Mit Portraits Geschichten erzählen | So wird’s gemacht!

Mit Portraits lassen sich hervorragend Geschichten von fast überall her erzählen. Damit das Resultat überzeugt, empfehle ich, dass du dir im Voraus einige Gedanken darüber machst. Denn mit einer sorgfältigen Planung steht und fällt dein Projekt. Wie das ganz genau aussieht, erfährst du in diesem Beitrag.

Portraits Geschichten Taenzerin
(@Simone Rindlisbacher)

Halte deine Planung irgendwie schwarz auf weiss, oder auch farbig fest. Sei es in einem Moodboard mit vielen Stichworten, digital in deinem Computer oder in einem Notizbuch. Es ist egal wie du das machst, Hauptsache du hältst alle deine Gedanken und Ideen fest. Wähle einfach die Vorgehensweise aus, die am besten zu dir passt. Es gibt genügend verschiedene Wege, um zum Ziel zu kommen. Meine Vorgehensweise dient hier als Empfehlung und Wegleitung.

1 Inspiration für deine Portraits finden

Um mit deinen Portraits eine Geschichte erzählen zu können, kannst du deine Planung von unterschiedlichen Punkten aus starten.

  • Du hast dich vorab schon für eine Location entschieden, die du in Szene setzen möchtest.
  • Ein bestimmtes Motiv/Model schwebt dir schon vor, das eventuell etwas Spezielles an sich hat oder kann. Zum Beispiel ein stark tätowiertes Model oder wie in meinem Fall, eine Tänzerin.
  • Du möchtest eine bestimmte Jahreszeit festhalten.
  • Du willst ein bestimmtes Gefühl transportieren.
  • Eine bestimmte Sportart, welche du gerne ausleuchten möchtest.
  • Ein Bild oder eine Vorlage, das dir als Inspiration dient.

Oder deine Intention ist eine ganz andere, als was ich hier aufgezählt habe – wie gesagt, es gibt viele unterschiedliche Situationen, von wo aus du deine Portraits planen kannst. Diese Vielfalt kann dich aber auch vor die Schwierigkeit stellen, dich für etwas entscheiden zu müssen. Nimm diese Herausforderung an. Wichtig ist, dass du dich für ein gutes Set entscheidest. Nur so kannst du strukturiert planen. Vielleicht kannst du auch mehrere Ausgangspunkte in deinem Fotoshooting vereinen. Dein Thema sollte ergiebig genug sein, sodass du mehrere Motive fotografieren kannst, damit du auch wirklich eine Geschichte mit deinen Portraits zu erzählen hast.

Die Altstadt von Bern

Meine zwei Ausgangspunkte, um die Planung meiner Portraits zu starten, waren die Altstadt von Bern, insbesondere der Teil der «Matte», sowie der Tanz und der Ausdruck des Models. Ich wollte die Besonderheiten der Berner Altstadt und des Mattequartiers festhalten. In diesem Teil der Stadt Bern triffst du auf sehr tiefe, alte und verwinkelte Lauben. Die gedeckte Nydeggtreppe strahlt ihren eigenen Charme aus. Die abgewetzten Treppenstufen haben einiges miterlebt. Sie stellten für mich eine perfekte Bühne für meine Tänzerin dar. Verschiedene Posen und Figuren wollte ich in die Umgebung integrieren.

taenzerin unterhalb einer treppe als portrait
(@Simone Rindlisbacher)

2 Die Geschichte deiner Portraits

Schreibe dir auf, welche Geschichten und Emotionen du mit deinen Portraits erzählen möchtest. Je klarer du weisst, was dein Bild ausstrahlen soll, desto besser kann der Betrachter dein Bild dementsprechend «lesen». Sammle Bilder anderer Fotografen, die dich inspirieren. Sie helfen dir beim Bildaufbau oder geben dir einen Denkansatz zur Umsetzung. Versuche nie, ein Bild eins zu eins zu kopieren. Inspiration ist ok, kopieren nicht.

taenzerin macht fuer portraits einen spagat
(@Simone Rindlisbacher)

3 Die Vorbereitung

Überleg dir, wie du die Kleidung oder mögliche Accessoires für deine Portraits einsetzen möchtest. Denn sie beeinflussen die Bildsprache je nachdem mehr oder weniger. Benötigst du Jemanden, der das Model frisiert und schminkt?

