Authentisches Paarshooting | So bekommst du die echten Momente
Ein Paarshooting ist für mich nicht einfach nur ein paar schöne Fotos zu knipsen, sondern vielmehr hinter die Fassade der Paare zu schauen und das als Geschichte in meinen Fotos zu erzählen. Wer ist das Paar? Was mögen sie? Sind sie laut oder leise? Was hat die beiden geprägt?
Was haben sie zu erzählen? Vertrauen, Kommunikation und Storytelling ist meiner Meinung nach der Schlüssel für die ehrliche, authentische Fotografie. Für die Fotografie, an die man sich im Nachhinein noch erinnert, da sie dir was erzählt oder in dir was berührt. Wie ihr genau zu solchen ehrlichen, natürlichen Momenten mit einem Paarshooting kommt, könnt ihr folgend nachlesen.
Inhaltsverzeichnis
Paare authentisch fotografieren
Mir ist es wirklich wichtig, wenn ich Paare fotografiere und ich bin der festen Überzeugung, dass man nur so an die wirklich ehrlichen, natürlichen Momente kommt mit dem sich jedes Paar auch noch in 10 oder 50 Jahren identifizieren kann, wenn man aufhört als Fotograf zu denken und sich nicht an das perfekte Bild für Social Media klammert. Es bringt meiner Meinung nach nichts, Fotos in der Bildbearbeitung übertrieben zu retuschieren und das Paar erkennt sich selbst nicht wieder. Ein guter Freund von mir hat ein ziemlich grosses Muttermal auf der Wange, welches die Fotografin im Nachgang, ohne zu fragen, bei allen Bildern rausretuschiert hat. Und er fand es im ersten Moment auch echt gut, weil ja quasi sein „Makel“ weg war. Ein paar Wochen später hat er sich da ziemlich drüber geärgert, weil es einfach nicht mehr ER war.
Kein Mensch ist perfekt. Jeder Mensch ist auf seine ganz eigene Art schön. Du musst nur den richtigen Weg finden, diese Schönheit hervorzuheben. Deshalb versuche ich mich während dem Paarshooting immer in die Lage des Paares zu versetzen. Du wirst Menschen vor dir stehen haben, die ihre eigene kleine oder grosse Geschichte erzählen. Denke nicht zu sehr an das perfekte Bild für Instagram, Facebook und Co.! Entferne dich auf jeden Fall von diesem Gedanken! Deine Vorstellungen und Wünsche kannst du gerne bei eigenen Projekten mit Models umsetzen, aber nicht bei einem richtigen Kunden. Es geht um das Paar und seine Geschichte. Vielleicht ist diese Geschichte einfach nicht wild und sexy, oder vielleicht auch nicht ruhig und sinnlich. Du solltest immer auf die Menschen vor dir eingehen und so reagieren und kommunizieren wie es zu dem Paar passt. Das Paar steht im Fokus – das ist wirklich sehr wichtig!
Eine gute Vorbereitung, beziehungsweise das Vertrauen, dass du im Vorfeld aufbauen solltest, ist das A und O, .
Jenny Franz
Die Vorbereitung auf das Paarshooting
Eine Beziehung aufbauen
Dieser Schritt ist für das Paarshooting meiner Meinung nach der wichtigste Schritt im ganzen Prozess. Mir ist die zwischenmenschliche Beziehung zu dem Paar sehr wichtig. Sie sollen sich bei mir wohlfühlen und mir vertrauen können. Wenn ich Hochzeiten fotografiere, nehme ich auch keine Buchungen an, wenn ich das Paar nicht vorher kennengelernt habe. Ich könnte das einfach nicht verantworten, dass an einem so wichtigen Tag das Brautpaar sich nicht wohlfühlt und ich bin auch der Meinung, dass man sowas auf den Fotos merken wird. Deshalb versuche ich im Vorfeld mit dem Paar so viel ich kann zu kommunizieren. Ich stelle Fragen über das Kennenlernen, was sie gerne in der Freizeit machen, was für Musik sie hören usw. Dadurch bekomme ich einen ganz anderen Bezug und starte dann die meisten Paarshootings eher auf freundschaftlicher Basis, was es mir als Fotografin leichter und schneller ermöglicht, näher an das Paar heranzukommen.
