Milchstraße fotografieren – 13 Tipps und Anleitung
Ich kann mich nicht daran erinnern, schon einmal jemanden kennen gelernt zu haben, der sich von der Faszination der Milchstraße vollkommen unbeeindruckt gezeigt hätte. Die Verbundenheit, die wir zu den Milliarden Jahre alten und Lichtjahre entfernten Objekten empfinden können, mutet fast schon hypnotisch an. Wir wollen die Milchstraße fotografieren! Wir wollen festhalten, was wir sehen. Hier lernst du alles über die Milchstraße Fotografie. Diverse Tipps, Kamera Einstellungen und die besten Objektive.
Inhaltsverzeichnis
Faszination Milchstraße Fotografie
Auch wenn die Entfernung zwischen uns und dem Sternenhimmel für die bemannte Raumfahrt derzeit noch unüberwindbar ist, genügt es uns meistens schon mit einem einfachen Teleskop bewaffnet draußen in der Dunkelheit zu stehen. Damit beobachten wir dann stundenlang den Himmel – und staunen. Davon abgesehen haben wir uns bisher auf die atemberaubenden Fotos verlassen, die uns die Wissenschaft zur Verfügung stellt.
Zum Glück müssen wir den ganzen Spaß nicht mehr allein den Vollzeit-Astronomen überlassen. Dank allgemein verfügbarer und technisch fortschrittlicher DSLRs oder DSLMs kann heute jeder die Milchstraße fotografieren. Denn sie ist eines der wohl am leichtesten und zugleich eindrucksvollsten Motive im Universum. Wie sich dabei die besten Ergebnisse erzielen lassen, wollen wir uns nun genau ansehen.
Natürlich können wir nicht die ganze Galaxie fotografieren, da wir in ihr leben; der berühmte weiße Lichtstreifen, der den Nachthimmel so stark dominiert, ist eigentlich das Licht von Milliarden Sternen, deren Licht aus unserer Perspektive betrachtet verschmilzt und nur gelegentlich von Staub- und Gaswolken verdunkelt wird. Was wir also wirklich sehen, ist eine kleine Seitenansicht der Scheibe dieser Galaxie.
So kannst du selbst ein Stück Milchstraße fotografieren
1 Finde einen wirklich dunklen Ort
Einfach nur zu warten bis es Nacht wird reicht nicht aus. Allein um die Milchstraße sehen zu können, ist ein dunkler Himmel ohne Lichtverschmutzung die erste und wichtigste Bedingung. Nur mit wenig Umgebungslicht kannst du eine klare Milchstraße fotografieren.
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Stell dich darauf ein, ein ganzes Stück fahren zu müssen. Entferne dich so weit wie möglich von bewohnten Gebieten. Denn sonst riskierst du, dass das Stadtlicht dein Bild ruiniert. Der Mond kann eine ähnliche Wirkung haben und bei Vollmond deine Bilder sogar total verblassen lassen. Versuch nach Möglichkeit, die Bilder in einer mondlosen Nacht aufzunehmen.
Wie auch bei der Nachtfotografie oder Sternenfotografie kannst du diese Karte nutzen, um einen geeigneten Platz zum Fotografieren der Milchstraße zu finden:
2 Milchstraße fotografieren Apps
Neben den 7 Fotografie Apps die jeder Fotograf haben sollte gibt es einige, welche dich beim Milchstraße fotografieren besonders gut unterstützen. Die drei Milchstraße Apps die ich immer wieder gerne benutze, stelle ich dir hier kurz vor:
Starwalk
Die Starwalk App eignet sich als Hilfsmittel für die Milchstraße Fotografie, da sie dir immer tagesaktuelle Zeiten für Sonnenaufgang und Sonnenuntergang anzeigt. Dazu kommen Sternenkonstellationen, und du kannst mittels GPS den optimalen Shooting Zeitpunkt für deinen Zielort finden. Diverse 3D Bilder und der „Star Spotter“, mit welchem du in Echtzeit die Bewegung der Milchstraße nachverfolgen kannst, machen die App zu einem Must-Have!
