Gegenlicht meistern ᐅ 10 Tipps zum Fotografieren gegen die Sonne
Das Fotografieren gegen die Sonne führt leider oft zu schlechten Aufnahmen – dabei könnten mit Gegenlicht so schöne Fotos entstehen! In diesem Artikel werde ich meine Erfahrung mit dir teilen und dir meine Technik etwas näherzubringen. Am Ende kannst auch du das Gegenlicht für atemberaubende Schnappschüsse verwenden – garantiert!
In der Fotografie dreht sich alles um Licht. Im Grunde beginnt alles mit dem Licht und geht von dort aus weiter. Für mich persönlich ist das Fotografieren im Gegenlicht ein absoluter Shooting-Favorit, da so viele Möglichkeiten daraus entstehen. Keine Szene ist wie die andere. Verschiedene Lichtintensitäten, Einstrahlwinkel, Dichte, Winkel und Farben machen eine generelle Regel unmöglich. Mache dich daher mit den verschiedenen Arten des Lichts vertraut.
Stelle dir folgende Fragen, bevor du den Auslöser drückst:
- Welche Art von Licht hast du zur Verfügung?
- Wo sind die Lichter und wo sind die Schatten?
- Wird die Kamera das Licht in der Szene korrekt messen?
- Musst du die Belichtungseinstellungen manuell anpassen?
Natürliches Licht als Hauptlichtquelle kann die lebhaften Farben deines Motivs wirkungsvoll zur Geltung bringen. Der goldene Schein, der dein Motiv umgibt, verleiht deinem Foto einen dramatischen Effekt. Währenddessen erzeugt das weiche, diffuse Gegenlicht einen romantischen und verträumten Effekt, der deine Aufnahmen erheblich verbessern kann.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist Gegenlicht?
- Wie erhalte ich den Gegenlichteffekt?
- Dunkle Gesichter wegen Gegenlicht?
- Welche Effekte kannst du mit Gegenlicht erzeugen?
- 1. Die richtigen Kamera-Einstellungen
- 2. Die beste Zeit für Gegenlichtaufnahmen
- 3. Motiv mit Reflektor aufhellen
- 4. Position ändern bei Gegenlicht
- 5. Aufhellblitz verwenden
- 6. Mache dich mit dem Spotmeter vertraut
- 7. Weissabgleich bei Gegenlicht
- 8. Vermeide Himmel hinter dem Motiv
- 9. Stell dich in den Schatten
- 10. Lens Flare bei Gegenlicht
- 11. Zu guter letzt: Die Nachbearbeitung
- Fazit und Video
Was ist Gegenlicht?
Gegenlicht beschreibt eine Lichtsituation, bei der die Hauptlichtquelle hinter dem Motiv positioniert ist. Eine technische Definition des Begriffs „Gegenlicht“ gibt es in dem Sinne also nicht. Gegenlichtaufnahmen werden meist für als Porträts im Frühjahr oder Sommer gemacht, wenn die Sonne am hellsten und wärmsten ist.
Kennst du schon meine 52 weltbesten Spickzettel?
Wie erhalte ich den Gegenlichteffekt?
Den gewünschten Gegenlichteffekt kannst du einfach mit natürlichem Licht wie der Sonne erreichen. Richte dich und die Kamera gegen die Sonne aus und positioniere dein Motiv zwischen dir und der Sonne. Am besten gelingts, wenn die Sonne bereits relativ tief steht. Mit diesem Setup kannst du spannende Bilder erschaffen. Das Motiv wird von hinten beleuchtet, was es dann umrahmt und einen dramatischen Effekt erzeugt. Das Ergebnis ist eine traumhafte Silhouetten– oder Porträtaufnahme.
Hast du’s gewusst?
Viele Fotografen (vor allem Anfänger) glauben, dass möglichst viel Licht die Lösung für alle fotografischen Probleme ist. Das ist ein Irrglaube. In Wirklichkeit ist die Richtung des Lichts viel wichtiger als die Menge des Lichts.
Viele Fotografen (vor allem Anfänger) glauben, dass möglichst viel Licht die Lösung für alle fotografischen Probleme ist. Das ist ein Irrglaube. In Wirklichkeit ist die Richtung des Lichts viel wichtiger als die Menge des Lichts.
Dunkle Gesichter wegen Gegenlicht?
Vielleicht bist du genau wegen dieser Frage hier. Wie kann man gegen die Sonne fotografieren, ohne dass alle Gesichter zu dunkel werden und nichts mehr erkennbar ist? Diese Frage beschäftigt jeden Fotografen irgendwann. Wirklich jeden. Die einfache Antwort ist: Stelle deine Szene um.
