Startrails fotografieren – Der ultimative Sternspuren Ratgeber
Was sind Startrails? Sie werden auch Sternenspuren genannt und für viele Fotografen ist es eine der meist erfüllenden Erfahrung, solche Startrails fotografieren zu können. Das Fotografieren von Sternenspuren am Himmel wirkt im ersten Moment etwas surreal, liefert aber zugleich doch überzeugende und einzigartige Fotos. Schon neugierig darauf wie das überhaupt funktionieren soll? Wir haben dir den ultimativen Ratgeber zusammengestellt, damit du einzigartige Sternenspuren mit Erfolgsgarantie einfangen kannst!
Die Milchstrasse zum Beispiel, ist die Heimat von Milliarden von Sternen, von denen wir aber nur einen Bruchteil sehen können. Gerade mal 2‘500 bis 5‘000 Sterne sind für uns Menschen zu sehen. Und wenn du genügend Geduld hast, kannst du eine simple Aufnahme davon in ein überirdisches Bild verwandeln!
Inhaltsverzeichnis
#1 Ort und Wetter
Um Startrails zu fotografieren, musst du eine extra lange Belichtungszeit verwenden. Wenn du die sogenannten Sternenspuren einfangen möchtest, dann solltest du einen Ort finden, der frei von anderen Lichteinflüssen ist. Zum Beispiel Stadtlichter oder Strassenlaternen könnten nämlich die lange Belichtung stark beeinträchtigen. Eine kleine Beeinträchtigung ist aber auch spannend um zur Atmosphäre deines Fotos beizutragen. Zum Beispiel eine Aufnahme von Sternenspuren, welche in der blauen oder der goldenen Stunde beginnt, kann spannende Resultate liefern.
Das Experimentieren mit atmosphärischem Licht kann ein kreativer Weg für dich sein, um ein einzigartiges Bild zu machen. Sei dir dabei bewusst, dass die Sternenspuren umso weniger Kontrast haben, je heller der Himmel ist. Auch heller Mondschein kann den Kontrast etwas minimieren. Wenn du nur wenig Umgebungslicht zur Beleuchtung der Landschaft benötigst, reicht dabei ein Viertelmond aus.
Behalte auch das Wetter immer im Auge. Der Himmel soll klar sein, da das Fotografieren von Startrails bei wolkigem Himmel nicht wirklich viel Sinn macht. Der allerbeste Standort für einen klaren Himmel wäre hoch oben und weit weg von überfüllten Städten, in einer Nacht mit sehr geringer Luftfeuchtigkeit. Lerne mehr über die Nachtfotografie in unserem Beitrag!
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#2 Ausrüstung
- Du benötigst eine Kamera, die im manuellen Modus fotografieren kann und wenn die Kamera über einen eingebauten Intervalometer verfügt, kannst du das für kontinuierliche Aufnahmen verwenden.
- Ein Weitwinkelobjektiv (14mm bis 24mm) mit einer grossen Blende von mindestens f2,8.
- Ein robustes Stativ, das die Kamera inklusive Objektiv und bei windigen Wetterbedingungen halten kann. Die kleinsten Bewegungen könnten deine Startrails Aufnahmen ruinieren.
- Eine Ersatz-Speicherkarte und Batterien, um einige Stunden für das Startrails-Shooting durchzuhalten.
- Schutz für deine Ausrüstung bei kälteren Wetterverhältnissen, um ein Beschlagen deiner Kamera-Linse verhindern zu können.
- Halte dich warm (nachts kann es kühl werden, auch im Sommer) oder nimm ein warmes Getränk mit.
Es ist sehr wichtig, die richtige Langzeitbelichtung zu verwenden und das Verwackeln der Kamera zu vermeiden. Verriegle den Spiegel, befestige die Kamera auf dem Stativ und verwende einen Fernauslöser um die Sternenspuren fotografieren zu können.
#3 Grosse oder kleine Blende?
Eine häufig gestellte Frage – oder eher ein Irrtum – in der Startrails-Fotografie. Warum kannst du nicht eine kleine Blende (zum Beispiel f/8 oder höher) für ein schärferes Bild verwenden? Klar ist es besser, ein schärferes Foto zu machen. Aber der Knackpunkt beim Fotografieren von Startrails sind die sich bewegenden Sterne, welche die tollen Spuren ziehen. In diesem Sinne musst du bei der Belichtung ein Balance finden zwischen ausreichend langer Belichtungszeit und genügend Schärfe.