Photopills
Eine weitere App zum Milchstraße fotografieren ist Photopills. Diese App ist eigentlich die Universal-App für Landschaftsfotografen, bietet aber ein paar echt tolle Features die beim Milchstraße fotografieren unverzichtbar sind. Die beste Funktion ist wohl der NACHT-AR (Nacht- Augmented- Reality) Modus. Wenn du die Kamera an deinem Handy einschaltest, legt die App eine Milchstraßenmaske über das Live-Bild. Natürlich kannst du mit Angaben von GPS und einem Neigungsmesser einen bestimmten Zeipunkt und Ort wählen und so etwas vorausschauen um dein Shooting besser zu planen. Leider haben wir aber keine Version für Android gefunden.
Stellarium
Mit Stellarium kannst du einen Stern oder auch die Milchstraße innert Sekunden identifizieren. Einfach das Smartpohne richtig Himmel strecken und die App zeigt dir die Namen der Sterne an. Stellarium hat mit über 600’000 Sternen die grösste Datenbank und ist ein super Nachschlagewerk!
3 Wann ist die Milchstraße sichtbar?
Der am einfachsten mit dem bloßen Auge erkennbare Teil der Milchstraße ist nicht das ganze Jahr über sichtbar. Das gilt besonders für die nördliche Hemisphäre, wo sich das Fotografieren der Milchstraße vor allem von Februar bis September lohnt.
Dein Motiv findest du am südlichen Himmel, wo es vom Westen her aufzieht. Die Bewohner der südlichen Hemisphäre haben hier einen kleinen Vorteil, da der zentrale Teil der Milchstraße direkt über ihnen liegt. Im südlichen Deutschland und der Schweiz sind die Nächte in den Wintermonaten noch dunkler und die Nächte oft klarer. In diesem Gebieten erzielst du daher zwischen November bis Februar eventuell die besseren Resultate. Das gilt übrigens auch, wernn du Sternschnuppen wie auf dem folgenden Bild fotografieren willst. In unserem Artikel zu diesem Thema findest du alle wichtigen Infos zu Meteoritenschauer und die besten Setups für Sternschnuppenfotografie.
4 Digitalkamera mit hoher Lichtempfindlichkeit
Du fotografierst die Milchstraße Nachts mit sehr wenig Licht. Deshalb sollte deine Kamera mit den Bedingungen umgehen können, ohne massives Rauschen zu produzieren. Eine Vollformatkamera macht es dir einfacher, ist aber kein Muss. Wir selbst sind mittlerweile grösstenteils auf Systemkameras umgestiegen, da sich diese sehr gut für die Fotografie von Nachthimmeln eignen. Hier findest du unsere Top 10 der spiegellosen Systemkameras.
5 Milchstraße Objektive
Wenn du die Milchstraße fotografieren willst, solltest ein Objektiv mit einer maximalen Blendenzahl von höchstens f/2,8 benutzen. Auch mit einer Blendenzahl von f/3,5 ist vieles möglich. Allerdings sammelt die Linse dann weniger Licht und stellt somit eine größere Herausforderung dar. Denn je weniger Licht auf den Sensor fällt, desto länger musst du die Belichtungszeit wählen, damit das Bild nicht zu dunkel wird.
Zu lange Belichtungszeiten führen beim Milchstraße fotografieren wiederum schnell zu Unschärfe – mehr dazu aber später. Apropos – wann auch immer du mit unscharfen Bildern konfrontiert bist, schau dir die Technik des Focus Stacking an.
Das gleiche Prinzip greift für die Brennweite, die so weit wie möglich zu wählen ist. Obwohl du nur einen Ausschnitt der Milchstraße siehst, hat dieser bereits immense Maße. Je größer also das verwendete Objektiv, desto mehr kannst du festhalten.