- Positioniere die Personen anders (dass die Sonne ins Gesicht scheint)
- Wähle eine andere Perspektive – bewege dich
- Wähle dein Position so, dass die Lichtquelle versteckt wird (z.B hiner einem Baum, einem Berg oder sonst einem grossen Objekt). Damit unterbrichst du das Licht.
- Reflektiere das Licht mit einem Reflektor auf das Gesicht deines Models
Aber eigentlich wäre es doch besser, das Gegenlicht für schöne Effekte einzusetzen.
Welche Effekte kannst du mit Gegenlicht erzeugen?
Wenn du das Gegenlicht richtig einsetzt, kannst du mehr Tiefe und eine emotionale Ästhetik in deine Fotos bringen. Der erste Schritt zur Beherrschung der Gegenlichtfotografie besteht darin, den Einfluss von Gegenlicht auf dein Bild zu verstehen. Zu den wichtigsten Effekten des Gegenlichts gehören:
- Dramatik. Gegenlicht kann einen dramatischen Kontrast zwischen dem Motiv und dem Hintergrund erzeugen. Dazu kommen klare Linien und die Abgrenzung des Motivs. Dies ist besonders bei Porträtaufnahmen im Freien eine wunderbare Technik.
- Tiefe. Gegenlichtaufnahmen betonen die Tiefe hinter dem Motiv und geben den Bildern einen größeren Sinn für den Ort.
- Traumeffek. Kenst du diese Portraitfotos mit dem „cremigen“, sanften untergrund, welche dich sofort in eine Traumwelt entführen? Dazu habe ich einen separaten Artikel geschrieben: Verträumte Portraits.
Mit den folgenden Gegenlicht-Tipps kannst du all diese Effekte erreichen.
1. Die richtigen Kamera-Einstellungen
Der erste Schritt zur Aufnahme eines richtig belichteten Gegenlichtfotos: Stelle deine Kamera in den manuellen Modus M. Warum? Du musst die Einstellungen selbst kotrollieren, da Kameras für einfache, frontal beleuchtete Aufnahmen kalibriert sind und oft Probleme mit der automatischen Fokussierung und der Anpassung der Einstellungen für Gegenlicht haben.
Um ein gutes Gegenlichtfoto aufzunehmen, musst du das Bild oft leicht überbelichten. Damit erreichst du, dass die Vorderseite des Motivs dunkler ist als der Bereich, der es unmittelbar umgibt.
Starte mit folgenden Kamera-Einstellungen bei Gegenlicht:
- Offenen Blende zwischen f/2.0 und f/5.6
- ISO-Wert von etwa 100
- Verschlusszeit zwischen 1/100 und 1/640 Sekunde
Schiesse ein paar Testfotos und passe deine Einstellungen dann laufend an.
2. Die beste Zeit für Gegenlichtaufnahmen
Du hast bereits erfahren, dass die Sonne und das Licht hinter dem Motiv sein müssen, um gegen die Sonne fotografieren zu können. Daher musst du früh am Morgen, direkt nach Sonnenaufgang oder spät am Abend, kurz vor Sonnenuntergang fotografieren.
Diese Randstunden sind aus vielerlei Hinsicht optimal. Sicher hast du schon einmal von der Goldenen Stunde gehört. Normalerweise ist die Stunde nach dem Sonnenaufgang und die Stunde vor Sonnenuntergang die beste Zeit, um in einer schönen Stimmung und mit wundervoll warmen Farben zu fotografieren. Viele der Bilder, die du in diesem Artikel siehst, wurden zu dieser Zeit aufgenommen.
3. Motiv mit Reflektor aufhellen
Wenn eine sehr helle Lichtquelle von hinten auf dein Motiv einwirkt, kann dein Motiv je nach Belichtung sehr flach, unterbelichtet und unscharf aussehen.
Mit Hilfe eines Reflektors kannst du sehr schattige Bereiche (wie z.B. Gesichter) aufhellen. Halte den Reflektor entgegen der Lichtquelle hoch und passe den Winkel und die Position langsam an, bis genug Licht in Richtung des gewünschten Bereichs reflektiert wird und das Motiv richtig ausgeleuchtet ist.
Nutze natürliche Reflektoren
Einen Reflektor hat man meist nicht dabei, wenn man ihn braucht. Aus diesem Grund versuche ich immer, natürliche Reflektoren zu finden, wenn ich draußen und vor allem im Gegenlicht fotografiere. Ein betonierter Weg, ein See in der Nähe oder eine Wand wirken Wunder. Probiere es aus!
4. Position ändern bei Gegenlicht
Bewege dich! Die Lichtquelle ist meist statisch und kann sich nicht bewegen. Du dich aber schon. Mit der Zeit wirst du lernen, wie das Licht mit und für dich arbeiten kann. Das gibt dir die Freiheit, dein Motiv aus verschiedenen Perspektiven zu fotografieren. Wenn du das nächste Mal gegen die Sonne fotografierst, kannst du dies aus verschiedenen Winkeln tun. Perspektivenwechsel sind immer gut. Nicht nur bei der Gegenlichtfotografie.
