Eindrucksvolle Baumkronen-Fotos im Wald fotografieren
Das Fotografieren im Wald bietet ein wahres Füllhorn an Motiven und das zu jeder Jahres- und Tageszeit. Besonders Baumkronen geben tolle Motive ab. Doch die heimischen Wälder sind auch sensible Ökosysteme, die es zu respektieren gilt. In diesem Beitrag erfährst du, wie du die Schönheit des Waldes einfängst und an andere Menschen weitergibst, ohne dabei der Natur zu schaden.
Inhaltsverzeichnis
Ab in den Wald – wie verhalte ich mich?
Welche Regeln sollte ich im Wald beachten?
Bevor wir losziehen, um Baumkronen zu fotografieren, sollten wir uns über folgendes bewusst werden:
Der Wald ist nicht unser primärer Lebensraum und alles was wir dort tun, hat Auswirkungen auf Pflanzen und Tiere.
Deswegen beachte ich immer ein paar Regeln bevor ich im Wald fotografieren gehe.
Ich verhalte mich im Wald ruhig und besonnen. Laute Gespräche, oder Herumschreien stört den Lebensraum Wald und vor allen die dort lebende Tierwelt, die leider so oder anders immer dezimierter wird, und man heutzutage schon Glück haben muß noch Reh, Fuchs oder Hase zu sehen. Aber auch die vielen kleinen Lebewesen wie Vögel, Insekten, oder bodennahen Nager und Kleinsäuger halten nicht viel davon wenn wir Menschen uns aufführen als wären wir zuhause im Wohnzimmer. Respekt vor dem Wald sollte immer mit dabei sein.
Was nehme ich in den Wald mit?
- Das was ich in den Wald mit hineinnehme, nehme ich auch wieder mit heraus. Stichwort: Müll!
- Ich bewege mich auf den ausgewiesenen Wegen, und wenn ich doch mal für eine schöne Szenerie den Weg verlasse, schaue ich das ich möglichst wenig Pflanzenwuchs niedertrample, keine Äste abbreche oder gar beim Aufbau meines Fotoequipments ganze Quadratmeter plattwalze.
- Die Tierwelt zeigt sich wenn sie es will, d.h. ich scheuche keine Tiere auf für DAS vermeintlich tolle Foto.
- Ich bin im Grunde immer mit schlankem Gepäck unterwegs und übe mich bewusst in der „einfachen“ Fotografie, d.h. ohne Stativ, ohne Blitz, ohne Filter etc. Versucht mal, beim Fotografieren im Wald auf diese ganzen „Hilfsmittel“ zu verzichten und euch nur auf die Kamera und das gewählte Motiv zu konzentrieren. Dann kommt auch der Erholungseffekt nicht zu kurz.
Kamera-Ausrüstung fürs Fotografieren im Wald
Motive im Wald
Grundsätzlich bietet das Fotografieren im Wald eine unheimliche Fülle an Motiven. Ob Makro am Boden, über Strauch- und Blattwerk in Augenhöhe bis hin zu den Baumkronen hoch über Kopf – je nach Location hierzulande auch mal bis zu 30-40 m hoch. Demzufolge sollte man sich vorher Gedanken darüber machen, welchen Motiven man sich an diesem Tag widmet, um nicht jedesmal das ganz große Gerät mitschleppen zu müssen. Ich nehme bei jedem Waldspaziergang nur EIN Objektiv mit und mache das, was damit möglich ist – auch eine tolle Übung um mal verschiedene Blickwinkel auszutesten.
Welches Objektiv brauche ich?
Bei Pilzen, Insekten oder Blümchen sollte es natürlich ein Makroobjektiv sein. Wenn ich mich auf schönes Blattwerk und engere Waldstrukturen konzentriere, nehme ich eine Normalbrennweite um 30 – 60 mm. Für entfernte Motive (ggf. auch größere tierische Waldbewohner) eine moderate bis mittlere Telebrennweite (meist nicht mehr wie 300 mm nötig). Und um den Wald in seiner Gänze einzufangen oder um Baumkronen abzubilden, braucht’s natürlich ein Weitwinkel von etwa 10-24 mm.