Beim Matte-Shooting waren die Vorgaben der Kleidung die gestreifte Hose, denn sie liess die Beine lang wirken und unterstrich somit die Bewegungen des Models. Dazu entschied ich mich für ein dunkles Oberteil. Die Haare wünschte ich mir offen getragen. Im Verlaufe des Shootings haben wir uns aber dann entschieden, dass die Tänzerin die Haare doch noch zu einem Dutt zusammenbindet. Eine Visagistin war für meine Portraits nicht nötig.

serienportraits mit einer taenzerin
(@Simone Rindlisbacher)

4 Das Model/Motiv

Besprich dich vorab ausführlich mit deinem Model. Mit diesem Gespräch ist die Basis gelegt, dass ihr die gleiche Geschichte erzählen wollt und du vermeidest Momente, in denen sich dein Model nicht wohlfühlt oder nicht mehr weiter weiss. Die Absprache hilft dir und dem Model auch, euch näher kennen zu lernen. Dieser Punkt sollte dir nicht neu sein, denn es entstehen nur magische Bilder, wenn das Vertrauen zwischen Model und Fotograf stimmt.

Meine Idee war es, an Orten eine Tänzerin wirken zu lassen, an denen sonst eigentlich nicht getanzt wird. Oder wird bei dir bei einem Wahrzeichen getanzt? Diesen Kontrast sollten meine Bilder darstellen. So habe ich einige Tage vorher meine Idee der Tänzerin ausführlich erzählt und ihr ein paar Bilder von möglichen Posen gezeigt. Die Bildersammlung hatte ich auch am Shootingtag auf dem Handy mit dabei. So konnten wir jederzeit einen kurzen Blick darauf werfen und uns daran orientieren.

model posiert vor kamera
(@Simone Rindlisbacher)

5 Der richtige Zeitpunkt

Nun machst du dir Gedanken zum richtigen Zeitpunkt. Dabei fliessen die Kriterien der Lichtverhältnisse und der Verfügbarkeit der Location mit ein.

  • Wann hast du das schönste Licht?
  • Ist das Set frei begehbar oder musst du dich an Öffnungszeiten halten?
  • Musst du dafür eventuell einige Kompromisse eingehen?
  • Überlege dir ebenfalls ganz genau einen Plan B, sollte es am festgelegten Tag regnen und du draussen fotografieren wolltest. Verschiebst du das Shooting? Was wäre der Alternativtermin?

Bei meinem Shooting habe ich mir zudem noch überlegt, wann die Gassen möglichst menschenleer waren. Da wir hauptsächlich in den gedeckten Lauben oder Treppen fotografierten, war es möglich, die Session um die Mittagszeit herum durchzuführen. Ein Regenschauer hätte uns somit nicht gebremst. Ich entschied mich, an einen Sonntagmorgen um ca. 10:00 Uhr zu starten.

Plane auch genügend Zeit für „ungeplante Momente“ ein. Manchmal entstehen die besten Bilder, wenn ihr vor Ort Ideen austauscht. Dadurch können verblüffende Bilder entstehen.
Simone Rindlisbacher

6 Kameraeinstellungen und Objektive

Du hast das bestimmt schon oft gehört und doch ist es einer der wichtigsten Sätze für mich in der Fotografie: «Die beste Kamera ist die, die du dabei hast». Um eine Geschichte mit deinen Portraits zu erzählen, brauchst du nicht ein duzend verschiedene Objektive und teure Kameras. Benutze das, was du hast. Wichtig dabei ist, dass du deine Kamera kennst und mit ihr entspannt arbeiten kannst. So gelingt dir ein gutes Resultat.

Unsere Fotoausrüstung

Du fragst dich mit welcher Ausrüstung wir fotografieren? Hier findest du unser Equipment.