Grössere Blenden ermöglichen dir eine kürzere Verschlusszeit, weil sie mehr Licht einlassen als kleinere Blenden. Sterne sind ständig in Bewegung. Also solltest du sicherstellen, dass die Sterne von deinem Kamera Sensor registriert werden, bevor sie sich bewegen. Ansonsten werden die Sternenspuren sehr schwach oder sogar gar nicht sichtbar sein, je nach gewählter Blendenstufe. Du möchtest bestimmt keine Fotos, in denen die Startrails nur als leichte Veränderung der Farbtöne am Nachthimmel wahrgenommen werden. Also habe ein Objektiv mit einer grossen Blendenöffnung im Gepäck, wie zum Beispiel f/2,8 oder noch grösser.
Je grösser die Blende, desto heller werden die Sternenspuren.
#4 Startrails fotografieren – die 2 Methoden
Der Standort ist gewählt, die Wetteraussichten optimal und du hast die nötige Ausrüstung bereitgestellt. Nun kommt der nächste Schritt. Mit welcher Methode fotografierst du am besten Sternenspuren? Es existieren zwei Methoden, die bei Fotografen für Startrails beliebt sind und die wir dir in diesem Beitrag gerne im Detail erläutern werden.
- Fotografiere Startrails mit einer sehr langen Belichtung, lange genug, um eine merkliche Bewegung der Sterne zu registrieren. (mindestens 30 Minuten)
- Mache für Startrails-Aufnahmen viele Bilder mit kürzeren Belichtungen und staple diese Bilder in einer Art und Weise übereinander, die sequentielle Bewegungen zeigt. Wie du Serienbilder machts und diese stapelst, kannst du hier im Bracketing Tutorial nachlesen.
Methode 1 – sehr lange Belichtung
Wenn du Startrails wie bei der Astrofotografie mit einer Langzeitbelichtung fotografieren möchtest, solltest du einige wichtige Dinge dazu beachten. Du musst so viel Licht wie möglich in dein Objektiv einlassen, damit die Sterne von deiner Kamera registriert werden können. Verwende also ein lichtstarkes Objektiv, vorzugsweise im f/2,8-Bereich. Wenn du die Sternenspuren mit einer Langzeitbelichtung fotografieren willst, solltest du das am besten in einer Neumondnacht tun. In einer Neumondnacht ist der Mond nirgendwo zu sehen und wird dir bei Fotografieren von Startrails nicht im Weg stehen. Also sehe die Dunkelheit für diese Methode als deinen besten Freund. Optimal wird die Umgebung von den Sternen selbst beleuchtet, das ist aber von der Länge der Belichtung abhängig und braucht viel Geduld.
Bei der Berechnung deiner Belichtung wäre es am besten, eine verkürzte Testaufnahme zu machen, damit du nicht stundenlang warten musst, nur um zu sehen, ob deine Einstellungen korrekt sind. Viele Fotografen heben ihre ISO-Werte so weit wie möglich an und fotografieren mit einer möglichst grossen Blende. Du wirst selten ein Beispiel vorfinden, in dem ein Foto kürzer als 30 Sekunden lang belichtet wurde. Natürlich wird die Testaufnahme wegen dem Rauschen und fehlender Sternenspuren völlig unbrauchbar sein, aber es gibt dir eine Grundlage, um zu berechnen, welche Einstellungen bei einem ISO-Wert von z.B. 100 erforderlich sind.
Schritt für Schritt Anleitung
- Sicherstellen, dass der Mond nirgendwo am Himmel in deinem Bild steht.
- Richte die Belichtungszeit nach deinen Testaufnahmen aus. Wenn du ein f2,8-Objektiv hast, fotografiere mit einem ISO-Wert von 100. Wenn du eine kleine Blende wie f4 oder f5,6 verwendest, solltest du einen ISO-Wert von 200 oder 320 verwenden. Die Abhängigkeiten zwischen ISO und Blende kannst du anhand des Belichtungsdreiecks besser nachvollziehen.
- Halte den ISO-Wert wirklich niedrig, um das Rauschen zu reduzieren. Beginne mit einer moderaten Blende von f4 und nimm erst später Änderungen vor.