Manchmal schaue ich einfach auf das Display oder durch den Sucher und Positoniere die Sonne geschickt hinter einem Baum oder einem Tal zwischen zwei Bergen. So wie auf dem folgenden Bild:
5. Aufhellblitz verwenden
Verwende einen Aufhellblitz (auf Englisch „fill flash“) als zusätzliche Lichtquelle bei einer Porträtaufnahme im Aussenbereich mit Hintergrundbeleuchtung. Wie schon erwähnt, kann das Gesicht des Motivs durch die starke Beleuchtung von hinten dunkler aussehen als der Rest des Bildes. Um dieses Problem zu beheben, beleuchtest du mit dem Aufhellblitz gezielt die Stellen, an die deine Hauptlichtquelle nicht hinkommt.
Der Aufhellblitz ist eine gute Alternative zu den Reflektoren. Vorzugsweise ist der Blitz extern und zielt nicht direkt auf dein Motiv. Frontal blitzen ist eigentlich fast nie optimal – vor allem nicht bei Portraits. Wenn du das tust, werden deine Bilder flach und fahl – schlicht unattraktiv.
Der Blitz ergänzt das vorhandene natürliche Licht, um eine bessere Belichtungsbalance zwischen dem Motiv und dem Hintergrund zu erreichen. Der Aufhellblitz gibt dir noch mehr Freiheit, den Winkel und die Lichtstärke für eine herausragende Aufnahme deines Motivs einzustellen. Wir haben zwei Tutorials zum Blitzen erstellt:
- Basiswissen zu Verwendung des Kamera-Blitz
- Entfesselt blitzen für Fortgeschrittene
6. Mache dich mit dem Spotmeter vertraut
Die Spotmessung ermöglicht es der Kamera, auf einen bestimmten Bereich des Bildes zu fokussieren und die optimale Belichtung für diesen Bereich zu bestimmen, obwohl der Rest des Bildes noch hell ist. Die Spotmessung ist oft der bevorzugte Messmodus gegenüber anderen, welche eher eine Belichtungsmessung des gesamten Bildes bieten und bei Gegenlicht ein Motiv oft unterbelichten.
Der Begriff „Spot“ bedeutet, dass es bei dieser Messmethode nur um die Belichtung eines sehr kleinen Bereichs (eines sogenannten „Spots“) geht. Diesen kannst du mithilfe der AF-Messfelder deiner Kamera innerhalb des Motivs manuell auswählen. Die Spotmessung hilft dir sehr gut beim Einstellen der optimalen Belichtung für dein Motiv. Insbesondere wenn der Hintergrund zu hell oder dunkel ist, oder er den grössten Teil des Bildes einnimmt.
7. Weissabgleich bei Gegenlicht
Der Weissabgleich ist eine der wichtigsten Kameraeinstellungen. Leider wird er regelmässig vernachlässigt. Nimm dir Zeit, um zu lernen, wie du den Weissabgleich deiner Kamera einstellen kannst. Wenn du verstehst, wie er sich auf die Farbtemperatur deines Bildes auswirkt, kannst du lebendigere und lebensechtere Fotos aufnehmen.
Der Weissabgleich hilft dir, die Farben auf deinem Bild so realitätsgetreu wie möglich zu halten. Bei Aufnahmen mit starkem Sonnenlicht oder starkem Gegenlicht gestaltet sich dies nämlich oft schwierig. Die Farben verblassen durch das starke Licht einfach zu schnell.
Die Farbtemperaturen reichen von „sehr kühl“ (ähnlich dem Farbton eines blauen Himmels) bis zu einem „sehr warmen Ton“ (identisch mit dem Farbton einer brennenden Kerze). Kameras verfügen normalerweise über voreingestellte Weissabgleichseinstellungen wie AutoWB, Tageslicht, Sonne, Bewölkung und Blitz. Du kannst aber den Weissabgleich auch mit Hilfe einer Graukarte oder manuell mit Kelvin-Temperaturen anpassen. Alle Details dazu findest du im oben verlinkten Beitrag.
8. Vermeide Himmel hinter dem Motiv
Der offene Himmel ist grossartig hinter dir – aber nicht wirklich hinter deinem Motiv. Wenn du richtig belichtest für die Hauttöne deines Motivs, wird der Himmel extrem hell und nur noch ein grosser, hässlicher weisser Fleck auf deinem Foto (siehe Bild unten). Er lenkt ab und zieht die ganze Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich. Kennst du schon folgenden Fakt?