Ausrüstung anzeigen

Ich fotografiere fast nur mit Festbrennweiten. Das zwingt mich, dass ich mich bewegen muss. Ich muss geeignete Perspektiven finden, um das Bild so einzufangen, wie ich es möchte. Bei dieser Serie habe ich mit einer 50mm Brennweite eher offenblendig gearbeitet. Die Kamera war auf den Serienbilder-Modus eingestellt und ich habe eine kurze Belichtungszeit gewählt.

taenzerin bewegt sich fuer fotoshooting auf einer treppe
(@Simone Rindlisbacher)

7 Bildgestaltung

Achte bei deiner Bildgestaltung auf die Regeln des optimalen Bildaufbaus. Versuche verschiedene gängige Regeln zu befolgen wie zum Beispiel die Drittelregel oder suche Symmetrien und unterstreiche sie durch die Wahl deines Standortes. Breche die Regeln nur so, dass es klar ersichtlich ist, dass das von dir gewollt war. Hast du dir dazu im Voraus einige Gedanken gemacht, fällt es dir leichter, sie während dem Fotografieren abzurufen und anzuwenden.

Probiere auch verschiedene Blickwinkel aus. Fotografiere ein Sujet von weiter weg, geh näher ran und zum Schluss noch ganz nah. Ich habe zum Beispiel auf der Nydeggtreppe einige Bilder von oben herab gemacht und danach noch aus der Sicht von unten her fotografiert.

model springt in die luft fuer portraits
(@Simone Rindlisbacher)

8 Bildbearbeitung

Bei der Bildbearbeitung gilt es nur zu beachten, dass du einen einheitlichen Bildstil brauchst, so dass der Betrachter merkt, dass alles aus einem Guss kommt. Entscheidest dich für schwarz-weiss, dann sind alle Bilder so. Verwendest du einen Filter, dann lege ihn über jedes der Bilder. Ob du die Bilder in der Reihenfolge, wie du sie aufgenommen hast präsentierst oder nicht, spielt meistens keine Rolle. Alle Bilder sollten eine Gemeinsamkeit, ein Wiedererkennungsmerkmal aufweisen, so wie jede Geschichte einen roten Faden hat.

Ich habe mich für eine monochrome Serie entschieden, da doch recht viele Informationen auf meinen Bildern zu sehen sind. Indem ich den Fotos die Farbe nehme, steht nicht irgendeine Sache aus dem Hintergrund ungewollt übermässig im Fokus des Bildes. Die Tänzerin steht im Mittelpunkt, die Streifen auf den Hosen dienen als Blickfang.

model macht einen spagat auf zwei fensterbalken
(@Simone Rindlisbacher)

9 Schlusswort

Auch wenn es scheint, als brauche es nur eine Location, ein Model und einen Fotografen mit einer Kamera, um eine spannende Geschichte zu erzählen, steckt da doch mehr dahinter. Ich empfehle dir jedoch sehr, dir diese Gedanken und Überlegungen im Voraus zu machen. Je gründlicher du bist, umso mehr wird das Resultat deinen Vorstellungen entsprechen. Je klarer deine Ideen sind, desto besser kannst du während dem Shooting auf besondere Momente eingehen und diese befreit festhalten.

«Geschichten erzählen mit Portraits» ist eigentlich ganz schön viel Arbeit.
Simone Rindlisbacher

Eigentlich ist es wie bei jedem Shooting – die vorab investierte Zeit unterstützt dich, damit du dich voll und ganz deiner Leidenschaft hingeben kannst. Du bist dann richtig gut vorbereitet, deine Ideen umzusetzen. Es lohnt sich!

pixolum Autor und Fotograf Simone Rindlisbacher
Über den Autor

Simone arbeitet am allerliebsten mit natürlichem Licht - drinnen oder draussen. Da ihre Kreativität sie ständig begleitet und beeinflusst, achtet sie sorgfältig darauf, trotz vorbereitetem Shooting flexibel genug zu sein, um spontane Ideen immer einfliessen zu lassen. In einem Teilpensum arbeitet sie als Gestaltenlehrerin. Eindrucksvolle Arbeiten findest du auf der Website.

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