Nikon-Kameras mit DX Sensor (APS-C)
Nikon Vollformat (FX Sensor)
Sony und Canon-Kameras
6 Benutze ein Stativ
Das ist ein absolutes Muss. Ohne stabilen Stand nützen dir selbst die schicksten, zusätzlichen Funktionen nicht das Geringste. Wenn immer du mit einem Stativ arbeitest, gehört auch ein Fernauslöser dazu, damit das Bild beim Auslösen nicht verwackelt.
Milchstraße fotografieren: Kamera Einstellungen
7 Benutze Live-View
Um dir einige nervtötende Versuche beim Fokussieren der Milchstraße im Dunkeln zu ersparen, benutze die Live-View-Funktion deiner Kamera. Damit kannst du den Fokus manuell auf einen hellen Stern einzustellen. Zudem kannst du auch die Entfernungsmarkierungen auf deinem Objektiv (falls vorhanden) benutzen, um eine hyperfokale Entfernung einzustellen.
8 Fange mit ISO 3200 an
Wie schon im ersten Schritt erwähnt, ist ein hoher ISO-Wert zwingend notwendig, um genug Licht für ein helles Bild der Milchstraße zu erhalten. Unter typischen Bedingungen ist ISO 3200 ein guter Anfang. Je nachdem, wie gut sich das mit den anderen Kamera-Einstellungen verträgt, kannst du den Wert dann heben oder senken.
9 Lange Verschlusszeit und 500er-Regel
Wenn du die Milchstraße fotografieren willst, ist eine lange Verschlusszeit notwendig. Auf diese Weise kannst du mehr Licht einfangen und die Belichtung verbessern. Es gibt da nur ein Problem: Dem Planet ist es egal, ob du zum ersten Mal Astrofotografie betreibst. Er wird sich weiter drehen, was bei einer zu langen Verschlusszeit bedeutet, dass sich später Sternspuren auf deinen Bildern zeigen. Wenn es das ist, was du willst, sind Sternspuren nichts Schlechtes – auf Fotos von der Milchstraße sind sie allerdings eher unerwünscht. Hier gehts zu unserer Sternspuren-Anleitung.
Milchstraße Belichtungszeit berechnen
Um die Sterne als Punkte darzustellen, nutze die „500er-Regel“. Diese besagt, dass du 500 durch die Brennweite deines Objektivs teilen musst, um die optimale Belichtungszeit zu erhalten. Hast du z.B. ein 24mm-Objektiv auf einer Vollformatkamera, stellst du die Verschlusszeit auf 20 Sekunden ein (500/24 = 20,83).
Wenn du mit einer Crop-Kamera arbeitest musst du sicherstellen, dass du den Crop-Faktor (üblicherweise 1,5 bei Nikon und Sony, 1,6 bei Canon) berücksichtigst. Nehmen wir wieder an, du nutzt auch diesmal ein 24mm-Objektiv auf einer Nikon Crop-Kamera, landest du bei einer Brennweite von 36 mm (24×1,5 = 36). Die 500-Regel ergibt dann eine Verschlusszeit von 13 Sekunden (500/36 = 13,89).
Einige Fotografen plädieren für die sehr ähnliche 600-Regel statt der 500-Regel. Aber diese Frage hängt – ohne jetzt näher auf die Mathematik dahinter eingehen zu wollen – von der eigenen Wahrnehmung ab. Kurz gesagt: bleib bei der 500-Regel. Vor allem, wenn du großformatige Bilder drucken willst. Wenn du dich in dem Bereich erfahrener fühlst und etwas experimentiert hast, merkst du vielleicht, dass die „600-Regel“ für dich besser funktioniert (was für Internet-Bilder kein Problem sein sollte) und kannst dann definitiv mit dieser weiterarbeiten.