- Mache zunächst eine Testaufnahme für 20 oder 30 Sekunden, um zu sehen, ob die Sterne überhaupt im Bild aufgenommen werden. Falls die Testaufnahme nicht zufriedenstellend ist, erweiterst du die Blende oder erhöhst den ISO-Wert, was immer möglich ist.
- Wenn du mit der Testaufnahme zufrieden bist, kannst du die Verschlusszeit auf etwa 10 oder 15 Minuten erhöhen. Mache die Aufnahme und kontrolliere dann die Anzahl Sternenspuren und deren Helligkeit. Mache noch mehr Testaufnahmen in denen du die Belichtungszeit verdoppelst.
- Schalte die Rauschunterdrückung an deiner Kamera nicht ein. Dieser Vorgang würde sonst nach jeder Aufnahme sehr viel Zeit in Anspruch nehmen.
- Berechne nun (je nachdem was du bei den Testaufnahmen beobachtet hast), wie viel Belichtungszeit du benötigst, um anständige Sternspuren Fotos machen zu können. Du benötigst mindestens 60 Minuten Belichtungszeit, wobei eine 90-minütige Belichtungszeit schon einige brillante Startrails-Fotos erzielen könnte.
- Denke daran, dass die Ersatzbatterien vollständig geladen sind, um das gesamte Startrails-Shooting durchhalten zu können – vorallem wenn du eine Systemkamera verwendest.
- Die totale Dunkelheit ist dein bester Freund für Langzeitbelichtungen.
Methode 2 – Stacking mit kürzerer Belichtung
Diese Methode würde dir das stundenlange Warten ersparen. Du machst kurz gesagt aufeinanderfolgende Bilder und stapelst sie in einem Bildbearbeitungsprogramm übereinander, um Sternenspuren im Bild zu erzeugen. Die Belichtung sollte gerade lang genug sein, um die Sterne als helle Objekte am Himmel registrieren zu können. Und dann geht es über zur nächsten Aufnahme. Es ist nichts ungewöhnliches dabei, wenn du mehrere hundert Fotos innerhalb einer Stunde aufnimmst.
Schritt für Schritt Anleitung
- Wähle die grösstmögliche Blende, den ISO-Wert bei etwa 320 bis 640 setzen und die Verschlusszeit auf 20 Sekunden setzen. Zoome mit der Live-Ansicht an einen Stern am Himmel und mache eine Testaufnahme um das Foto danach überprüfen zu können.
- Achte darauf, dass du bei deiner Kamera die Rauschunterdrückung ausgeschaltet hast. Ansonsten könnten enorme Zeitverzögerungen zwischen den Langzeitaufnahmen entstehen.
- Je nach dem wie die Testaufnahme erfolgt ist, musst du eventuell die ISO-Werte oder die Verschlusszeit erhöhen. Erhöhe den ISO-Wert aber nie über 3200, das würde die Bildqualität verschlechtern.
- Richte das Intervallmessgerät in deiner Kamera ein. Falls du kein integriertes Intervallmessgerät in deiner Kamera hast, verwende ein externes Gerät um die Anzahl der Aufnahmen ermitteln zu können. Fernauslöser haben meist ein Intervallmessgerät mit dabei.
- Die Anzahl der Aufnahmen hängt davon ab, wie lange die Sternenspuren im endgültigen Bild sein sollen. Wir schlagen dir vor, mindestens 50 Aufnahmen oder mehr zu machen. Für eine anständige Sternenspur würdest du jedoch zwischen 200 und 300 Aufnahmen machen müssen.
- Achte darauf, keine Verzögerung zwischen den Aufnahmen entstehen zu lassen. Ansonsten wird an dieser Stelle deine Sternenspur im Foto unterbrochen.
- Fotografiere immer in RAW. Beim RAW, oder auch Rohformat gennant, bleiben alle Bildinformationen erhalten, was die Nachbearbeitung um Einiges erleichtert.
Beispiel: Wenn die Verschlusszeit 20 Sekunden betragen soll und du 100 Aufnahmen benötigst, dann musst du die Verschlusszeit in deiner Kamera auf 20 Sekunden setzen und das Intervallmessgerät so einstellen, dass 100 Aufnahmen kontinuierlich in einem Intervall von weniger als 1 Sekunde gemacht werden.
Stapelung der Bilder
Wenn du die Bilder gemacht hast, nimmst du einige grundlegende Anpassungen vor und verwendest ein von dir bevorzugtes Bearbeitungsprogramm dafür. Es wird jetzt Zeit, deine gemachten Sternenspuren-Bilder zu stapeln. ImageStacker und DeepSkyStacker sind zum Beispiel zwei Bildbearbeitungsprogramme, die automatisch eine Stapelung deiner Bilder durchführen können. Als Standard wird Adobe Lightroom für grundlegende Anpassungen und Adobe Photoshop für das Stapeln der Bilder verwendet.
Falls du kein Photoshop hast, empfehlen wir dir eine kostenlose Variante namens StarStax oder eine unserer Photoshop Alternativen. Mit diesem Programm kannst du zum Beispiel 43 Fotos in der Grösse von 2000 px innerhalb von 5.4 Sekunden verarbeiten lassen. Du brauchst lediglich die Bilder per Drag & Drop zu ziehen und die Verarbeitungstaste zu drücken.
#5 Zeitraffer-Videos
Wenn du die Methode 2 probiert hast und deine Bilder gestapelt sind, dann kannst du diese Gelegenheit nutzen und ein Zeitraffer-Video erstellen. Ein Zeitraffer-Video, auch Timelapse-Video genannt, wird aus einer Serie von einzelnen Bildern erstellt. Der Zeitraffer-Effekt entsteht durch die Wiedergabe der einzelnen Bilder als Video, in dem zum Beispiel 24 oder 30 Bilder pro Sekunde wiedergegeben werden.
Eine kostenlose Software für Windows um so ein Timelapse-Video zu erstellen ist zum Beispiel Picture 2 AVI. Das Programm bietet einige Effekte zur Nachbearbeitung an. Wenn du ein MAC-User bist, empfehlen wir dir das Programm TimeLapseAssembler, das aus einer Serie von JPG Bildern automatisch ein Video erstellt.
#6 Kreisförmige Startrails
Wenn du ein kreisförmiges Muster für die Sternenspuren erzeugen möchtest, musst du nach Norden fotografieren. Suche den Polarstern. Finde den Nord- und den Südpol des Himmels, das heisst den Pol, an dem sich die Erde dreht. Wenn du in der nördlichen Hemisphäre lebst, such nach dem Polarstern. Ansonsten werden deine Startrails in geraden Linien abgelichtet und nicht kreisförmig erscheinen.
#7 Sigma Octantis
Wenn du in der südlichen Hemisphäre lebst, ist Sigma Octantis der Stern, nach dem du suchen solltest. Er ist sehr schwach und mit blossem Auge nicht zu erkennen. Suche stattdessen nach den Zeigern und dem Kreuz des Südens. Zeichne eine imaginäre Linie entlang der südlichen Kreuzsterne und eine weitere senkrechte Linie, welche die Zeiger verbindet. Der Schnittpunkt dieser beiden Linien ist der südliche Himmelspol.
#8 App für Einsteiger
Wenn du noch Schwierigkeiten hast, die Sterne am Nachthimmel zu finden, verwendest du am besten eine App, um den Polarstern für den Himmelsnordpol und den Sigma-Octantis für den Himmelssüdpol zu finden. Diese Apps können dir jederzeit die genaue Position der Sterne anzeigen oder dir mitteilen, wann die Sterne auf- und untergehen.
Sky Guide-App für iOS
Gibt Position der Sterne an und macht auf astronomische Ereignisse aufmerksam!
Sky View Lite-App für iOS
Kostenlose App und gut genug um Sterne zu orten!
Star Walk 2 für Android
Die richtige Wahl und sogar kostenlos!
#9 Abschliessender Gedanke
Das Fotografieren von Startrails ist eine Herausforderung, aber die Ergebnisse sind wirklich erstaunlich. Die eingefangen Bewegungen in den Fotos kann die Weite des Universums und unseren kleinen Platz darin eindrücklich darstellen. Versuche auch gelungene Startrails-Aufnahmen auszudrucken. Ein schöner Ausdruck von Sternenspuren ist ein perfektes Objekt für die Wand.
Wenn dich die Thematik mit den Sternen gepackt hat, empfehlen wir dir unseren Beitrag über das Fotografieren eines Sternenhimmels zu lesen!
Nun wünschen wir dir ein magisches und eindrückliches Startrails-Shooting und natürlich sind wir gespannt auf deine Meinung und deine gemachten Erfahrungen dazu. Lasse es uns wissen unten im Kommentarfeld.
2 Gedanken und Fragen