O“, um die Ausrichtung des Overlays zu verändern
Fazit: Fibonacci Spirale
Hier noch einmal im Überblick das Wichtigste zur Fibonacci Spirale:
- Benannt nach Leonardo Bonacci (Fibonacci)
- In Europa seit dem Mittelalter bekannt
- Zahlenfolge, in der jede Zahl aus der Summe der beiden vorhergehenden Zahlen besteht
- Kommt überall in der Natur vor und wirkt anziehend auf den Menschen
- Von Malern und heute von Fotografen genutzt ⇒ Goldener Schnitt
- Alternativ zur Spirale: Phi-Raster
- Vereinfachung: Drittelregel
- Bildkomposition wirkt besonders ansprechend, wenn Elemente entlang der Spirale positioniert werden
- Kann im Nachhinein mit Adobe Lightroom perfektioniert werden
Mehr zum Thema Fibonacci Zahlen bzw. Goldener Schnitt in der Natur (und an deinem eigenen Körper!) erfährst du in diesem spannenden Video oder in unserem Artikel zum goldenen Schnitt.
Ich hoffe, dass ich mit diesem Artikel dein Interesse an der Fibonacci Spirale wecken konnte! Selbst für weniger Mathematik-Begeisterte handelt es sich um ein wirklich spannendes und auch mysteriöses Konzept, mit dem du deine Bilder aufs nächste Level bringen kannst! Hast du selbst Erfahrungen mit der Fibonacci Spirale oder dem Goldenen Schnitt? Wir freuen uns auf dein Feedback und deine eigenen Tipps in den Kommentaren.
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