Unsere Augen konzentrieren sich immer auf das Hellste auf einem Foto!
Ab und zu fotografiere ich absichtlich den offenen Himmel hinter meinem Motiv. Ich tue das jedoch nur, wenn ich vorhabe, den Sonnenuntergang später noch in das Bild einzufügen. Du könntest in so einem Fall den Sonnenuntergang separat aufnehmen und dem fertig bearbeiteten Bild in Photoshop hinzufügen.
9. Stell dich in den Schatten
Indem du dich physisch an einen schattigen Ort stellst, beseitigst du die Probleme, die durch das direkt auf deine Linse strahlende Sonnenlicht entstehen. Wenn kein Schatten vorhanden ist, versuche mit der Sonne in einem leichten Winkel zu deiner Kamera zu fotografieren, nie frontal. Achte darauf, dass das Sonnenlicht nicht direkt in die Linse strahlt – es sei denn, du willst absichtlich Lens Flare erzeugen.
10. Lens Flare bei Gegenlicht
Das Thema Lens Flare hatten wir bereits. Da es aber ein sehr häufiges „Problem“ ist beim Fotografieren gegen die Sonne, hat es hier einen Tipp verdient. Falls du Lens Flare magst und es unbedingt auf deinen Fotos haben willst, dann musst du es richtig positionieren. Keinesfalls sollte Lens Flare dein Motiv überlagern oder verdecken. Trotz meiner vorherigen Aussage kannst du mit Lens Flare ein paar kreative Aufnahmen machen. Die meisten Betrachter mögen es jedoch, wenn das Gesicht und die Augen nicht verblasst, sondern gut erkennbar sind. Verblasste Bilder sind generell eher weniger beliebt, besonders wenn die Sonne mit voller Wucht auf deine Linse scheint.
Um dies zu verhindern, musst du dein Motiv direkt vor einen Baum oder einem anderen Objekt positionieren (wie im Bild oben), damit die hellen Lichtstrahlen der Sonne blockiert werden. Gegen die Sonne fotografieren bedeutet nicht, dass die Sonne direkt hinter deinem Motiv sein muss. Habe keine Angst, dich nach rechts oder links zu bewegen, bis die Sonne seitlich steht und das Licht nicht mit voller Kraft in dein Objektiv strahlt. Wenn du gerade erst mit der Gegenlichtfotografie anfängst, schlage ich dir vor, diesen Vorgang mit einer Puppe und einem Stuhl zu üben. Eine Gegenlichtblende oder deine Hand zur Abdeckung ist ebenfalls eine gute Möglichkeit, um Lens Flare bei Gegenlicht zu reduzieren.
11. Zu guter letzt: Die Nachbearbeitung
Ich beginne mit der Nachbearbeitung immer in Lightroom und beende sie in Photoshop. In Lightroom habe ich die Temperatur- und Farbschieberegler so stark eingestellt, dass sie mehr Wärme und Magenta für einen fröhlichen Stil bieten. Eine Vision im Kopf zu haben, wie dein Bild nach der Bearbeitung aussehen soll, wird dir helfen, von A nach B zu gelangen. Ich wusste, dass ich dieses Bild warm und dramatisch haben wollte, mit ganzem Fokus auf den Hund.
Sobald ich in Photoshop bin, arbeite ich mithilfe von vielen Ebenen. Hier sind die Schritte, die ich bei diesem Foto angewendet habe, um den warmen, dramatischen Stil zu erreichen und verstärken:
- Ich habe meinen Hintergrund abgedunkelt und den Kontrast hinzugefügt, indem ich ein paar Kurvenebenen erstellt und mit verschiedenen Überblendungsmodi gespielt habe.
- Ich habe dem Bild eine zusätzliche Farbtonung mithilfe von Kurven und Volltonfüllungsebenen hinzugefügt. Der Labrador im Vordergrund wirkt dramatischer durch zwei getrennte Ebenen. Eine diente zur Aufhellung des Lichts und eine zweite zur Verdunkelung der Schatten.
- Nachdem die Farbtonung und Kontrastierung abgeschlossen war, schnitt ich das Bild nach meinem Geschmack zu.
- Danach fügte ich mithilfe von Ebenen eine weiche, verschwommene Vignette hinzu. An diesem Punkt habe ich noch die Schärfe eingestellt und dann abgespeichert!
Fazit und Video
Am Ende angelangt hoffe ich nun, dass du so einiges neues über das Gegenlicht lernen konntest und hoffentlich auch bald schöne Gegenlichtaufnahmen machen wirst! Falls du noch etwas Zeit hast, dann schau dir noch das tolle Video von Claudia an:
Hast du auch schon mit dem Gegenlicht gekämpft? Hast du weitere Tipps für uns?
1 Gedanken und Fragen