Wie entscheide ich bei 1000 Fotos? 5 Tipps zur Bildauswahl
Jeder Fotograf steht nach jedem Fotoshooting vor einer der grössten Herausforderung – die Bildauswahl. Es entstehen über 1000 Bilder und dann muss die erste Vorauswahl getroffen werden. Ich möchte in diesem Beitrag einer meiner wichtigsten 5 Schritte bei der Bildauswahl zeigen.
Ich habe mich schon oft dabei ertappt, dass meine Bildauswahl mehr Zeit in Anspruch genommen hatte, als die eigentliche Bildbearbeitung. Und wenn du mich fragst, ist es auch eine grosse Zeitverschwendung. Und trotzdem bleiben wir sozusagen bei der Auswahl der Bilder stehen. Auch für mich war es zu Beginn ein Rätsel, wie es einige meiner Kolleginnen geschafft haben, die komplette Bildbearbeitung an einem Tag abzuschliessen. Auf der Suche nach meiner geeignetsten Lösung habe ich einige Tipps und Tricks und Erfahrungswerte zusammengefasst. Und am Ende kann ich die Frage: „Ist es möglich bei der Bildauswahl so richtig zeitsparend zu arbeiten?“, mit einem definitiven „Ja!“ beantworten.
Es gibt Techniken und Denkweisen, die mir dabei helfen, sich viel schneller zu entscheiden. Denn auch mir als Boudoir– und Porträt-Fotografin, passiert es schon mal, dass ich am Ende eines Shootings über 1000 Bilder gemacht habe und die Auswahl auf ein Minimum reduzieren muss. Der Erfahrung nach brauchen die Kunden zwar eine gewisse Anzahl an Bildern zur Auswahl, aber wenn es zu viel wird, sind sie schlicht und ergreifend überfordert. Und meistens kauft ein überforderter Kunde nicht viel. Und genau das will ich vermeiden. Nur wie ist das möglich? Wie soll man sich entscheiden, wenn die meisten Bilder einfach grossartig geworden sind und wir diese Fotos den Kunden eigentlich gar nicht vorenthalten wollen?
Inhaltsverzeichnis
#1 Setze dir dein Ziel
Als Erstes musst du dir von vornherein ein Ziel setzen. Dabei sollte dir bewusst sein, was dein Kunde genau möchte. Wird es eher ein kleines Paket, mit verschiedenen Bildern oder ein grösseres Album? Dann sollten die Bilder, auf dein Produkt angepasst, ausgewählt werden. Auch wenn du denkst, dass dieses eine Bild grossartig ist, frage dich stets dabei:
- Passt es auch stilistisch zu den restlichen Bildern?
- Müssen die Bilder alle gleichen Farbstil haben?
- Mag der Kunde sich als fröhliche Person sehen oder eher ernsthaft?
- Sollen es mehr Fine-Art Kunstwerke werden oder eher lebendige Momentaufnahmen?
Diese grundlegenden Fragen sollten schon vor dem Shooting geklärt sein. Denn was bringt es dir 100 Bilder mit einem breiten Grinsen auszuwählen, nur weil du sie hübsch findest, aber der Kunde sich lieber in einer ruhigen und romantischen Stimmung sehen mag. Und natürlich solltest du festlegen, wie viele Bilder am Ende bleiben dürfen. Bleibe dabei standhaft!
#2 Die Säuberung
Nachdem ich mein Ziel definiert habe, beginne ich mit der Säuberung. Hier gehe ich recht schnell durch die Bildauswahl und lösche gnadenlos folgende Bilder:
- Alles was verwackelt ist.
- Bilder, mit einem komischen Blick oder geschlossenen Augen.
- Bilder, die nach meinem Standard nicht den Fokus getroffen haben.
Als ich aufgehört habe, mich emotional an jedem eventuell gutem Bild festzukrallen, wurde ich doppelt so schnell. Es wurde mir mit der Zeit egal, ob das Bild eigentlich sehr gut wäre, denn mit den oben erwähnten Eigenschaften ist es schlichtweg unbrauchbar. Verschwende hier keine Sekunde Zeit mit Überlegungen, wie du dieses verwackelte Bild retten könntest. Und gewöhne es dir ab, dich über ein misslungenes Bild zu ärgern, da ist sowieso nichts mehr zu machen. Schnell löschen und weiter geht’s!
#3 Arbeite mit Gruppen
Jetzt wird es etwas schwieriger. Ich bin mir sicher, dass du nach der Säuberung gerade mal einen Bruchteil der Bilder gelöscht hast. Und natürlich sind nur die Bilder geblieben, die technisch in Ordnung sind und zu den Wünschen deines Kunden passen.
