Bildkomposition – 20 Techniken die deine Fotos verbessern
Bildkomposition bedeutet, ein Bild so harmonisch und ansprechend zu gestalten wie nur möglich. Dafür werden verschiedene Techniken eingesetzt, die eigentlich schon als fotografische Regeln gelten. Letztendlich ist aber keine Regel in der Fotografie unumstößlich. Wer mag schließlich Regeln, einmal abgesehen von deinem Schuldirektor von damals oder den Chefs der Personalabteilung? Es gibt allerdings einige Richtlinien, die du nutzen kannst, um die Gestaltung deiner Fotos massiv zu verbessern.
In dieser Anleitung habe ich 20 Richtlinien mit Beispielen zusammengestellt, damit du schnell siehst, um was es geht. Ich habe mit den einfachsten begonnen und die schwierigeren Gestaltungsmöglichkeiten ans Ende gestellt. Zu vielen von diesen Bildkompositions-Techniken haben wir auch ausführliche Anleitungen geschrieben – sie sind jeweils verlinkt.
Inhaltsverzeichnis
- Was bedeutet Bildkomposition?
- #1. Drittelregel
- #2. Zentrierter Bildaufbau und Symmetrie
- #3. Elemente im Vordergrund und Tiefe
- #4. Framing: Bild in Bild
- #5. Führende Linien
- #6. Diagonalen und Dreiecke sorgen für Spannung
- #7. Muster und Strukturen
- #8. Die Regel der Quote
- #9. Das gesamte Bild ausfüllen
- #10. Negativer Raum
- #11. Einfachheit und Minimalismus
- #12. Das Motiv abgrenzen
- #13. Perspektive und Bildkomposition
- #14. Besondere Farbkombinationen
- #15. Links-nach-Rechts-Regel
- #16. Regel des Raumes in der Bildkomposition
- #17. Balance – Elemente in der Szene ausgleichen
- #18. Gegenüberstellung
- #19. Goldene Dreiecke
- #20. Goldener Schnitt und Spirale
- Wie kannst du alles im Kopf behalten?
Was bedeutet Bildkomposition?
Zunächst sollten wir einmal festlegen, was unter dem Begriff Bildkomposition in der Fotografie zu verstehen ist. Vereinfacht gesagt heißt Bildkomposition soviel wie Bildaufbau. Aufbau bezieht sich auf die Art und Weise, wie die verschiedenen Elemente einer Bild-Szene innerhalb des Bildes angeordnet sind. Wie ich bereits erwähnt habe, handelt es sich hierbei nicht um starre Regeln, sondern um Richtlinien. Dies bedeutet, dass diese Richtlinien für Tausende von Jahren in der Kunst verwendet wurden und erwiesenermaßen helfen, einen reizvolleren Bildaufbau zu erreichen. Normalerweise habe ich eine oder sogar mehrere dieser Richtlinien im Hinterkopf, wenn ich ein Foto aufnehme. Wir beginnen mit der bekanntesten Gestaltungstechnik – der Drittelregel.
#1. Drittelregel
Die erste Richtlinie, die ich beschreiben möchte, ist die Drittelregel. Sie ist wohl die bekannteste Regel in der Bildkomposition und wird beim Fotografieren lernen meist als eine der ersten erlernt. Zu meiner eigenen Verteidigung: ich habe den Namen dieser Regel nicht selbst entwickelt. Die Drittelregel ist einfach verständlich. Du teils das Bild in neun gleichgroße Rechtecke, drei waagerecht und drei senkrecht, wie es unten gezeigt wird.
Das Ziel ist, die wichtigen Elemente des Motivs entlang der Linien oder an einer Kreuzung zweier Linie zu platzieren. Wir tendieren dazu, das Hauptmotiv in der Mitte zu platzieren. Es entstehen sehr viel interessantere Bilder, wenn das Motiv mithilfe der Drittelregel seitlich versetzt angeordnet wird.
Hast du’s gewusst?
Viele Hersteller von Digitalkameras haben für diese Darstellung bereits ein solches Raster in Echtzeit integriert. Überprüfe im Handbuch deiner Kamera, wie du diese Funktion einschalten kannst.
In diesem Foto habe ich den Horizont etwa entlang des ersten Drittels des Rasters angeordnet, den Baum findest du entlang der linken Linie. Das Foto hätte nicht den gleichen Eindruck gemacht, wenn ich den Baum im Zentrum des Bildes angeordnet hätte oder die Wiese und der Himmel je 1/2 des Bildes ausgefüllt hätten.