Welche Kamera brauche ich?
Grundsätzlich kann ich natürlich mit jeder Kamera in den Wald ziehen – selbst mit dem Handy sind heutzutage beeindruckende Blickwinkel möglich. Aber eine richtige Bildqualität und vor allem beste Voraussetzungen für eine spätere Bearbeitung habe ich wohl nur mit einer Kamera mit Wechselobjektiv und wenigstens mal im MFT Format.
Vollformatige Boliden bieten gerade im Weitwinkelbereich den vollen Brennweitenumfang. APS-C / MFT spielen durch den 1,5 – 2- fachen Crop ihre Vorteile im Telebereich aus. Wie gesagt, mehr als Kamera und Objektiv brauche ich nicht – ok, wenn ich bei regnerischem Wetter unterwegs bin, habe ich als Regenschutz für die Kamera eine kleine Plastikhülle dabei, die ich dann überziehe – mit entsprechend großen Eingriffen für eine Bedienung auch im Regen. Und was noch dabei sein muß ist ein Wechsel-Akku – für alle Fälle.
Kameraeinstellungen für Baumkronen Fotos
Ich fotografiere im Wald immer aus der Hand, da ich oft den Standpunkt wechsle und eben gerne schlank unterwegs bin. Für das Fotografieren von Baumkronen im Weitwinkelbereich gehe ich meist im Modus A (Nikon-Zeitautomatik) auf Blende 11 – 16, um von den Ecken bis in die Spitzen alles scharf zu bekommen. Den ISO Bereich lasse ich meist auf einer Automatik und beschränke mich auf eine Höchstgrenze von maximal ISO 3200.
Das kann man einer modernen Vollformatkamera heutzutage zumuten und die Bilder können mit dem Entrauschen-Regler später problemlos und fast verlustfrei „geglättet“ werden. Im Weitwinkelbereich (ich nutze aktuell ein 14-30 mm) habe ich meist keine Probleme mit der Belichtungszeit. Selbst wenn es schon düster ist, oder das Blattwerk im Sommer/Herbst sehr dicht ist komme ich kaum unter 1/30 Sekunde, und das kann man bei 14-30 mm problemlos aus der Hand ruhig halten – auch in Verbindung mit den heutigen Bildstabilisatoren in Kamera und/oder Objektiv.
Oft spiele ich ein bisschen mit der Belichtungskorrektur, die ich meist schon auf plus 0,3 voreingestellt habe. Je nach Düsternis geht’s dann in 0,3 Schritten mal nach oben, mal nach unten um unterschiedliche Looks auszuprobieren.
Fotografiere in RAW
Fast zwingend finde ich das Fotografieren im RAW Format. Zum einen bin ich dann unabhängig vom Weißabgleich und zum zweiten bietet mir die RAW-Datei den größtmöglichen Bearbeitungs-umfang, gerade bzgl. Tiefen und Lichtern. Und da habe ich im Wald durch die teils hohen Kontrastumfänge (z.B. dunkle Bäume – heller Himmel) oft entweder zu dunkle Baumstämme, wo keine Struktur mehr zu erkennen ist, oder ausgefressene Lichter im Himmel und Wolkenstrukturen gehen verloren.
Im RAW Format kann ich da noch vieles retten bzw. hervorzaubern, was auf den ersten Blick verloren gegangen scheint. Natürlich kann man auch mit Belichtungsreihen arbeiten und später ein HDR zusammensetzen. Aber dafür wird’s dann aus der Hand schon wieder etwas schwieriger – ist aber gerade im Weitwinkelbereich grundsätzlich auch kein unmögliches Unterfangen. Einfach ausprobieren.