Wenn es zeitlich möglich ist, versuche ich auch immer mich ein bisschen früher mit dem Paar zu treffen und wir gehen noch was trinken oder essen zusammen etwas. Das ändert wirklich das komplette Paarshooting auch von der ganzen Atmosphäre her. Alles ist viel lockerer und entspannter. Ausserdem kann ich so schon im Vorfeld abschätzen, wie das Paar tickt. So würde ich dann auch nie auf die Idee kommen, einem sehr introvertierten Paar die Anweisung zu geben dem Partner auf den Rücken zu springen oder sich gegenseitig zu kitzeln. Das verkrampft nur die ganze Situation.
Erwartungen und Fürsorge
Mir ist es auch wichtig dem Paar im Vorfeld die Unsicherheit zu nehmen. Wenn wir mal ehrlich sind, stehen die meisten von uns jetzt nicht jeden Tag vor einer Kamera. Da kommt bestimmt die eine oder andere Frage auf. Was sollen wir anziehen? Was ist, wenn es regnet? Ich schicke meinen Paaren daher im Vorfeld einen kleinen Guide, worin ich die meist gestellten Fragen beantworte. Ich habe bisher immer das Feedback bekommen, dass meinen Paaren der Guide unglaublich geholfen hat und gerade bei der Wahl der Kleidung eine grosse Sicherheit gegeben hat. Ausserdem hat so ein Guide ja auch einen Vorteil für den Fotografen, weil du so in den meisten Fällen Kleidung vermeiden kannst, die so gar nicht in den eigenen Stil passen.
Das Paar hat ja auch eine gewisse Erwartungshaltung, wenn es dich bucht und sie möchten bestimmt Bilder in dem Stil bekommen, den sie im Vorfeld bei dir gesehen haben und weshalb sie dich dann auch gebucht haben. Wenn natürlich dann jemand mit unpassender Kleidung zum Paarshooting kommt und du hast eigentlich nur erdige, natürliche Töne, werden die Bilder nie so werden, wie der Kunde es von dir erwartet und gekannt hat. Deshalb nimm das Paar an die Hand und hilf ihnen im Vorfeld und gib ihnen damit die nötige Sicherheit.
Planung des Shootings
Ich plane das Paarshooting am liebsten eine Stunde vor Sonnenuntergang, während der sogenannten goldenen Stunde in die blaue Stunde hinein. Und ich starte dann immer 1,5 Stunden bevor die Sonne komplett weg ist. An dieser Stelle kann ich die App „Sun Seeker“ empfehlen, die mir immer genau anzeigt, wann und wo die Sonne steht und das auf der ganzen Welt.
Eine halbe Stunde nehme ich mir immer als Puffer, weil nicht jedes Paar gleich viel Zeit braucht. Natürlich gibt es auch Paare, bei denen es direkt losgehen kann, aber das ist eher Seltenheit. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass die halbe Stunde sich immer bewährt hat. Achtung aber bei einer längeren Anreise. Immer auch Dinge wie zum Beispiel ein Stau einkalkulieren, sonst kommst du oder das Paar am Ende zu spät und ihr müsst euch beeilen. Bei der Location achte ich darauf, dass es nicht so grün ist, um unschöne Farbreflexionen zu vermeiden. Google Maps ist da eine ganz schöne Sache, um ein Gebiet ein bisschen vorab zu erforschen.
Die richtige Ausrüstung
Als letzten Schritt zur Vorbereitung, überprüfe ich einen Tag vor dem Shooting mein Equipment, lade meine Akkus, reinige die Objektive, formatiere Speicherkarten und packe meine Kameratasche. Ich fotografiere mit einer Nikon D850 und nur mit Festbrennweiten (35 & 50 mm), bin aber der Meinung das die Technik nichts mit einem guten Foto oder den echten realen Momenten zu tun hat. Deshalb möchte ich auch nicht detaillierter auf die Ausrüstung eingehen.
Das Paarshooting
Wie gehe ich nun bei einem Paarshooting vor? Zunächst kann ich sagen, dass ich nicht in einzelnen Bildern denke, sondern vielmehr in Bildsequenzen. So entsteht nach und nach eine Liebesgeschichte, die wie ein Film aufgebaut ist. Generell orientiere ich mich ein bisschen an der Spannungskurve aus der Film- und Theaterbranche.
Der Anfang – Darstellung der Szene
Der Zuschauer, also in unserem Fall das Paar, wird eingeführt und über die Darstellung der Szene informiert:
- Wo befindet ihr euch?
- Welche Jahreszeit haben wir?
- Haben wir gutes oder schlechtes Wetter?
- Wie ist der Weg zur Location?
- Welche Details tragen zur Stimmung bei?