#2. Zentrierter Bildaufbau und Symmetrie
Gerade habe ich dir erzählt, dass du das zentrale Motiv nicht in der Mitte des Rahmens unterbringen solltest. Nun erzähle ich dir das genaue Gegenteil! In manchen Fällen funktioniert es wirklich super, wenn du das Motiv ins Zentrum rückst. Symmetrische Motive eignen sich wunderbar für einen zentrierten Bildaufbau. Oft gibt die Symmetrie auch eine schöne Tiefe ins Bild.
Architektur und Straßen sind das ideale Thema für eine solche Gestaltung.
Landschaften mit Spiegelungen sind eine weitere großartige Möglichkeit, um symmetrische Formen im Bild zu verwenden. In diesem Foto habe ich eine Mischung aus der Drittelregel und Symmetrie verwendet, um das Bild zusammenzustellen. Die Symmetrie entsteht durch die ruhige Wasseroberfläche des Sees. Die Drittelregel wird durch die Aufteilung Himmel / See im Verhältnis 2/3 zu 1/3 gegeben. Den Baum könnte man nun sogar noch seitlich etwas versetzen nach rechts. Du kannst häufig mehrere Richtlinien der Bildanordnung in einem einzigen Foto kombinieren – am Schluss ergibt sich immer wieder eine, finale und hoffentlich persönliche Bildkomposition.
#3. Elemente im Vordergrund und Tiefe
Elemente im Vordergrund eines Motivs schaffen das Gefühl der Tiefe im Bild. Im Kern haben Fotos ein 2D-Format. Durch das Einfügen gestalterischer Elemente in den Vordergrund erhält das Foto mehr 3D-Feeling.
In diesem Foto bilden die Steine im Fluss ein interessantes Gestaltungselement für den Vordergrund. Wenn du dein Bild so aufbauen möchtest, nutze am besten ein Weitwinkelobjektiv.
Das folgende Bild zeigt einen Sonnenuntergang am Strand. Die Abbildung wirkt besonders interessant, wenn du ein sehenswertes Detail im Vordergrund platzierst. Als ich das Foto aufnahm, befand sich die Muschel nur ein paar Meter vor mir entfernt. Um den Eindruck der Tiefe bei Portraitfotos zu schaffen, kannst du auf die gleiche Technik zurückgreifen. Positioniere die Person nie direkt an einer Wand, sondern achte darauf, dass sich in einiger Entfernung im Hintergrund weitere Objekte wie Bäume, Gebäude, Brücken oder ähnliches befindet.
Sobald du Motive im Vordergrund positionierst, musst du aufpassen, dass das Bild auch im Hintergrund scharf wird. Leider fokussiert man zu oft auf das naheliegendste Motiv und vergisst dabei die Wichtigkeit der Tiefenschärfe. Lies hier nach, wie du anhand der hyperfokalen Distanz eine druchgehende Bildschärfe erreichst.
#4. Framing: Bild in Bild
Durch die Integration von „Bild in Bild“ gibt es einen anderen effektiven Weg, um Tiefe darzustellen. Suche nach Objekten wie Fenster, Bogen oder überhängende Äste, um das Motiv zu umrahmen. Die „Umrahmung“ – oder das „Framing“ wie es auch genannt wird – muss nicht unbedingt rund um das gesamte Motiv verlaufen, um effektiv zu sein.
In dem obigen Foto, das aus einiger Entfernung vom Sankt-Markus-Platz in Venedig aufgenommen wurde, habe ich die Hauswände verwendet, um die Sankt-Markus-Kathedrale und den Glockenturm aufzunehmen. Früher in der Renaissance gehörte diese Technik mit dem „Framing“ zu den generellen Arbeitsweisen der Malerei und diente dazu, Tiefe darzustellen. Wie du erkennen kannst, kannst du so ein Motiv fotografieren und zur Geltung bringen, auch wenn sich tausende Touristen darum tummeln. Übrigens, wenn du um 5 Uhr morgens aufstehst, hast du die Chance, den Platz auch von nahem mit relativ wenigen Menschen zu fotografieren. Der frühe Morgen ist meine Lieblingszeit, um draußen Fotos zu machen.
Bögen müssen aber nicht von Menschen stammen, wie beispielsweise ein Torbogen oder Fenster. Das obige Foto wurde aus einer Höhle in Matera, Italien aufgenommen. Dieses Mal bin ich so weit in die Höhle hinein, bis das Frame komplett war und ich das Motiv – die atemberaubende Stadt während dem Sonnenuntergang einrahmen konnte.
Die Verwendung der Technik „Bild im Bild“ ist eine großartige Möglichkeit, um die Umgebung kreativ in deine Bildkomposition einzubauen.