Was man sonst noch braucht
Außer dem Fotoequipment benötigst du für das Fotografieren im Wald folgende Dinge:
- entsprechende Kleidung
- stabiles Schuhwerk
- Wenn du in unbekannten Wäldern unterwegs bist: eine gute Wanderkarte in Kombination mit einem GPS Gerät
- Auch ein Getränk und ein Energieriegel sollten immer im Rucksack sein – man weiß ja nie was passiert und schnell hat man dann oft doch die Zeit vergessen und der Rückweg zieht sich länger als erwartet.
Spezielles Motiv: Baumkronen
Wie ich Baumkronen für mich entdeckt habe
Seit Coronabeginn im letzten Jahr bin ich verstärkt in unserem „Wald hinter’m Haus“ unterwegs. Und irgendwann habe ich mal nach oben geblickt und mit 24 mm einfach abgedrückt… und dann war’s um mich Geschehen. Die Strukturen in der obersten Baumschicht haben mich einfach nicht mehr losgelassen.
Heute nutze ich meist ein 14-30/f4 auf 14mm. Gerade durch den weiten Blickwinkel fallen die Bäume quasi alle aufeinander zu und stürzen geradezu gegeneinander. Ein unglaubliches Schauspiel, was sich da im Sucher/auf dem Display abspielt. Und mit jedem Meter Standortveränderung verändert sich auch die Struktur. Manchmal fast symmetrisch einheitlich, beim anderen Mal komplett chaotisch und durcheinander. Was einem besser gefällt, muss jeder für sich entscheiden.
Symmetrie und Bildrand
Ich spiele oft mit Symmetrie, d.h. ich suche bewusst einen Standpunkt, an welchem mehr oder weniger gleich große Bäume nebeneinanderstehen. Dann suche ich ein „Loch“ in der Baumkrone, setze dieses auf die Bildmitte und lasse die Baumstämme daraufhin zufallen. Je nach Ast- und Blattwerk ein irres Gewirr von Stämmen, Ästen und Blättern! Man kann sich dem Blick kaum entziehen und wird regelrecht in das Bild hineingezogen.
Man kann sich aber auch einen dominanten Baum heraussuchen. Dann stellt man sich direkt unter den Stamm und lässt über Kopf den Stamm als Hauptmotiv nach oben steigen. Schön anzusehen ist dies, wenn es aus einer Bildecke heraus geschieht. Die Bäume daneben fallen dann auf diesen Hauptbaum zu, und unterstützen den bildbestimmenden Stamm. Man kann mit Leerraum spielen, auch mit einer Veränderung der Symmetrie, in dem man Bäume auf einen Bildrand oder eine Bildecke zufallen lässt. Der Kreativität sind im Grunde keine Grenzen gesetzt.
Erzeuge Struktur in deinen Bildern
Nun macht es meiner Meinung nach das Bild sehenswerter, wenn es eine gewisse Struktur hat – einfach die Kamera in die Luft halten und abdrücken, macht das Bild nervös und unruhig. Das Suchen von sehenswerten Strukturen in den Baumkronen ist auch eine schöne Übung für den Nacken – da wird genau der Gegenstrecker zu unseren heutigen „Handynacken“ trainiert. Ich fotografiere dann auch immer durch den Sucher, da ich die Kamera dann auf meinem Gesicht auflege und zusätzlich Verwacklungen vorbeuge. Für Leute mit Nackenproblemen kann die „Baumkronenfotografie“ durchaus anstrengend werden – dann natürlich gerne das Klappdisplay nutzen und Pausen einlegen und den Nacken massieren und gegenstrecken.
Spannend sind Baumkronen natürlich das ganze Jahr über. Im Winter das bloße Astwerk – unheimlich beeindruckend anzuschauen, wieviel Äste so ein Baum entwickelt. Im Frühjahr die beginnende Blüte, im Sommer das volle grüne Blattwerk und die geschlossenen Baumkronen, und im Herbst die wechselnden Farben von rot, orange und gelb, sowie das beginnende Abfallen der Blätter. Und wenn dann noch das Wetter mitspielt und man hat einen blauen Himmel mit weißen Wolken und schrägem Sonnenschein (Sonnensterne): Dann ist das Bild perfekt.