Der Mittelteil – Vorstellung der Protagonisten
Generell sage ich den Paaren immer, dass sie versuchen sollen sich einfach auf sich selbst zu konzentrieren und nicht in die Kamera zu schauen. Ich gebe keine Posen vor, sondern offene Anweisungen. Ganz wichtig ist eine Stimmung zu erzeugen.
Mein Geheimtipp: Erstelle unterschiedliche Playlisten für das Paarshooting, zum Beispiel auf Spotify.
Jenny Franz
Des Weiteren muss deine Einstellung stimmen. Wenn du laut und fordernd redest, wird das Paar ein anderes Gefühl haben, als wenn du ruhig und gelassen sprichst. Genau dasselbe passiert bei deiner Musikauswahl. Mir ist es wichtig, dass ich dem Paar den Raum gebe, um sie selbst zu sein. Deshalb sage ich auch immer am Anfang, dass es völlig okay ist, wenn ich eine Anweisung gebe und das Paar diese nicht machen möchte. Ich kann solche Situationen mittlerweile zwar schon ganz gut einschätzen aber hier und da passiert es einfach mal, dass ein Paar mit einer Anweisung nichts anfangen kann. Dann geht’s einfach zur nächsten Anweisung.
Während des gesamten Shootings stelle ich auch ganz viele Fragen und zeige Interesse an dem Paar und deren Geschichte. Genau die Schnappschüsse zwischendrin sind die echten, natürlichen Momente, die entstehen. Ausserdem lobe ich das Paar auch immer wieder und zeige den ein oder anderen Schnappschuss auf meiner Kamera – das pusht ihr Selbstbewusstsein enorm. Der mittlere Teil des Paarshootings ist bei mir in 3 Phasen aufgebaut:
- Bewegung: Das ist immer eine gute Möglichkeit, dem Paar die erste Anspannung zu nehmen und locker zu werden. Ich würde dann zum Beispiel vorschlagen, dass das Paar auf mich zulaufen soll oder mal rückwärts zu laufen.
- Aktion: Während dieser Phase versuche ich immer sehr viel Humor zu zeigen, um so eine gelöste Stimmung zu kreieren. Ich würde dann zum Beispiel vorschlagen, dass das Paar miteinander zur Musik tanzen könnte oder sich gegenseitig kitzeln kann.
- Ruhig & intim: In der dritten und letzten Phase, wenn das Paar sich dann ausgepowert hat, wird es dann nochmal ganz ruhig und sinnlich. Auch hier lohnt sich eine neue ruhige Playlist anzuschalten oder die Musik komplett erstmal stumm zu schalten, um auch wirklich eine ruhige Atmosphäre zu schaffen. Hier sind ganz besonders die Hände sehr wichtig – versuche sie mit einzubinden. Ich würde dann zum Beispiel vorschlagen, dass sich das Paar ganz Nahe kommen kann und sich umarmt oder gegenseitig streichelt.
Wie viel Raum jede Phase jeweils einnimmt kann ich pauschal leider nicht beantworten. Das kommt immer auf das Paar an und in welcher Phase sie sich am wohlsten fühlen. Deshalb ist die Vorbereitung auch so wichtig und das Vertrauen, das du im Vorfeld schaffst. Das macht es einfacher, die jeweiligen Phasen des Paarshootings richtig einzuteilen.
Das Ende – Der Abschluss
Vergiss nicht die Geschichte abzuschliessen. Das kann zum Beispiel mit dem Sonnenuntergang sein oder nochmal ein bisschen was von der Szenerie des Paarshootings fotografieren. So wird deine Liebesgeschichte zu einer runden Sache und wirkt beim Anschauen stimmig und abgeschlossen.
Mit diesen zusammengefassten Tipps, erhältst du den roten Faden durch ein gelungenes Paarshooting – mit den echten Momenten.
- Schaffe Sicherheit und Vertrauen durch eine gute Vorbereitung
- Stelle viele Fragen und zeige dich am Paar interessiert
- Kreiere unterschiedliche Atmosphären während dem Shooting: zum Beispiel die 3 Phasen
- Verwende während dem Shooting die passende Musik im Hintergrund
- Bewegt euch während dem Paarshooting – ich empfehle Festbrennweiten, die euch dazu zwingen, eure maximale Kreativität einzusetzen
- Trau dich auch mal mit der Kamera ganz nah ranzugehen, aber nimm auch mal die Position des Beobachters ein, um dem Paar etwas Raum zu geben
- Zeige den ein oder anderen schönen Schnappschuss während des Paarshootings und mach ehrliche gemeinte Komplimente, um das Selbstbewusstsein des Paares zu pushen
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