#5. Führende Linien
Führende Linien helfen, den Blick des Betrachters durch das Bild zu leiten und seine Aufmerksamkeit auf die wichtigen Elemente der Abbildung zu richten. Du hast bestimmt schon einmal von „Leading Lines“ in der Bildkomposition gehört. Wege, Mauern oder Muster können beispielsweise als führende Linien verwendet werden. Sieh dir die folgenden Beispiele an.
In diesem Foto der Millennium Bridge in London habe ich die Muster auf der Brücke und die Geländer als führende Linien eingesetzt. Alle Linien führen den Blick des Betrachters zur entfernt liegenden St. Pauls Kathedrale. Dir fällt sicherlich auch auf, dass ich einen zentrierten Bildaufbau für diese Komposition genutzt habe. Die Symmetrie meines Umfelds schafft ein beeindruckendes Foto, womit wir wieder zwei Bildkompositions-Techniken in einem Bild verwendet haben.
Die führenden Linien müssen nicht unbedingt gerade verlaufen, wie im Bild oben dargestellt. Auch kurvige Linien können ein hohes gestalterisches Potenzial haben. In diesem Fall führt der Weg den Betrachter zum rechten Bildrand, bevor sich den Weg Richtung Sonne bahnt. Ich habe bei der Gestaltung des Motivs auch die Drittelregel angewandt. Zu führenden Linien gibt es noch einiges mehr zu sagen, daher haben wir hier einen ganzen Artikel zu Leading Lines mit tollen Beispielen verfasst.
#6. Diagonalen und Dreiecke sorgen für Spannung
Es wird häufig gesagt, dass Dreiecke und Diagonalen dem Foto eine „dynamische Spannung“ verleihen. So wie das meine Schwiegermutter in verschiedensten Szenen immer wieder schafft :). Doch was verstehen wir eigentlich unter einer dynamischen Spannung? Es ist recht schwierig, dieses Phänomen in Worte zu fassen und mag ein wenig hochgestochen klingen.
Versuchen wir eine Erklärung. Gerade und senkrechte Linien deuten auf Stabilität hin, richtig? Wenn du eine Person siehst, die auf einer waagerechten Linie steht, erscheint sie sehr stabil. Stelle diese Person auf eine abfallende Oberfläche und sie scheint plötzlich nicht mehr so stabil. Dadurch entsteht ein gewisser Grad an visueller Spannung. Im alltäglichen Leben sind uns Diagonalen eher fremd. Sie suggerieren dem Unterbewusstsein, dass etwas instabil ist. Die Integration von Dreiecken und Diagonalen in deine Fotos hilft bei deiner Bildkomposition, um eine dynamische Spannung zu kreieren.
Natürliche und angedeutete Dreiecke
Der Einbau von Dreiecken in eine Szene ist ein besonders guter, effektiver Weg, um dynamische Spannung zu erzeugen. Dreiecke können Objekte mit einer natürlichen dreieckigen Form oder angedeutete Dreiecke sein. Ich erkläre dies gleich genauer.
Diese Aufnahme der Samuel Beckett Bridge in Dublin beinhaltet viele Dreiecke und Diagonalen. Die Brücke selbst ist ein natürliches Dreieck (sie soll die keltische Harfe von der Seite darstellen). Es gibt außerdem mehrere angedeutete Dreiecke. Beachte, dass alle führenden Linien an der rechten Seite des Bildes diagonal verlaufen und Dreiecke bilden, die sich alle am gleichen Punkt treffen. Hierbei handelt es sich um angedeutete Dreiecke. Diagonalen, die in unterschiedliche Richtungen abgehen, fügen ein hohes Maß an dynamischer Spannung hinzu. Auf diesem Bild kannst du erkennen, wie der Fotograf zwei Techniken der Bildkomposition verwendet hat. Weisst du welche? Richtig: führende Linien und Diagonalen.
Generell sind wir nicht daran gewöhnt, im Alltag Gebäude zu sehen, die in speziellen Winkeln fotografiert werden. Es bringt unser Gleichgewichtsgefühl durcheinander. Dadurch entsteht die visuelle Spannung. Versuche es selbst!
#7. Muster und Strukturen
Menschen fühlen sich von Mustern natürlich angezogen. Sie sind optisch attraktiv und deuten auf Harmonie hin. Muster können selbst geschaffen werden, beispielsweise durch eine Reihe von Bogengewölben oder durch die natürlichen Blüten einer Blume. Der Einbau von Mustern in deine Fotos ist immer eine gute Art und Weise, das Bild ansprechend zu gestalten. Auch ungewöhnliche Strukturen können für das Auge angenehm sein.