Bildentwicklung und Bildbearbeitung
Vorauswahl treffen
Zuhause angekommen schaue ich mir meist auf der Couch sitzend die Bilder nochmal auf dem Kameradisplay an und treffe erste Auswahlen. Lösche erste Bilder und mache mir Gedanken über mögliche Bearbeitungen. Bei Baumkronen nutze ich meist wirklich das volle Bild. Ganz selten, dass ich mal Teile beschneide, da die Bildwirkung erst richtig beeindruckt, wenn der volle weitwinklige Spielraum ausgenutzt wird. Oft sind die Bilder dann auch sowohl im Hoch- wie im Querformat gleich interessant anzuschauen.
Ich bearbeite meiner Bilder mit PS Lightroom. Mit dem Laden ins Programm vergebe ich sofort Schlagwort und lasse Standardbearbeitungsschritte vornehmen (z.B. Entfernen chromatischer Aberrationen, die gerade im feinen Astwerk störend sichtbar wären).
Struktur und Farben
Nach dem Bestimmen des Weißabgleichs, geht’s zunächst an die Regler Tiefen und Lichter um Strukturen wieder sichtbar zu machen, die scheinbar verloren gegangen sind. Struktur und Klarheit geben dem Bild Knack und Pepp. Gerade die feinen Astwerke und Blattstrukturen vertragen hier scharfe Kanten – aber aufpassen, dass du nicht übertreibst. Wenn die Baumkronen durch dichtes Blattwerk den Himmel verdecken, hilft der Regler „weiß“ wahre Wunder. Hier bringt man die Blätter quasi zum Leuchten, egal ob grün im Sommer oder die verschiedenen Rot-, Orange- und Gelbtöne im Herbst.
Auch hier gilt nicht zu übertreiben. Wer aber Farbe liebt, sollte erstmal mit dem Weißregler spielen, bevor er mit Sättigung, Kontrast und/oder Dynamik übertreibt. Da wird’s dann schnell kitschig. Zum Schluss schärfe ich noch ein wenig, aber immer mit Maske, damit auch nur die Kantenstrukturen hervorgehoben werden. Auch ist zu empfehlen, mal das ein oder andere Bild in Schwarzweiß umzuwandeln oder eine leichte Tonung ins Blau oder Grün auszuprobieren – der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Erlaubt ist, was dir gefällt.
Bildrauschen ausgleichen
Nochmal zum Thema Rauschen. Im RAW hat man heutzutage keine Probleme ISO-Zahlen von bis zu 3200 im Grunde verlustfrei auszugleichen. Manche Kameras haben gar noch einen größeren nutzbaren Spielraum. Bei Formaten kleiner als Vollformat würde ich die Grenze ggf. bei ISO 1600 ziehen – bei meiner Zweitkamera (APS-C) nutz ich maximal ISO 800. Wenn jemand mit RAW nichts anfangen kann und sich auf das mehr oder weniger entwickelte jpeg aus der Kamera verlässt, wird er für den normalen Hausgebrauch eines Fotos auch kaum Unterschiede feststellen – zumindest wenn er keinen Vergleich hat. Hier reden wir meines Erachtens über Spitzfindigkeiten, die im Zeitalter von Instagram und Co. kaum eine Rolle spielen.
Fotos werden meist auf digitalen Endgeräten gezeigt, die leuchtende und rattenscharfe Displays haben – da kann man selbst leicht unscharfe Bilder noch halbwegs retten und zeigen. Nur wenn ich meine Bilder dann wirklich z.B. als Fotobuch drucken lassen möchte, oder gar als Fine-Art Poster in A2 oder größer an die Wand bringen möchte, stößt man mit dem jpeg eher an die Grenze wie bei einem RAW Bild. Aber das ist ein anderes Thema.
Und nun viel Spaß beim Baumkronen fotografieren, und immer schön auf den Nacken achten – Muskelkater nach dem ersten Shooting nicht ausgeschlossen 😊
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