7 wichtigste Designprinzipien für bessere Fotos
Wenn du dich noch nie näher mit klassischer Kunst beschäftigt hast, können Designprinzipien durchaus überfordern. Auf den ersten Blick scheinen sie oft lästig und verkopft, doch tatsächlich stellen sie für ehrgeizige Hobby- und Profifotografen eine große Bereicherung dar! In diesem Artikel möchte ich dir die 7 wichtigsten Designprinzipien vorstellen und dir ihre Anwendung erklären. Schon bald wirst du merken, dass sie auch für deine Fotos ein echter Gamechanger sind!
Inhaltsverzeichnis
Was sind Designprinzipien?
Unter Designprinzipien versteht man eine Anzahl von Eigenschaften, die ein visuelles Kunstwerk ansprechend machen. Sie werden vor allem im Kunst- und Grafikdesign-Studium verwendet, in der Fotografieausbildung jedoch leider oft vernachlässigt. Das ist wirklich schade, da sie auf die Fotografie selbstverständlich genauso zutreffen wie auf jede andere Art der visuellen Kunst. Die Designprinzipien können Fotografen bei der Bildkomposition eine große Hilfe sein.
Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Kunst-Elementen und Designprinzipien. Als Kunst-Elemente bezeichnet man Objekte wie Linien und Formen, die direkt auf dem Bild zu sehen sind. Designprinzipien bestehen aus Elementen, die etwas schwieriger zu erkennen sind, aber eine große Rolle in der Bildkomposition spielen. Dazu zählen beispielsweise Kontraste, Muster oder Flächen.
Info
Auch wenn man meist im Zusammenhang der Bildenden Kunst von den Designprinzipien spricht, gelten sie genauso für jede andere Art der zweidimensionalen Kunst.
Welche Designprinzipien gibt es?
Die Auflistung der Designprinzipien ist nicht festgelegt, sondern abhängig von Betrachtung und Prioritäten des Einzelnen. Einige der Elemente können auch zusammengefasst bzw. unterteilt werden. Am besten machst du dir keine großen Gedanken über die Anzahl der Prinzipien, sondern beschäftigst dich eher mit ihrem Inhalt. Ich gehe in diesem Artikel von sieben wichtigen Designprinzipien aus.
Top 7 Designprinzipien
- Kontrast
- Betonung
- Muster
- Wiederholung
- Bewegung
- Balance
- Raum
Was haben diese sieben Prinzipien gemeinsam? Sie beschreiben, wie der Künstler die einzelnen Elemente auf dem Bild anordnet. Es handelt sich also weniger um direkt sichtbare Details – wie z.B. Farben, Linien, Punkte, Formen, Textur… – sondern um abstraktere Bestandteile der Kunst, die nur der aufmerksam suchende Betrachter bemerkt.
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Tatsächlich sind die Designprinzipien in der Fotografie einfacher zu integrieren als die Kunstelemente. Die finden sich zwar genauso in jedem Foto, jedoch meist eher zufällig. Die meisten Fotografen stellen ihre Bildkompositionen nicht anhand von Linien, Formen etc. zusammen, sondern bilden die Welt so ab, wie sie wirklich ist.
#1 Kontrast
Kontrast bedeutet im Design das Zusammenspiel verschiedener Elemente, die sich stark unterscheiden, aber gemeinsam eine stimmige Komposition ergeben. Beispiele für Kontrast:
- Ton-Kontrast: Schwarz vs. Weiß
- Farbkontrast: Farben, die sich im Farbkreis gegenüberliegen (Komplementärfarben)
Doch wozu brauchst du überhaupt Kontrast? Starke Unterschiede zwischen den einzelnen Bildelementen lenken den Fokus auf das Hauptmotiv und unterstützen so die Aussage deines Bildes. Ähnliche Objekte hingegen verschmelzen miteinander und erregen keine Aufmerksamkeit beim Betrachter. Natürlich beschränkt sich der Kontrast nicht nur auf die Farbgebung. Auch Größe, Form oder Textur der Elemente können miteinander kontrastieren. Mehr zum Thema Kontrast erfährst du hier.
#2 Betonung
Ähnlich wie der Kontrast soll auch das Prinzip der Betonung die Aufmerksamkeit des Betrachters auf das Wesentliche im Bild lenken. Das bedeutet, dass besonders wichtige Details ganz deutlich und aussagekräftig gestaltet werden sollten. Eine gute Betonung ist zwar unmissverständlich, aber trotzdem so dezent, dass sie nicht als „Manipulation“ wahrgenommen wird. Perfekt funktioniert sie dann, wenn der Betrachter genau die Aussage empfängt, die der Künstler übermitteln will – ohne zu merken, mit welchen Mitteln sie dargestellt ist.