Jetzt musst du weiter eingrenzen. Hier hilft es, die Bilder als Gruppen zu betrachten. Eine mögliche Gruppe wäre das Outfit. Die zweite Gruppe wäre zum Beispiel die Pose zu diesem Outfit. Und schon entkommst du dem Cheerleader-Effekt! Wie oft betrachten wir alle Bilder und die sehen irgendwie alle super aus. Aber wenn die Bilder im Einzelnen und in kleinen Gruppen betrachtet werden, erkennen wir viel mehr, was wirklich in die Bildauswahl gehört. Wenn du etwa 10 Bilder mit dem gleichen Outfit und in ähnlicher Pose betrachtest, dann entscheide dich für maximal 3 bis 5 Bilder, die einfach am vorteilhaftesten wirken. Dein Kunde darf dabei ruhig schlanker und so richtig strahlend aussehen. 😉
#4 Das bessere Bild erkennen
Eine Möglichkeit wäre, die Bilder komplett in Schwarzweiss zu betrachten. In der Regel ist es so, dass ein gutes Bild in der Schwarzweiss-Variante auf den ersten Blick immer besser aussieht.
Auch hier empfehle ich gnadenlos auszusortieren.
Viktoria Schmidt
Als Nächstes empfehle ich dir, die Perspektive zu verändern und innerhalb einer Gruppe die Fotos als Miniatur-Bilder nebeneinander zu betrachten. Meistens trennt sich hier die Spreu vom Weizen und du erkennst, welches Bild in seiner Gesamtheit eine bessere Wirkung hat. Denn auch der Kunde wird mit hoher Wahrscheinlichkeit genau das Bild nehmen, dass du behältst.
#5 Trenne dich vom Zeitaufwand
Und nun wird es richtig schwierig. Vielleicht hast du dir 100-150 Bilder als Ziel gesetzt, aber du liegst immer noch bei etwa 300 Bildern? Ja ich weiss, das sind wirklich die besten Bilder aus dem ganzen Shooting und dir wird jetzt das Herz bei jedem aussortiertem Bild bluten. Natürlich kannst du dich für alle Bilder entscheiden, aber dann musst du bei über 300 Bildern die Bildbearbeitung/Retusche durchführen. Vor allem, wenn es der Wunsch deines Kunden ist, eine glatte und von Linien befreite Haut auf dem Foto zu haben, dann wirst du bei dieser Anzahl Bildern stundenlang mit der Retusche beschäftigt sein.
Jetzt handle ich nach dem Prinzip, es bleibt nur das drin, was mir am wenigsten Arbeit bereitet. Ab diesem Moment gibt es keine Falsche Entscheidung mehr, alle Bilder sind eine gute Wahl.
Viktoria Schmidt
Je mehr Aufträge ich als Fotografin abarbeiten muss, umso mehr Wert lege ich auf eine effektive und zeitsparende Arbeitsweise. Ich entscheide mich einfach für die Bilder, an denen fast nichts retuschiert werden muss oder die prinzipiell am wenigsten Arbeit machen. Damit verabschiede ich mich automatisch von einer zu komplizierten Bildbearbeitung – von allen Bildern, auf denen ich zu starke Linien im Gesicht erkenne und von allen Bildern wo prinzipiell etwas aufwendiger retuschiert werden muss. Zum Beispiel habe ich aus einer Gruppe mit einem Outfit und ähnlicher Pose zwei Bilder. Wie entscheide ich mich? Ich nehme das Bild, bei dem ich kein Wischwerkzeug anwenden muss, um zum Beispiel die Frau etwas schmaler zu machen. Ich entscheide mich in der Bildauswahl einfach für das Foto, worauf sie bereits schmaler wirkt. Oder ich nehme das Bild worauf weniger Haare ins Gesicht fallen, die ich ansonsten im Nachhinein einzeln wegretuschieren müsste.
Fazit Bildauswahl
Als ich mit dieser Vorgehensweise angefangen habe, meine Bildauswahl zu treffen, minimierte ich meine aufgewendete Zeit von 2 Stunden auf 30 Minuten. Ein extra Tipp von mir: Wenn du bis zu dem dritten Schritt gekommen bist und dir der Kopf glüht, dann lege diese Bilder beiseite und mache erst am nächsten Tag weiter. Das hilft dir den nötigen Abstand zu gewinnen und auf einmal sieht du viel eher, für welche Bilder du dich tatsächlich entscheiden solltest.
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