An diesem Foto mag ich insbesondere die Struktur der Steinarbeiten am Boden. Diese sind unregelmäßiger als jene von modernen Gebäuden, aber das Spiel mit Licht und Schatten auf der Oberfläche finde ich sehr ansprechend. Auch auf den Wänden und dem Torbogen der Passage finden sich interessante Strukturen. Sicher ist dir aufgefallen, dass auch hier wieder zwei Techniken verwendet wurden. Zum einen das Bild im Bild (Framing) durch den Steinbogen, andererseits das Muster am Boden und den Wänden.
#8. Die Regel der Quote
In der Welt der Fotografie gibt es sicherlich viele „Quoten“, doch die „Quotenregelung“ im Rahmen der Bildkomposition ist etwas vollständig Anderes. Diese Regel besagt, dass ein Bild visuell reizvoller ist, wenn es eine ungerade Anzahl an Hauptelementen gibt. Die Theorie beschreibt, dass eine gerade Anzahl an Objekten den Betrachter ablenkt, da er sich nicht sicher ist, auf welches Element er sich konzentrieren soll. Eine ungerade Anzahl an Elementen wirkt natürlicher und die Betrachtung ist für das Auge einfacher.
Dieses Foto ist ein Beispiel der Quotenregel. Ich habe die Szene mit den Bäumen absichtlich in drei Teile unterteilt. Ich denke, dass zwei Bäume keine gute Wahl gewesen wären und die Aufmerksamkeit des Betrachters abgelenkt worden wäre. Zufällig befand sich auch noch ein Hund am See, wodurch der Blick noch einmal etwas stärker gelenkt wird.
Um ehrlich zu sein, glaube ich nicht, dass die Regel in jedem Fall stimmt oder anwendbar ist. Doch in manchen Situationen ist diese Regel der Bildkomposition sehr praktisch. Was ist, wenn du vier Kinder hast? Wie entscheidest du dich, welches Kind du nicht mit auf das Bild nimmst? Wie du siehst, ist die Quotenregel nicht immer ganz einfach umzusetzen. Noch etwas… ist dir schon einmal aufgefallen, dass in der Natur praktisch nur ungerade Zahlen vorkommen? Ich bin kein Botaniker, aber als ich vorher kurz Draußen war, habe ich keine einzige Blume mit einer geraden Anzahl Blätter gefunden. Unterbewusst mag auch dies ein Grund dafür sein, warum wir ungerade Anzahlen sympathischer finden.
#9. Das gesamte Bild ausfüllen
Das gesamte Bild mit deinem Motiv auszufüllen, sodass nur wenig oder gar kein Platz im direkten Umfeld bleibt, kann in manchen Situationen sehr effektvoll sein. Diese Regel der Bildkomposition hilft, dass sich der Betrachter vollständig auf das Motiv konzentrieren kann. So kann er das Motiv sehr viel genauer untersuchen und darauf verweilen. Das wäre nicht möglich wäre, wenn es von weiter weg aufgenommen worden wäre.
In dem Foto des Towers auf der linken Seite stellst du fest, dass ich das ganze Bild nur mit dem Gebäude ausgefüllt habe, den unteren Teil und die Strasse habe ich abgeschnitten. Dadurch können sich die Betrachter vollständig auf Details wie die Muster und Linien konzentrieren. Auch an den Außenseiten des Gebäudes habe ich nur sehr wenig Platz gelassen. In diesem Foto sollen die architektonischen Details der Vorderseite des Gebäudes präsentiert werden.
Beim zweiten Bild mit der Katze kannst du dich auf die Augen oder Strukturen des Fells konzentrieren. Du kannst auch sehen, dass ich die Drittelregel als zweites Element der Bildkomposition verwendet habe.
#10. Negativer Raum
Wieder einmal widerspreche ich mir komplett! In der letzten Regel habe ich dir erzählt, dass du das Ausfüllen des Bildes eine gute Gestaltungsmethode und beliebte Bildkomposition ist. Und nun sage ich dir, dass das exakte Gegenteil auch eine gute Lösung ist. Viel leerer oder eben „negativer“ Raum um dein Motiv herum kann sehr attraktiv sein. Es schafft das Gefühl der Einfachheit und des Minimalismus. Genauso wie das Ausfüllen des Bildes hilft es dem Betrachter, sich auf das Hauptmotiv zu konzentrieren – ganz ohne Ablenkungen.
Dieses Foto mit dem Fischer und der Ente ist ein gutes Beispiel für diese Art der Bildkomposition, um die Nutzung negativen Raums darzustellen. Der Fischer ist offensichtlich das Hauptmotiv. Um ihn herum wurde durch den See viel Platz gelassen. Obwohl der Fischer nicht in der Mitte des Bildes ist, rücke ich ihn damit ins Zentrum und gebe ihm „Luft zum Atmen“. Die Gestaltung gibt dem Bild das Gefühl der Einfachheit. Es gibt nichts Kompliziertes in diesem Bild. Es geht um den Fischer, der fischt und eine kleine Ente, die ihres Weges zieht. Das war’s. Du willst mehr dazu? Hier gehts zum Tutorial zu positivem und negativem Raum.