Betonung ist ein wichtiges Kompositionselement und erfordert Planung und Voraussicht. Als Hilfe können dir dabei andere Kunst-Elemente und Designprinzipien dienen.
Leider gelingt der Effekt der Betonung nicht immer – wenn sie falsch ausgeführt wird, kann der Betrachter eine missverständliche oder sogar gegenteilige Botschaft erhalten. Ein Beispiel:
Stell dir ein Werbeplakat für einen Film vor, das beim Betrachter X eine starke emotionale Reaktion hervorruft. Leider sind Titel und Premierendatum des Films aber klein oder unauffällig gedruckt und gehen im Verhältnis zur Grafik unter. Zuhause angekommen möchte X unbedingt Kinokarten für den Film besorgen, kann sich aber beim besten Willen nicht mehr an den Titel erinnern! Alles was ihm im Kopf geblieben ist, ist das faszinierende Bild. In diesem Fall wurde die Betonung des Posters an der falschen Stelle gesetzt, sodass der Betrachter die falsche Aussage daraus abliest.
Verschiedene Möglichkeiten der Betonung:
- Größenverhältnisse
- Kontrastierende Farben
- Elemente wie Linien, Formen etc.
- Kameraperspektive
- Bildeinstellung
- Beleuchtung des Objekts/Hintergrunds
#3 Muster
Das menschliche Auge ist darauf programmiert, Mustern besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Es gibt sie überall in der Natur und wir sind sehr gut darin, sie wahrzunehmen – selbst wenn wir es manchmal nur unbewusst tun. Deshalb bedienen sich Künstler gerne dieses mentalen „Tricks“.
Ein Muster entsteht durch Wiederholung eines bestimmten Elements in der Komposition. Es kann dafür genutzt werden, Fokus und Betonung auf das Hauptobjekt zu setzen. Außerdem wirkt das gesamte Kunstwerk durch den Einsatz von Mustern eindrücklicher und bleibt länger in Erinnerung. In der Fotografie entstehen Muster häufig durch Textur. Vor allem für architektonische Details, Tapeten, Textilien und Hintergründe bildet Textur ein wirkungsvolles Stilmittel.
#4 Wiederholung
Wiederholung kann sich auf alle möglichen Kunst-Elemente beziehen, zum Beispiel auf Farben, Linien, Formen oder Gestalten. Ein gutes Beispiel sind Bilder, die sich einer minimalistischen Farbpalette bedienen. Sie enthalten meist ein Element, das sich wiederholt und sind dadurch besonders wirkungsvoll. Durch Wiederholung gewinnt eine Komposition an Struktur und wirkt so überzeugend und stimmig.
Das Design bedient sich der Wiederholung als Symbol für Vorhersehbarkeit oder Unendlichkeit. So kann man sich beispielsweise vorstellen, dass eine konstante Wellenlinie noch weit über den Bildrand hinaus weiterführt. Die Wiederholung von grafischen Elementen hat aber auch rein praktische Vorteile: Bei der Gestaltung von Benutzeroberflächen wirken konstante Icons oder Menüpunkte übersichtlich und bedienerfreundlich.
#5 Bewegung
Bewegung bedeutet in Kunst und Design etwas anderes als im alltäglichen Leben. Es geht dabei keineswegs um bewegte Objekte, sondern vielmehr um den Weg des betrachtenden Auges über die Komposition. Der geschieht nämlich nicht zufällig, sondern wird vom Künstler / Fotografen ganz bewusst festgelegt und durch verschiedene Strategien vorgegeben. Einige Beispiele:
- Gekrümmte Linien
- Wechsel zwischen kräftigen und gedeckten Farben
- Drittelregel / Goldener Schnitt
- Führungslinien
Natürlich wirkt sich auch tatsächliche Bewegung in deinem Kunstwerk anregend auf den Betrachter aus. Das menschliche Auge richtet sich automatisch auf Aktivität, wie zum Beispiel das wehende Haar oder vom Wind bewegte Kleid des Models in einem ansonsten statischen Foto.