10 Benutze eine weite, offene Blende
Denk immer daran: Du musst dir so viel Licht wie möglich zu Nutze machen! Tiefenschärfe ist hier kaum ein Thema. Wenn das Bild zu unscharf wird, musst du abzublenden. Deshalb ist es so wichtig, von Anfang an ein schnelles und lichtstarkes Objektiv zu nutzen. Wenn deine Linse bei f/1.4 viel zu weich ist, kann die Umstellung auf f/2 das Motiv schärfer zeigen, ohne ernsthafte Auswirkungen auf das Licht in der Linse zu haben.
11 So erreichst du eine gute Belichtung
Höchstwahrscheinlich wirst du mit der Belichtung deines ersten Bildes nicht zufrieden sein. Wenn du außerdem mit dem Fokus oder der Komposition unzufrieden bist, korrigiere zuerst diese beiden Faktoren, bevor du dich mit der Belichtung erneut auseinandersetzt.
Wenn die Belichtung nicht „richtig“ ist, muss zuerst das Problem identifiziert und von da aus ausprobiert werden. Bei zu massivem Rauschen im Bild solltest du den ISO-Wert reduzieren. Wenn das Bild überbelichtet ist, schau dich in der Umgebung um, ob irgendwo eine künstliche Lichtquelle die Ergebnisse verfälscht. Reduziere dann die Verschlusszeit, blende ab oder reduziere den ISO-Wert. Ist dein Foto unterbelichtet, kontrollier noch einmal, ob du die weiteste Aufblende benutzt, die du hast, erhöhe die Verschlusszeit (aber Vorsicht vor Sternspuren) oder erhöhe den ISO-Wert.
Milchstraße Bildgestaltung und Bearbeitung
12 Gestalte dein Bild
Es gibt keinen richtigen oder falschen Weg, dein Bild zu gestalten. Aber du kannst beispielsweise ein Gefühl von Tiefe erzeugen, indem du das Foto als normales Landschaftsbild mit der Milchstraße als Hintergrund aufnimmst. Nur weil es dunkel ist heißt das nicht, dass du den Vordergrund ignorieren musst: deine Szene wird interessanter, wenn du Hügel oder Berge, Bäume, Felsformationen oder eine Person hinzufügst. Probier Verschiedenes aus. Bis du weißt, was dir gefällt. Milchstraße fotografieren heisst also oft mehr, als nur die Milchstraße selbst abzubilden.
13 Bearbeite deine Milchstraße Bilder
Diese letzte Station sieht sehr unterschiedlich aus, und es gibt – wieder – nicht den einen richtigen Weg, wie du die Bilder nachbearbeiten musst. Am leichtesten machst du es dir, wenn du die Bilder im RAW-Format schießt und schon mit der Kamera die bestmögliche Belichtung erzeugst. Eventuell solltest du das Bild schärfen oder das Rauschen verringern. Laut einiger Quellen beträgt die Farbtemperatur der Milchstraße etwa 4840°K. Wenn dir das zu gelb oder zu orange erscheint, pass den Weißabgleich an, bis du ein neutrales Farbschema hast.
Ganz sicher aber wirst du den Kontrast erhöhen müssen. Mit ihm kann ruhig grob umgegangen werden, solange du dabei keine Schattendetails einbüßt. Wenn du mit deinem Bildbearbeitungsprogramm die Farbkurven anpassen kannst, solltest du damit unbedingt etwas experimentieren. Falls du eine gute Belichtung mit der Kamera erreicht hast, solltest du nicht mehr viel am Belichtungsregler ändern müssen.
Wie du siehst, braucht es keine Unmengen an spezieller Ausrüstung für die Milchstraße Fotografie, um erfolgreich Astrofotografie zu betreiben. Zusätzlich zu deiner Leidenschaft für das Thema musst du allerdings viel Planung, Übung und Geduld investieren. Das Ergebnis wird deine Zeit und Mühen allerdings wert sein!
14 Damit kannst du länger fotografieren
Die klaren Nächte sind oft kalt und einsam. Daher ist das richtige Zubehör essentiell. Damit kannst du nicht besser fotografieren, aber länger. Handschuhe zum Beispiel. Hätte ich mir diese doch früher gekauft…
19 Gedanken und Fragen