#11. Einfachheit und Minimalismus
In der letzten Richtlinie haben wir gesehen, wie negativer Raum das Hauptmotiv umschließt und dadurch Einfachheit und Minimalismus schaffen kann. Einfachheit selbst kann ein leistungsfähiges Instrument der Bildkomposition sein. Es wird oft gesagt, dass weniger mehr ist. Einfachheit bedeutet häufig, Fotos mit unkomplizierten Hintergründen aufzunehmen, die nicht vom Hauptmotiv ablenken. Du kannst eine einfache Bildgestaltung vornehmen, indem du einen Teil deines Motivs in den Fokus nimmst und dich auf ein bestimmtes Detail konzentrierst. Lies hier ausführliche Tipps zu Einfachheit und Minimalismus in der Fotografie.
In diesem ersten Foto habe ich Wassertropfen an einem Grashalm im Garten herangezoomt. Es handelt sich um ein so simples Motiv, doch es ist gerade aufgrund seiner Einfachheit sehr schön. Ein gutes Makroobjektiv kann für diese Art Fotos sehr nützlich sein. Falls dich das Thema mehr interessiert, haben wir hier so einige Makrofotografie Tipps für dich.
Nutze einen sehr einfachen und geordneten Hintergrund, um die Aufmerksamkeit auf das eigentliche Motiv zu lenken. Dieses Foto nutzt „negativen Raum“, um das Gefühl von Einfachheit und Minimalismus zu schaffen.
#12. Das Motiv abgrenzen
Nutze eine geringe Tiefenschärfe, um das Motiv vom Hintergrund zu isolieren. Das ist eine sehr effektive Möglichkeit in der Bildkomposition, um deinen Bildaufbau zu vereinfachen. Durch die Nutzung einer offenen Blende wird der Hintergrund unscharf. Andernfalls könnte er vom Motiv ablenken. In meinem Tutorial zur Tiefenschärfe erfährst du mehr darüber, wie du die verschiedenen Blendeneinstellungen verwendest um diesen Effekt zu erreichen.
In diesem Foto eines Pfaus im Zoo habe ich die Blende auf f2.0 eingestellt, was sehr offen ist. Dadurch wider der Hintergrund unscharf. Die Aufmerksamkeit wird auf den Pfau gelenkt, da der verschwommene Hintergrund nichts mehr interessantes bietet. Diese Technik eignet sich wunderbar zur Vereinfachung eines Bildaufbaus. Vielleicht ist dir aufgefallen, dass ich die gleiche Technik angewandt habe wie bei den Wassertropfen. Die Aufmerksamkeit auf soll auf das Hauptmotiv gelenkt werden – wie in der Bildkomposition davor.
#13. Perspektive und Bildkomposition
Die meisten Fotos werden auf Augenhöhe aufgenommen. Unser empfinden für diese Perspektive ist irgendwie abgenutzt, da wir ja täglich alles auf dieser Höhe wahrnehmen. Andere Positionen und Perspektiven einzunehmen, kann als wahre Wundertechnik der Bildkomposition bezeichnet werden. Hoch von oben oder unten zu fotografieren kann ein Weg sein, um einen interessanteren und originelleren Bildaufbau eines Motivs zu erreichen. In der Naturfotografie ist man sich eher an spezielle Positionen gewöhnt. Naturfotografen bewegen sich viel, legen sich auf den Boden, knien nieder für Makroaufnahmen, klettern auf Berge für die besten Panorama-Fotografien. Als Fotograf aus einem anderen Bereich kannst du bei ihnen definitiv etwas abschauen und lernen.
- Immer, wenn ich eine Stadt besuche versuche ich, eine Aussichtsplattform zu finden. Von oben wirken Städte einfach besonders (siehe Bild oben).
- Fotografiere Kinder nie von oben, dadurch wirken sie noch kleiner als sie sowieso schon sind
- Tiere solltest du untweder aus der Froschperspektive, oder auf ihrer Höhe fotografieren.
- Das war ein kleiner Auszug aus unserem Artikel zu den besten Perspektiven. Lies noch mehr dazu und lerne einiges zur Totale, Kreativperspektive und mehr.
#14. Besondere Farbkombinationen
Farben werden als Instrument des Bildaufbaus häufig übersehen. Vor allem Grafikdesigner, Modedesigner und Designer von Innenräumen sind mit der Farbtheorie bestens vertraut. Manche Farbkombinationen ergänzen sich optimal und können daher dein Bild massiv aufwerten.
Schau dir den Farbkreis oben an. Du kannst erkennen, dass die Farben logisch in Segmenten des Kreises angeordnet sind. Farben, die sich auf dem Farbkreis gegenüber liegen, werden als „komplementäre Farben“ bezeichnet. Wir Fotografen können nach Szenen suchen, die Komplementärfarben enthalten, um einen attraktiven und eindrucksvollen Bildaufbau zu erreichen.
Ist dir aufgefallen, dass viele Filmposter blaue-gelbe Farbschemata anwenden? Natürlich wird dies mit Absicht gemacht, da sich diese beiden Farben gut ergänzen und aufsehen erregen.
Auch rot und hellblau sind komplementäre Farben des Farbkreises. Auf dem obigen Bild siehst du ein Model mit einem hellblauen Kleid. Beim Eintreffen des Models für ein Shooting achte ich immer auf die Kleidung. In diesem Fall habe ich die Dame dann bewusst vor dieser dunkelroten Backsteinwand positioniert, da die Farben komplementär sind und sich perfekt ergänzen. Mit der Drittelregel und dem unscharfen Hintergrund habe ich hier drei Regeln der Bildkomposition angewendet. Folgende Zusatz-Tipps für dich:
- Egal bei welchem Motiv, versuche eine zweite Komponente im Bild zu haben mit der Komplementärfarbe
- Achte auf Kleidung deiner Models
- Nutze die gelb/orange Töne während der blauen Stunde und wähle ein passendes Hauptmotiv dazu in der richtigen Farbe
- Halte immer einen Farbkreis in deiner Fototasche bereit
#15. Links-nach-Rechts-Regel
Es gibt eine Theorie die besagt, dass wir ein Bild von links nach rechts „lesen“. Genauso wie wir ein Buch lesen würden. Aus diesem Grund wird in der Bildkomposition empfohlen, dass jede Bewegung, von links nach rechts verlaufen soll. Das stimmt sicherlich… aber gilt die Regel für alle? Was ist mit Personen aus Ländern die nicht von links nach rechts lesen? Viele Sprachen werden von rechts nach links gelesen (Bsp. Arabisch) oder gar von oben nach unten. Um ehrlich zu sein habe ich schon viele fantastische Fotos gesehen, die von rechts nach links verlaufen.
Das Foto oben folgt der „Links-nach-Rechts“-Regel. Der Surfer hat eine tolle Welle erwischt und wird diese nun reiten bis mindestens an den rechten Bildrand. Dieses Foto hält sich auch an die „Regel des Raumes“ welche wir gleich als Nächstes kennenlernen werden.
#16. Regel des Raumes in der Bildkomposition
Die Regel des Raumes bezieht sich teilweise auf die vorherige Regel, also auf die Richtung in welche sich ein Motiv bewegt. Dazu kommt nun noch die Raum-Komponente. Es geht nicht nur mehr darum, dass sich das Motiv von links nach rechts bewegen kann, sondern dass auf der rechten Seite (oder Bewegungsrichtung) auch der entsprechende Raum/Platz für die Bewegung vorhanden ist.
Auf diesem Foto befindet sich das Boot auf der linken Seite des Bildes, da es von links nach rechts fährt. Beachte, dass es viel mehr Platz vor dem Boot gibt – also in Fahrtrichtung. Es kann sozusagen in die rechte Bildhälfte hereinfahren. Damit können wir es uns im Geist vorstellen, wie sich das Boot in diese Richtung bewegt. Wir haben außerdem eine unterbewusste Tendenz, in die Richtung zu schauen, in welche sich das Objekt bewegt. Wenn sich das Boot oben an der rechten Seite des Bildes befunden hätte, würden wir aus dem Foto geführt! So ist die Bildkomposition aber korrekt und verleiht dem Betrachter Zeit, denn das Boot wird nicht gleich um die Ecke verschwinden.
Neuer Rekord, in diesem Bild haben wir 8 Regeln der Bildkomposition angewandt:
- Komplementärfarben (Orange/Blau)
- Links-nach-Rechts
- Drittelregel
- Regel des Raumes
- Negativer Raum
- Regel der Quote (1 Schiff = ungerade)
- Diagonalen und Dreiecke
- Führende Linien (Horizont / Geländer)
Portraitfotos – auch hier zählt der Raum
Die Regel des Raumes muss in der Portraitfotografie unbedingt und praktisch ausnahmslos angewendet werden. Aus meiner Sicht sind Portraits schlicht unbrauchbar, die dies nicht beachten. Die Regel des Raumes besagt ja, dass die Motive ins Bild, anstatt nach außen sehen müssen. Wenn du die beiden Bilder vergleichst, fällt dir der Unterschied sofort auf. Der Oberkörper des Mannes dürfe sich sogar im ersten (korrekten) Bild noch etwas mehr dem offenen Raum zuwenden. In solchen Fällen sind ganz klare Anweisungen von dir als Fotograf gefragt.
#17. Balance – Elemente in der Szene ausgleichen
Die erste Richtlinie zur Bildkomposition, die wir uns angesehen haben, war eine Anleitung zur Drittelregel. Die Anwendung der Drittelregel bedeutet, dass wir das Hauptmotiv des Fotos oftmals an die Seite des Bildes stellen – entlang einer der senkrechten Rasterlinien. Von Zeit zu Zeit führt dies zu fehlendem Gleichgewicht in der Szene und es entsteht eine Art „Leere“ im Bild.
Um diese Leere auszugleichen, kannst du dein Bild so aufbauen, dass du einen zweiten Gegenstand mit geringerer Wichtigkeit und Größe an die andere Seite des Bildes platzierst. Dies balanciert den Bildaufbau aus, ohne zu viel Fokus vom Hauptobjekt des Fotos zu nehmen.
Sieh dir dieses Foto des Tänzerpaares in New York an. Das Paar selbst füllt die linke Seite des Bildes aus. Die Freiheitsstatue in der Ferne bildet ein Gegengewicht auf der anderen Seite des Bildes. Die Balance in einem Foto ist so wichtig, dass wir auch dazu eine spannende Anleitung geschrieben haben.
Balance in der Fotografie führt zu Regel-Bruch
Dir ist vielleicht aufgefallen, dass diese Szene gegen die Vorsätze des negativen Raumes verstößt, die ich unter Punkt 10 aufgeführt habe. Es widerspricht außerdem der Regel der Quote, da wir nun eine gerade Anzahl an Elementen in der Szene haben. Ganz am Anfang dieses Tutorials habe ich gesagt, dass es keine unumstößlichen Regeln gibt in der Bildkomposition. Einige der hier genannten Regeln widersprechen sich, aber das geht in Ordnung. Einige Richtlinien funktionieren nur bei einer bestimmten Art der Fotografie, andere wiederum tun dies nicht. Letztlich geht es neben der Theorie darum, dass du selbst beurteilen lernst, wann eine Regel Sinn ergibt.
Das obige Foto wurde in Stockholm aufgenommen. Wieder einmal dominiert eine Statue die eine Seite des Bildes. Das Segelschiff in der Ferne bietet einen Ausgleich auf der anderen Seite.
Dies hat außerdem einen Nebeneffekt auf den Bildaufbau. Das Segelschiff in der Ferne ist natürlich viel größer als die Statue, doch es erscheint kleiner, da es weiter weg ist. Dadurch entsteht ein Gefühl der Tiefe und Gleichgewicht in der Aufnahme.
#18. Gegenüberstellung
Die Gegenüberstellung ist ein sehr kraftvolles Instrument in der Bildkomposition. Sie bezieht sich auf die Integration von zwei oder mehr Elementen innerhalb einer Szene. Entweder um sich zu differenzieren oder um sich zu ergänzen. Beide Herangehensweisen können sehr gut funktionieren und spielen eine große Rolle, damit ein Foto eine Geschichte erzählen kann.
Sieh dir dieses Fotos aus Boston an. In Mitte des Bildes befinden sich das älteste öffentliche noch erhaltene Gebäude in Boston. Erbaut wurde das Schmuckstück namens „Old State House“ im Jahr 1713. Längst wird es überragt von riesigen Wolkenkratzern. Dieses „kleine“ Haus ist in diesem Umfeld der Inbegriff von Ordnung und Beständigkeit – erinnert an alte Werte. Heute gehören beide Welten zu Boston. Die unterschiedlichen Gebäude erzählen uns von zwei verschiedenen Seiten die Geschichte einer Stadt.
Das nächste Foto habe ich in Kuba aufgenommen, in Havanna, wie du wahrscheinlich schon erraten hast. In diesem Bild fühlt sich der alte Classic Car zu Hause, mit einer typischen Kubanischen Kulisse im Hintergrund. Wer schon einmal dort war, kennt diese Szenerie. Immer wieder stößt man auf kleine Hinterhöfe und halb zerfallene Gebäude. Die beiden Elemente ergänzen sich großartig. Scheint schon fast präpariert dieses Bild. Tatsächlich habe ich es aber genau so angetroffen.
#19. Goldene Dreiecke
Bist du noch da? Wir haben es fast geschafft … versprochen. Der Bildaufbau nach den goldenen Dreiecken ähnelt der Drittelregel sehr. Anstatt eines Rasters mit Rechtecken teilen wir das Bild hier jedoch in diagonale Linien, die von einer Ecke zur anderen verlaufen. Wir fügen dann zwei zusätzliche Linien von den anderen Ecken zur diagonalen Linie hinzu. Die beiden kürzeren Linien treffen die längere Linie im rechten Winkel, wie unten dargestellt. Dadurch wird das Bild in eine Reihe von Dreiecken zerteilt. Wie du erkennen kannst, hilft dir dieser Bildaufbau, ein Element der „dynamischen Spannung“ hinzuzufügen, wie wir es unter Punkt 6 erklärt haben. Genauso wie bei der Drittelregel, nutzen wir die Linien (der Dreiecke in diesem Fall), um die verschiedenen Elemente der Szene zu platzieren.
Das obige Foto enthält starke Diagonalen, die den Linien der „goldenen Dreiecke“ folgen. Die Laternen der Brücke bilden die führende Linie, die von der linken oberen Ecke bis zur rechten unteren Ecke führt. Die grosse Laterne auf der linken Seite befinden sich nah an der kürzeren, linken Diagonale. Die Statue etwas weiter hinten wurde entlang der kürzeren rechten Linie positioniert.
#20. Goldener Schnitt und Spirale
Was ist der Goldene Schnitt? Grundsätzlich ist es sehr einfach: zwei Mengen gehören zum Goldenen Schnitt, wenn sie im gleichen Verhältnis stehen wie das Verhältnis ihrer Summe zum größeren der beiden Mengen. Wie bitte? Denjenigen, denen das zu kompliziert war, hilft vielleicht die mathematische Formel:
Nun bist du noch verwirrter?
Es stimmt schon, die Methode des Goldenen Schnittes in der Fotografie für die Bildkomposition kann zunächst sehr komplex erscheinen. In Wahrheit ist es recht einfach. Er ist eigentlich nur eine etwas kompliziertere Version der Drittelregel. Anstatt eines standardmäßigen Gitternetzes wird der Rahmen in eine Anzahl von Rechtecken geteilt, wie die folgenden Beispiele zeigen. Dieses ist als „Phi“-Gitternetz bekannt. Du kannst die Rechtecke dann nutzen, um eine Spirale zu zeichnen, die einem Schneckenhaus ähnelt. Sie wird als „Fibonacci-Spirale“ bezeichnet. Die Rechtecke helfen, die Elemente im Bild zu platzieren und die Spirale gibt uns eine Vorstellung darüber, wie die Szene fließen sollte. Man könnte sie mit einer unsichtbaren Führungslinie vergleichen.
Es wird angenommen, dass es die Methode der Goldenen Spirale beim Bildaufbau seit mehr als 2.400 Jahren gibt und dass sie im alten Griechenland entwickelt wurde. Sie wird in verschiedenen Kunstbereichen, sowie auch in der Architektur zum Aufbau ästhetischer Gebäude eingesetzt. Besonders in der Kunst der Renaissance wurde sie professionell angewandt. In unserem Artikel über die Goldene Spirale findest du ausführliche Tipps und auch ein Photoshop Raster mit der Spirale zum Download.
Ich muss hier etwas zugeben. Ich habe ein Foto niemals absichtlich mit der Anwendung des Goldenen Schnitts aufgebaut. Wenn ich mir allerdings meine alten Fotos ansehe, habe ich gemerkt, dass ich sie ein paar Mal unbeabsichtigt richtig genutzt habe. Hier habe ich ein komplettes Tutorial zur Fibonacci Spirale geschrieben.
Wie kannst du alles im Kopf behalten?
Natürlich wäre es kaum möglich, alle diese Richtlinien zur Bildkomposition ständig im Kopf zu behalten und vor allem präsent zu haben. Dein Gehirn würde schmelzen, wenn du bei jedem Foto krampfhaft versuchen würdest, dich an alles zu erinnern! Allerdings wäre es eine gute Übung, eine oder zwei Regeln immer wieder bewusst zu nutzen. Wenn du das nächste Mal das Haus verlässt, dann lies vorher kurz nochmal diesen Artikel und gestalte einige Bilder ganz bewusst und strikt nach Vorgabe. Ein anderes Mal lässt du die Regeln komplett weg und vergleichst anschließend die Resultate.
Nach kurzer Zeit setzt du diese Richtlinien selbstverständlich ein. Du fängst an, sie ganz natürlich zu verwenden, ohne dass du noch darüber nachdenken musst. Wie du aus dem goldenen Schnitt erkennen kannst, habe ich eine von ihnen angewendet, ohne es überhaupt zu ahnen!
Ich hoffe, du kannst diese Tipps nutzen und dass sie dir helfen werden, deine Fotografie einen Schritt voranzubringen. Viel Glück! Ich freue mich außerdem über einen Kommentar von dir!
31 Gedanken und Fragen