#6 Balance
Von allen Designprinzipien ist Balance vielleicht das offensichtlichste in Bezug auf die Fotografie. Mit Balance sind das visuelle Gewicht und die Wirkung der einzelnen Elemente der Komposition gemeint. Eine besonders häufige Art der Balance ist die Symmetrie – die Spiegelung einzelner Bildbereiche. Natürlich findet sich Symmetrie aber nicht nur in Reflexionen wie beispielsweise in einem Spiegel oder einer Wasseroberfläche. Auch eine gleichmäßig gedeckte Tafel kann symmetrisch wirken, oder eine Landschaft, durch deren Mitte eine Straße verläuft.
Asymmetrische Balance – ein Widerspruch?
Genauso wichtig wie die Symmetrie ist aber auch die sogenannte asymmetrische Balance. Sie ergibt sich sogar häufiger und sollte jedem Künstler / Fotografen ein bewusstes Anliegen sein. Unter asymmetrischer Balance versteht man ein visuelles Gleichgewicht durch die Zusammenwirkung unterschiedlicher – oft sogar gegenteiliger – Objekte. Ein auffälliges oder besonders großes Objekt wird so beispielsweise durch leeren Raum ausbalanciert. Für Designer ist dieses Konzept unentbehrlich, um die beste Wirkung ihrer Elemente auszutesten.
Tatsächlich ist eine perfekte asymmetrische Balance fast nur durch Ausprobieren verschiedener Möglichkeiten zu erreichen. Sie ist stark abhängig vom visuellen Gewicht der einzelnen Bildelemente. Aber auch die Abstände der verschiedenen Objekte sind entscheidend für eine ausgeglichene Wirkung.
Auf dem Spielplatz
Erinnerst du dich noch an die Wippe auf deinem Spielplatz / Schulhof? In etwa so kannst du dir die asymmetrische Balance vorstellen. Auf beiden Seiten muss das Gewicht, aber auch der Abstand stimmen, damit das Spiel funktioniert!
Radiales Gleichgewicht
Eine andere Variante der Balance ist das radiale Gleichgewicht. Das entsteht, wenn du deine Bildelemente um einen zentralen Punkt herum anordnest. Wenn du dich schon einmal mit dem Goldenen Schnitt und darauf aufbauenden Prinzipien beschäftigt hast, kommt dir dieses Konzept vielleicht bekannt vor.
#7 Raum
Raum wird in der visuellen Kunst in positiven und negativen Raum unterteilt. Trotz der wertenden Bezeichnung sind beide essenziell wichtig für Komposition und Balance eines Bildes. Als positiven Raum bezeichnet man die Bildbereiche, die Objekte und andere Elemente enthalten, also ausgefüllt sind. Im positiven Raum ordnest du also die wichtigsten Bestandteile deiner Komposition an.
Der negative Raum besteht – wie du dir vielleicht bereits denken kannst – aus den leeren Flächen zwischen den Objekten. Er ist deshalb so wichtig, weil er bewusst eingesetzt werden kann, um „schwerere“ Bildbereiche auszubalancieren.
Achtung!
Oft wird der negative Raum mit dem Begriff „Kopierfläche“ verwechselt oder fälschlich zusammengefasst. Kopierfläche ist ein absichtlich leergelassener Bildbereich, wo Designer oder Werbetreibende später ihre Texte einfügen können. Wenn du eine Kopierfläche in deinen negativen Raum integrieren würdest, würde die Balance des Bildes zerstört!
Weitere Designprinzipien
Natürlich gibt es noch viele weitere Theorien und Designprinzipien, auf die es sich lohnt einen Blick zu werfen. Hier nur ein paar Beispiele:
- Einheitlichkeit: Natürlich sollten nicht alle Bildelemente gleich sein. Dennoch wirkt es vorteilhaft, wenn alle Objekte oder Komponenten einen gemeinsamen Faktor aufweisen. Das macht es für den Betrachter einfacher, den Sinn der Komposition durchschauen. Der Schlüssel zu einer visuell ansprechenden Komposition ist die Balance zwischen Einheitlichkeit und Unterschiedlichkeit der Elemente.
- Hierarchie: Hierbei geht es um eine Anordnung der Bildelemente nach ihrer Wichtigkeit für die Aussage des Kunstwerks. Dadurch wird der Blick des Betrachters in der richtigen Reihenfolge über das Bild gelenkt.
- Proportion: Auch dieses Prinzip ist eng mit der Balance verbunden. In der Realität sind wir bestimmte Größenverhältnisse gewöhnt und richten uns mit unserer Wahrnehmung unbewusst nach den Proportionen des menschlichen Körpers. In der Kunst kann Proportion bewusst als Stilmittel zur Betonung einzelner Elemente oder zur Unterstützung der Bildaussage verwendet werden.
