Schwarz-Weiss Fotografie | Der komplette Leitfaden
Die Kunst der Schwarz-Weiss Fotografie ist überraschend schwer zu meistern. Sie sie richtig hinzubekommen ist richtig herausfordernd, aber auch super spannend. in diesem Artikel erkläre ich dir, warum einige Schwarz-Weiss-Fotos gelingen und andere nicht – die sieben kritischen Elemente der besten Schwarz-Weiss-Arbeiten inklusive. Ausserdem will ich dir beibringen, wie du monochrome Bilder in einer Software wie Lightroom oder Photoshop korrekt konvertierst.
Inhaltsverzeichnis
Einführung in die Schwarz-Weiss Fotografie
Die Geschichte der Schwarz-Weiss Fotografie ist fast so lang wie die gesamte Geschichte der Fotografie. Als 1861 das erste permanente Farbfoto aufgenommen wurde, war die monochrome Fotografie bereits etwa 35 Jahre alt. Obschon die Farbe das «new kid on the block» ist, hat sie die schwarz-weisse Kunst noch längst nicht ersetzt. Farbe kann auch ablenken; fade und leblos sein. Eine der Aufgaben eines Fotografen ist es, das Bild zu vereinfachen und eine Szene bis zu ihrer Essenz zu «destillieren». Und manchmal ist diese Essenz eben farblos.
Ansel Adams hat über die Unterschiede der beiden Fotografietypen folgendes gesagt:
Von einem gut geplanten und ausgeführten Schwarz-Weiss-Foto bekomme ich ein viel besseres Farbgefühl, als ich es mit einem Farbfoto je erreicht habe.
Ansel Adams
Wow. Hast du das schon mal so betrachtet?
Natürlich wird die grosse Mehrheit der Fotos in der heutigen Zeit in Farbe aufgenommen. Vielleicht bedeutet das, dass wir etwas von der Schönheit und der Fantasie verloren haben, die Ansel Adams durch die Fotografie vermitteln wollte. Ich hoffe sehr, dass dir die Techniken in diesem Artikel bei der Wiederfindung helfen.
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Wie du ein Schwarz-Weiss-Foto richtig machst
Ein gutes Schwarz-Weiss-Bild ist einfach nur ein gutes Bild – Punkt. Du kannst ein katastrophales Bild nicht retten, indem du einen Schwarz-Weiss-Filter draufknallst (wobei das oft versucht wird). Es gibt sieben essenzielle Elemente bei High-End-Schwarz-Weiss-Fotos. Du wirst gleich sehen, welche das sind, aber zuerst musst du dir eine wichtige Sache merken: Du brauchst einen Grund, in schwarz-weiss zu fotografieren.
Nicht jedes Motiv sieht gut aus in schwarz-weiss. Deswegen musst du dich immer fragen, warum du die Farbe aus diesem bestimmten Bild entfernen willst. Warum ist es so wichtig, dass du es in schwarz-weiss ablichtest? Schwarz-Weiss-Bilder können grossartig aussehen, sie tun es aber nicht immer. Du musst bereits im Voraus wissen, warum du ein Bild lieber in schwarz-weiss machst, anstatt in Farbe. Wenn du keinen guten Grund findest, solltest du vielleicht besser bei der Farbe bleiben.
Schwarz-Weiss vs. Monochrom
Dir ist vielleicht aufgefallen, dass hier ähnliche Wörter verwendet werden, die aber nicht das gleiche meinen; schwarz-weiss (SW) und monochrom. Obwohl diese beiden Ausdrücke oft als Synonyme gebraucht werden, haben sie nicht dieselbe Bedeutung.
Das Wort monochrom bedeutet «einfarbig». Monochrome Bilder können also einen Farbton haben, vorausgesetzt, es ist nur eine einzige Farbe. Schau dir das Foto unten an. Es hat eine braune Färbung, das soll den eigenen Charakter etwas verstärken. Alle anderen Farben wurden jedoch entfernt. Obwohl das jetzt als monochrom zählt, ist es NICHT schwarz-weiss. Echte Schwarz-Weiss Fotografie hat gar keine Farbe, sie ist komplett schwarz, grau und weiss.
Trotzdem kannst du den einen oder den anderen Begriff verwenden, ohne dass das jemanden verwirrt. Wenn du aber ganz genau sein willst, brauchst du lieber die Bezeichnung «schwarz-weiss» für Bilder ohne Tönung.
Kameraausrüstung für Schwarz-Weiss Fotografie
Wenn du Schwarz-Weiss-Fotos machen möchtest, kannst du das generell mit deiner bereits vorhandenen Kamera machen. Die ist dafür genauso gut geeignet, wie für Farbfotos. Ein paar andere Aspekte in Bezug auf die Ausrüstung solltest du aber beachten, die sind wichtig für die Schwarz-Weiss Fotografie.
Kameras
Ich finde es wichtig zu erwähnen, dass es Kameras gibt, die ausschliesslich monochrome Fotos machen. Meist sind diese im High-End-Bereich angesiedelt und kosten so einiges. Ein gutes Beispiel dafür ist die Leica M Monochrom, die ca. 8’000 Euro kostet. Es gibt auch Leute, die ihre Kamera extra auf schwarz-weiss umrüsten. Dieser Prozess ist aber sehr teuer und kompliziert, daher wirst du das eher selten antreffen.
Aber wieso betreibt jemand so einen Aufwand für eine Kamera, mit der nur Schwarz-Weiss Fotografie möglich ist? Nun, reine Monochromkameras liefern einfach schärfere und sauberere Schwarz-Weiss Bilder als Farbkameras. Es gibt also durchaus Vorteile. Für die meisten ist eine normale Farbkamera aber viel praktischer und daher die einzig logische Wahl.
Schwarz-Weiss fotografieren oder konvertieren?
Die meisten Kameras haben einen Schwarz-Weiss Kameramodus. Da stellt sich natürlich die Frage, ob du farbig fotografieren und anschliessend zu SW konvertieren sollst, oder ob du von Beginn weg schwarz-weiss nimmst.
Die Antwort ist einfach. Mache deine Bilder immer erst in Farbe und wandle sie dann später in SW-Bilder um. Diese Methode hat absolut keine Nachteile und du kannst so ganz einfach wieder zur Farbversion zurückgehen, falls du deine Meinung änderst.
Diese Vorgehensweise gibt dir zudem auch viel Flexibilität bei der Nachbearbeitung. Bei einem Farbfoto kannst du nämlich noch immer die Farben anpassen, selbst wenn du es schon in schwarz-weiss umgewandelt hast. Du könntest zum Beispiel den Blaukanal dunkler machen, um den Himmel auf deinem monochromen Foto dunkler aussehen zu lassen. Mit Bildern, die schon von Anfang an schwarz-weiss waren, funktioniert das nicht.
JPEG oder RAW
Im vorherigen Abschnitt hatten wir eigentlich ein bisschen ein Dilemma, sprich ein Problem, das gar nicht wirklich eines ist. Oder einfacher gesagt; für die meisten Fotografen ist es schlichtweg nicht relevant. Wenn du nämlich – so hoffe ich – in RAW anstatt JPEG fotografierst, bleiben sämtliche Farbinformationen im Bild erhalten.
Falls dir die RAW vs. JPEG-Debatte nichts sagt, kannst du dir ja mal ein paar Minuten Zeit nehmen und unseren Artikel dazu lesen. Kurz gesagt ist es so, dass RAW-Dateien mehr Bildinformationen und Bildqualität bieten, wogegen JPEG-Dateien kleiner sind und weniger Daten enthalten. Fotografen mit hohen Qualitätsansprüchen tendieren eher zu RAW (aus offensichtlichen Gründen).
Auch im RAW-Modus kannst du die Kamera auf monochrom umschalten und ganz normal Fotos machen. Auf dem Display sehen die Bilder dann schwarz-weiss aus, aber wenn du sie mit einer Bildbearbeitungssoftware öffnest, werden sie plötzlich wieder farbig! Die RAW-Datei wirft also absolut gar keine Bildinformationen weg. Das kannst du wie folgt zu deinem Vorteil nutzen:
Angenommen du bist draussen, machst Fotos und beabsichtigst, die meisten RAW-Bilder später in schwarz-weiss zu konvertieren. Wenn du auf der Kamera den Schwarz-Weiss-Modus drin hast, wird die Vorschau auf dem Display ebenfalls S/W sein. Das hilft dir, dein Bild schon von Anfang an besser zu visualisieren. Und das Beste daran ist ja, dass diese Fotos eigentlich alle farbig sind – RAW-Dateien halt. So verlierst du deine Flexibilität nicht und kannst dich auch später noch für die Variante mit Farbe entscheiden.
Filter für Schwarz-Weiss Fotografie
Wenn du dich mit der Ausrüstung für Schwarz-Weiss Fotografie beschäftigst, stösst du vermutlich auf das Thema Filter. Bei Schwarz-Weiss-Film oder rein monochromen Kameras ist es wichtig, dass du einen Filter auf dem Objektiv hast. So hast du mehr Kontrolle über den Kontrast und den Farbton deiner Bilder.
Schau dir mal den Vergleich unten an, damit du ein Gefühl dafür bekommst, inwiefern verschiedene Filter ein Bild beeinflussen können. Diese Fotos wurden mit auf das Objektiv geschraubten Blau-, Grün- und Rotfiltern gemacht.
Wie du siehst, kann die Wahl des Filters einen grossen Unterschied machen. Der Blaufilter blockiert rotes Licht, was alles ein bisschen dunkler macht. Ein Grünfilter hellt alles auf, was grün ist, z.B. Blätter an einem Baum. Und der Rotfilter zu guter Letzt, verdunkelt den Himmel und andere blaue Elemente, während alles rote heller wird.
Trotz der markanten Unterschiede verwenden Digitalfotografen heute kaum noch Farbfilter für die Schwarz-Weiss Fotografie. Grund dafür ist deren starker Einfluss auf Farbfotos, die durch einen Filter möglicherweise unbrauchbar werden. Zudem kannst du viele der Filtereffekte in der Nachbearbeitung imitieren, indem du bestimmte Farbkanäle anpasst.
Puristen machen von den Filtern aber nach wie vor Gebrauch, weil die Effekte mittels Software nicht perfekt nachgeahmt werden können. Aber diese Praxis ist wirklich immer seltener anzutreffen, deswegen musst du höchstwahrscheinlich kein Geld in ein Filtersystem für Schwarz-Weiss Fotografie investieren.
Die 7 Elemente der besten Schwarz-Weiss-Fotos
Bei der Schwarz-Weiss Fotografie machst du einen auf Ansel Adams und vermittelst die Essenz deines Motivs mitsamt seinen Farben und Charakteristiken, und sei es nur durch den Schatten zwischen Licht und Dunkel allein. Die besten Schwarz-Weiss-Fotos erreichen genau das, indem sie die unten stehenden sieben Elemente perfektionieren.
1. Schatten
Als erstes musst du beim S/W-Fotografieren daran denken, dass Schatten einen enorm hohen Einfluss haben. Sie sind nicht länger nur dunkle Stellen auf dem Foto, sondern wichtige Kompositionselemente und manchmal sogar das Motiv selbst.
Wie du Schatten in der Schwarz-Weiss Fotografie angehst, wirkt sich auch auf alle anderen Aspekte des Fotos aus. Sind die Schatten schwarz und detailarm? Das vermittelt ein Gefühl von Intensität und Leere. Wenn die Schatten aber subtil und detailliert sind, kann das für mehr Komplexität im Allgemeinen sorgen.
Merke: In der Schwarz-Weiss Fotografie braucht es keine komplett schwarzen oder weissen Bereiche, damit das Foto gut aussieht. Es ist ein Mythos, dass es die komplette Palette von tiefschwarzen Schatten bis zu knackigen Highlights braucht, um ein optimales Bild zu erhalten. Mach stattdessen einfach das, was dir gefällt. Achte aber trotzdem auf die Schatten, die haben in Schwarz-Weiss oft eine noch anziehendere Wirkung als in Farbe. Du musst deine Komposition entsprechend anpassen.
2. Kontrast
Viele Leute denken, Kontrast sei nur der Unterschied zwischen dem hellsten und dem dunkelsten Teil eines Fotos. Per Definition hat dieser Farbverlauf einen extremen Kontrast, weil er sowohl Weiss als auch Schwarz enthält:
Kontrast beinhaltet aber auch die Komponente der Nähe. Der Helligkeitsunterschied zwischen zwei Objekten ist übertrieben klar sichtbar, wenn sie gleich nebeneinander stehen. Auf dem Foto unten steht der helle Tropfen vor einem dunklen Hintergrund. Dieses Bild hat viel mehr Kontrast als der Farbverlauf oben.
Kontrast spielt in der Schwarz-Weiss Fotografie eine grosse Rolle, vor allem wegen der Message, die er sendet. Ein Foto mit hohem Kontrast (wie das oben) vermittelt ein Gefühl von dynamischer Intensität – oft wegen der dunklen Schatten. Aus diesem Grund fügen Fotografen monochromen Bildern gerne etwas Kontrast hinzu. Das lässt die Bilder mehr hervorstechen.
Fotografien mit niedrigem Kontrast erregen nicht so viel Aufmerksamkeit, aber ihre weichere, gedämpfte Qualität kann genauso gut wirken. Einige meiner liebsten Schwarz-Weiss-Bilder haben nur ein paar wenige silberne Mitteltöne und genau diese Raffinesse macht sie so gut.
Der Kontrastlevel muss zu deinem Motiv passen, das ist ein wichtiger Punkt. Bis zu einem gewissen Grad kannst du das in der Nachbearbeitung anpassen, aber es ist vielleicht falsch, an einem ruhigen Frühlingstag mit starkem Kontrast zu fotografieren, der von der Stimmung ablenkt. Bei ausdrucksstarken Landschaften hingegen ist ein hoher Kontrast ein Muss, damit das Motiv hervorsticht.
3. Töne (dunkel und hell)
Nicht alle Fotografen verwenden das Wort «Ton» gleich. In diesem Fall könntest du darunter die grundlegende Helligkeit, Dunkelheit und Grautöne verstehen, die in einem Schwarz-Weiss Fotografie Bild vorkommen.
Töne sind der Eckpfeiler jedes Schwarz-Weiss-Fotos. Wenn du schon einmal die Begriffe «High-key» oder «Low-key» gehört hast, hast du vermutlich auch schon Beispiele gesehen, bei denen mit den Tönen an die Grenze gegangen wird. