Bracketing – Belichtungsreihe Anleitung und Tipps
Eine der nützlichsten Techniken in der Fotografie ist das Bracketing – im Deutschen mehr als „Belichtungsreihe“ bekannt. Um was geht es dabei? Einfach gesagt, um das Fotografieren mehrerer Fotos desselben Motivs mit unterschiedlichen Kameraeinstellungen. Ziel ist es, das Bild mit verschiedenen Helligkeiten zu fotografieren. Die Belichtung ist dabei nicht der einzige veränderbare Faktor. Dieser Artikel erklärt alles, was du über Belichtungsreihen wissen musst.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Bracketing?
Bracketing bedeutet, dass du eine Folge von Fotos aufnimmst und gleichzeitig die Kameraeinstellungen von Aufnahme zu Aufnahme änderst. Das bedeutet, dass du am Ende zwei oder mehr Fotos derselben Szene hast, mit nur ein paar Unterschieden in jeder Szene. Betrachten wir einmal das Beispiel der Belichtung. Dies ist die häufigste Art des Bracketings in der Fotografie. So erhält man in der Regel ein Foto, das zu dunkel ist, ein Foto, das zu hell ist, und eines mit einer optimalen Belichtung.
Du kannst das Bracketing aber auch auf andere Parameter, wie zum Beispiel den Fokus anwenden. Dann erhältst du ein Foto, dessen Hintergrund scharf ist, eines, dessen Vordergrund scharf ist und eines, bei dem die Schärfe etwa in der Mitte liegt. In diesem Fall spricht man aber dann schon von Focus Stacking. Auf den ersten Blick nimmt die Belichtungsreihe nur Speicherplatz in Anspruch und verschwendet Zeit – vor allem, wenn du genau weisst, welche Einstellungen du für dein Bild benötigst. PS: Falls du bereits jetzt mit zu wenig Speicherplatz kämpfst, dann schau dir hier unseren Vergleich der Online Speicher Anbieter an.
Aber es gibt zwei sehr gute Gründe, warum Belichtungsreihen in der Fotografie so hilfreich sind.
1. Mit Bracketing auf Nummer sicher gehen
Erstens: egal wie sicher du dir deiner Kameraeinstellungen bist, du könntest falsch liegen. Auch wenn du drei verschiedene Aufnahmen planst wie eine überbelichtete, eine unterbelichtete und eine korrekte, so wirst du deine Erwartungen nicht sicher treffen. Stattdessen kannst du ein unterbelichtetes Foto, ein drastisch unterbelichtetes Foto und eines, das korrekt ist, aufnehmen. Hast du den Unterschied bemerkt? Ziel ist es, die Einstellungen nur in eine Richtung vorzunehmen. Von sehr dunkel bis korrekt, oder von sehr hell bis korrekt, aber nicht von dunkel bis zu hell.
Kennst du schon meine 52 weltbesten Spickzettel?
Niemand kann die Bilder auf dem Kameradisplay perfekt beurteilen, besonders bei kontrastreichem Licht oder anderen schwierigen Bedingungen. Das Bracketing ist also eine Möglichkeit einer Vorsichtsmassnahme gegen häufige Fehler zu verstehen, die du möglicherweise bei der Belichtung machst. Besonders bei wichtigen Bildern lohnt sich diese risikoarme Technik.
Beispiel
Persönlich finde ich es in der Landschaftsfotografie manchmal schwierig, kleine Highlights am Himmel zu belichten, ohne sie auszublassen (d.h. völlig weiss zu machen). Normalerweise könnte das, was ich als „vorsichtige Belichtung“ betrachte, immer noch überbelichtet sein. Bracketing hat meine Fotos in mehr als ein paar solcher Fälle gerettet. Hier sind zum Beispiel drei unbearbeitete Kamerabilder (ja, inklusive schöner Sensorflecken?):
Hätte ich bei den obigen Bildern nicht die Bracketing Methode angewandt, könnte ich das mittlere Bild nun nicht verwenden. Zu Beginn habe ich das linke (dunkelste) Bild geschossen und war eigentlich zufrieden damit. Jedoch erwies sich in der Nachbearbeitung das Mittlere als viel besser geeignet.
2. Fotos zusammenführen
Manchmal ist die Belichtungsreihe die einzige Möglichkeit, das von dir gewünschte Foto aufzunehmen (in Kombination mit einer späteren Nachbearbeitung). Wenn du beispielsweise eine Szene mit sehr hohem Kontrast aufnimmst, kann es sein, dass ein Foto nicht ausreicht. Eine einzige „normale“ Belichtung führt zu zu hellen Lichtern, die gleichzeitig zu dunklen, verrauschten Schatten führen. Obwohl sich dieses Problem mit einem Grauverlaufsfilter manchmal umgehen lässt, ist die praktischere Option in vielen Fällen, die Dinge digital zu erledigen. Mache ein unterbelichtetes Foto, damit die Highlights gut aussehen, und ein überbelichtetes Foto, damit die Schatten richtig sind. Kombiniere dann die besten Teile jedes Fotos zu einem HDR-Bild oder Luminanzmix.
Du kannst natürlich auch über eine Mischung aus nur zwei Fotos hinausgehen. Am häufigsten verwendet man drei Fotos. Persönlich mag ich es nicht, Belichtungen mit grossen Differenzen zu kombinieren, da die Übergangsbereiche sonst anfangen, körnig und seltsam auszusehen. Wenn ich also weiss, dass ich eine HDR-Fotografie brauche, fotografiere ich in der Regel drei Bilder. Die Bilder im vorherigen Abschnitt ergeben zusammengenommen einen guten HDR (high dynamic range).
Beispiel
Dasselbe gilt für das Foto unten, das von einer ziemlich kontrastreichen Szene aufgenommen wurde. Dies ist eine Mischung aus drei Bildern:
Hier geht jedoch das Bracketing weit über das Mischen einer Reihe von Bildern hinaus. Wir haben bereits einen ausführlichen Artikel über Focus Stacking – eine weitere Technik, die für dieses Thema sehr relevant ist – geschrieben. Insbesondere, wenn du mehrere Aufnahmen machst, die auf verschiedene Punkte fokussiert sind, kannst du die besten Teile von jedem einzelnen zu einem gestochen scharfen Ergebnis kombinieren. Dies gilt auch als Belichtungsreihe, da es sich um mehrere Fotos derselben Szene handelt und die Kameraeinstellungen von einer Szene zur nächsten variieren. Es ist etwas, das viele Landschafts– und Makrofotografen verwenden, um ihre Tiefenschärfe künstlich zu erweitern.
Wie man Belichtungsreihen macht
Der eigentliche Prozess der Belichtungsreihe ist einfach. In jedem halbautomatischen Modus änderst du einfach deine Belichtungskorrektur von Aufnahme zu Aufnahme. Im manuellen Modus änderst du einfach eine der „grossen drei“ Einstellungen manuell: Blende, Verschlusszeit oder ISO. Ausserdem kannst du heutzutage mit fast jeder Kamera eine automatische Belichtungsreihe mit einer Option im Menü einrichten. Wenn diese Option aktiviert ist, ändert deine Kamera automatisch die Einstellungen von Aufnahme zu Aufnahme, anstatt dass du sie manuell ändern musst.
Einige Kameras erlauben nur die Belichtungsreihenfolge, während andere über Belichtungsoptionen für JPEG-Einstellungen, Weissabgleich und andere Kameraeinstellungen verfügen. Obwohl Belichtungsreihen heute im Menü der meisten Kameras zu finden sind, kannst du in der Regel eine benutzerdefinierte Taste zuweisen, um schneller darauf zugreifen zu können. Einige Kameras haben sogar eine spezielle Bracketing-Taste, obwohl das heute weniger verbreitet ist:
Unsere Empfehlungen für die Nutzung von Bracketing
So oder so empfehlen wir, die in der Kamera integrierte Belichtungsreihe zu wählen. Entscheidend ist, dass du so den Satz von Fotos schneller aufnehmen kannst, als wenn du die Kamera manuell bedienst. Wenn deine Kamera beispielsweise auf Hochgeschwindigkeitsserienaufnahmen eingestellt ist, kannst du möglicherweise ein HDR mit fünf Bildern in weniger als einer Sekunde aufnehmen. Wenn sich etwas auf deinem Foto bewegt, ist es so viel wahrscheinlicher, dass deine Mischung später erfolgreich ist.
Welche Belichtungseinstellung solltest du tätigen?
Vorhin habe ich erwähnt, dass es wichtig ist, die Belichtungseinstellung sorgfältig auszuwählen. Auch wenn du Verschlusszeit, Blende und ISO einfach einstellen kannst, wirst du mit einigen Ergebnissen glücklicher sein als mit anderen.
Blende
Die Blende ist oft die schlechteste Wahl der drei Einstellungen, die du anpassen kannst. Warum? Weil sie neben der reinen Belichtung auch die Tiefenschärfe beeinflusst. Wenn du versuchst, eine HDR-Serie von f/4 bis f/5,6 bis f/8 zu erstellen, kann das Ergebnis sehr seltsam aussehen (mit unnatürlichen Übergängen von verschwommenen zu scharfen Bereichen). Eine Fünf-Bilder-Serie wäre noch schlechter. Viele der einzelnen Fotos haben nicht mehr die richtige Tiefenschärfe und sind daher unbrauchbar. Stelle dir vor, wie ärgerlich es wäre, wenn deine gute Belichtung einer Szene die falsche Tiefenschärfe hätte…
ISO
Auch der ISO Wert ist nicht ideal für die Anpassungen, da deine Aufnahmen bei jedem ISO unterschiedliche Bildqualitätsstufen haben. Ein HDR von ISO 400, 800 und 1600 Aufnahmen wird dir nicht viel Verbesserung gegenüber einem einzelnen ISO 400 Bild mit Schattenwiederherstellung in der Nachbearbeitung bringen. Verstehe mich nicht falsch – Belichtungsreihen sind bei höheren ISOs immer noch eine gute Idee, wenn du auf Nummer sicher gehen und in schwierigen Situationen die Highlights nicht ausblenden willst. Denke nur daran, dass eine HDR-Serie von verschiedenen ISO-Aufnahmen nicht wesentlich besser sein wird als ein einzelnes Bild in derselben Qualität.
Verschlusszeit
Die dritte Einstellung ist die Verschlusszeit. Diese Belichtungseinstellung solltest du nach Möglichkeit immer zuerst anpassen. Besonders wenn du mit einem Stativ fotografierst und dein Motiv sich nicht bewegt, ist es ein absolutes Kinderspiel. Die Verschlusszeit ist in diesem Fall der richtige Weg. In Szenen mit sich schnell bewegten Motiven und dem Potenzial für Bewegungsunschärfe hast du jedoch möglicherweise nicht die Flexibilität, die Verschlusszeit zu begrenzen. In diesen Fällen ist der ISO oft die bessere Wahl. Auch wenn du das Problem mit Blende-Bracketing lösen könntest, rate ich dir immernoch davon ab. Als Fazit stellen wir folgende Reihenfolge auf, nach welcher du versuchen solltest, die unterschiedlichen Belichtungen zu erhalten:
- Verschlusszeit
- ISO
- Blende
Noch ein Tipp…
Als Nebenbemerkung empfehle ich dir, für die Belichtungsreihe entweder den manuellen oder den Blendenprioritätsmodus (bei ausgeschaltetem Auto ISO) zu verwenden. Andernfalls kann es vorkommen, dass du unbeabsichtigt die Blende oder die ISO-Einstellung verwendest, wenn du stattdessen die Verschlusszeit anpassen willst.
Fokus Bracketing erklärt
Die Fokus-Reihe (Focus Stacking) ist einfacher als die Belichtungs-Reihe, da nur eine Einstellung berücksichtigt wird: die Fokus-Entfernung. Hier besteht dein Ziel in der Regel darin, die Bilder später in der Nachbearbeitung mit verschiedenen Fokusebenen zu stapeln. In einigen Fällen – wie z.B. bei einem Gruppenfoto, bei dem man alle scharf sehen muss, aber nicht genau weiss, worauf man sich mit dem Fokus konzentrieren soll, gibt es immer noch diese Methode, um auf Nummer sicher zu gehen.
Überlagerung der Tiefenschärfe
Das Fokus Bracketing funktioniert am besten, wenn du deine Tiefenschärfe von Aufnahme zu Aufnahme in gleichmässigen Abständen anpasst. Falls deine „Schritte“ zu gross sind, könntest du am Ende ein Foto erhalten, das sehr seltsam aussieht: scharf, verschwommen, scharf, verschwommen, verschwommen, scharf und so weiter von der Vorderseite des Rahmens nach hinten.
Wenn du den Fokus manuell scharf stellst, empfehle ich dir, Fotos mit kleineren Schritten zu machen, als du es anfangs planen würdest. Wenn du genug Zeit hast, dann vergrössere die Live-Ansicht und überprüfe jedes Foto um sicherzustellen, dass die Übergänge glatt sind. Beachte jedoch, dass die Vorschau auf dem hinteren LCD der Kamera sehr anders aussieht als die in Originalgrösse auf einem grossen, hochauflösenden, kalibrierten Monitor.
Nutzung der integrierten Fokusvariation fürs Bracketing
Viele Kameras verfügen heute über eine integrierte Fokus-Variations-Funktion, um diesen Prozess zu vereinfachen. Konzentriere dich einfach auf das nächstgelegene Motiv, sag der Kamera, wie viele Fotos aufgenommen werden sollen und wähle eine passende Schrittweite. Auch hier empfehle ich, niedrige Abstände zu wählen. Es ist auch eine gute Idee, diese Funktion vorab zu testen, damit du weisst, wie du sie richtig verwendest musst.
Andere Typen des Bracketing
Theoretisch kann sich Bracketing auf so ziemlich jede Variable in der Fotografie beziehen. Du kannst Weissabgleich, JPEG-Einstellungen, Reduzierung von Bildrauschen, Blitzeinstellungen, Brennweite und vieles mehr einstellen. Wenn du zum Beispiel nicht genau weisst, welche Schärfentiefe du brauchst, kann es sich lohnen, das Bracketing auf deine Blende anzuwenden. Oder für die Milchstrassenfotografie kannst du Fotos mit verschiedenen ISO- und Verschlusszeiteneinstellungen aufnehmen, um die beste Kombination aus Rauschverhalten und minimalen Sternenspuren zu erhalten.
Persönlich betrachte ich die Komposition sogar als Teil der Belichtungsreihen, und das Gleiche gilt für andere Variablen wie die Tageszeit, zu der man ein Bild macht. Manchmal wirst du am Ende zwei oder drei Fotos von derselben Stativposition aus machen, aber dreissig Minuten auseinander. Eines nachts, eines in der blauen Stunde und eines bei Sonnenaufgang. Einige Fotografen betrachten dies nicht als „Bracketing“ im eigentlichen Sinne, aber es ist mir egal, wie sie es nennen. Schliesslich bleibt dein Ziel die Verbesserung der Chancen auf ein tolles Bild.
Wann du das Bracketing benutzen sollst und wann nicht
So nützlich Bracketing auch ist, es lohnt sich nicht immer diese Methode zu benutzen. Insbesondere Belichtungsreihen nützten nichts, wenn du bereits genau weisst, welche Belichtung du möchtest. Es füllt deine Speicherkarte einfach schneller auf. Darüber hinaus kann die Belichtungsreihe zusätzliche Zeit in Anspruch nehmen.
Bracketing-Verbot
Der schwerwiegendste Grund das Bracketing zu vermeiden sind Szenen mit schnellen Bewegungen wie bei Action- oder Sport-Fotografien. Bist du zum Beispiel ein Hundefotograf und der Hund rennt auf dich zu, ist die Verwendung von Bracketing sehr schwer bis unmöglich. Bracketing bedeutet in diesem Fall, dass du zwei von drei Aufnahmen in deiner Sequenz verpasst – möglicherweise auch den besten Moment der Aktion. Ein zu grosses Risiko, da die Chancen auf ein gutes Bild damit nicht besser, sondern eher geringer werden. In diesem Fall stützt du dich also besser auf deine Erfahrung und die Belichtungswaage, und stellst du Belichtung manuell korrekt ein. In solchen Fällen nehme ich mit kurz Zeit und arbeite mit der Belichtungsmessung meiner Kamera.
Das Bracketing wäre beim obigen Foto keine gute Idee gewesen, da es die Chancen auf eine schlechte Belichtung erhöht hätte, währenddem die Vögel am besten platziert waren.
Architekturfotografie, Landschaftsfotografie, Studiofotografie und so weiter sind viel bessere Anwedungsgebiete. Dort hast du auch viel Zeit, um deine Motive oder Fotos in Szene zu setzen. In einigen zeitkritischen Fällen solltest du auch die Belichtungsreihen aktivieren, nachdem du bereits die deiner Meinung nach richtige Aufnahme gemacht hast. Zum Beispiel ist es keine schlechte Idee, die Belichtungsreihen zu aktivieren und für alle Fälle weiter zu fotografieren, obwohl du das gewünschte Tierfoto bereits gemacht hast.
Bracketing Challenge
Heute habe ich eine knifflige fotografische Aufgabe für dich, welcher die meisten Fotografen wohl nicht gewachsen sind:
Erstelle ein Landschaftsbild, bei welchem du durch die hyperfokale Distanz den perfekten Fokuspunkt gefunden hast, und erstelle damit mit Verschluss Bracketing ein kontrastreiches HDR Bild.Foto Challenge
Zusammenfassung
Obwohl es sich nicht um eine Methode handelt, die du für jedes Foto verwenden solltest, haben das Bracketing und somit auch die Belichtungsreihen das Potenzial, deine Anzahl der guten Bilder unter den richtigen Bedingungen deutlich zu verbessern. Als Landschaftsfotograf nutze ich diese Methode oft, um auf Nummer sicher zu gehen, oder um später ein HDR-Bild zu erstellen.
9 Gedanken und Fragen