- Rhythmus: Diesen Begriff verbindest du vielleicht eher mit der Musik, er spielt aber auch in der visuellen Kunst eine wichtige Rolle. Es geht dabei um die Anordnung verschiedener Elemente, wie auch bei den Prinzipien von Muster und Wiederholung. Der Rhythmus schließt aber auch die Atmosphäre und das „Tempo“ des Kunstwerks mit ein. Das klingt zunächst sehr abstrakt und ist tatsächlich nicht ganz einfach zu entdecken. Wenn du aber darauf achtest, wirst du bestimmt bei einigen Bildern ein Gefühl von Bewegung spüren – den Rhythmus.
Designprinzipien in der Fotografie
Viele Fotografen beschäftigen sich kaum mit den Designprinzipien und erkennen diese auch nicht bei der Betrachtung von Kunstwerken. Das liegt ganz einfach daran, dass man in vielen Bereichen der Fotografie besonderen Wert darauf legt, die Welt so abzubilden, wie sie ist. In diesen Momenten erscheint es geradezu lächerlich, sich nach Designprinzipien zu richten. Oder kannst du dir einen Fotojournalisten vorstellen, der sich inmitten einer Aufnahme von wichtigen politischen oder sozialen Ereignissen Gedanken um negativen Raum oder Balance macht? Diese Art der Fotografie lebt von Spontanität und der Vergänglichkeit eines umwiederholbaren Augenblicks!
Tatsächlich wirst du aber bei genauer Betrachtung großartiger Fotos feststellen, dass sie genau diesen Prinzipien folgen. Bei einigen Fotografen mag das daran liegen, dass sie großes Talent und ein „Auge für Fotografie“ besitzen. Echte Profis sind aber auf der Suche nach den Details, die manche Fotos besser machen als andere. Die Beschäftigung mit den Designprinzipien ist in jedem Fall ein riesiger Schritt in diese Richtung.
Wie wende ich die Designprinzipien konkret an?
Einer der besten Tricks ist, einen Schritt von deinem Kunstwerk zurückzutreten. Je weiter weg du stehst, desto besser wird deine Wahrnehmung der dreidimensionalen Szene. Ein hilfreiches Tool dafür ist der Live-View Modus der modernen DSLRs und spiegellosen Kameras. Damit kannst du deine Komposition in Echtzeit in zwei verschiedenen Dimensionen betrachten. Dabei gewinnst du sofort einen Überblick über Balance, Kontrast und Nutzung des Raums. So kannst du dich fragen, ob dein Motiv optimal in Szene gesetzt ist.
Wenn du keinen Live-View LCD Bildschirm zur Verfügung hast oder mit einer analogen Kamera arbeitest, hilft es auch mental einen Schritt zurückzutreten und dein Werk mit neuen Augen zu betrachten. Gerade als Künstler ist es oft schwierig sich realistisch vorzustellen, wie das Bild auf den Betrachter wirken wird. Mit etwas Abstand erhältst du einen besseren – und neutraleren – Überblick über die Komposition.
Fazit
Lange vor der Erfindung der Kamera arbeiteten Künstler mit großem Einsatz daran, die Welt in ihren Kunstwerken möglichst realitätsgetreu einzufangen. Die Tricks und Methoden, die sie im Laufe der Jahrhunderte entwickelten, kannst du dir heute im Kunstmuseum anschauen. Auch moderne Disziplinen wie Fotografie und Grafikdesign profitieren von diesen historischen Errungenschaften. Das Ziel bleibt immer gleich: Unsere dreidimensionale Welt möglichst überzeugend auf ein zweidimensionales Medium zu übertragen.
Wenn du dein Fotografie-Portfolio anlegen, weiterentwickeln und möglichst ansprechend gestalten möchtest, empfehle ich dir auf jeden Fall die Beschäftigung mit den Designprinzipien. Wenn du sie verinnerlicht hast, werden sie dir helfen, deinen ganz persönlichen Stil zu entwickeln und deine Kunst aufs nächste Level bringen. Noch einmal im Überblick die wichtigsten Designprinzipien:
- Kontrast
- Betonung
- Muster
- Wiederholung
- Bewegung
- Balance
- Raum
Ich hoffe ich konnte dir das Thema Designprinzipien mit diesem Artikel etwas näherbringen. Lass uns dein Feedback oder deine Erfahrungen gerne in den Kommentaren wissen!
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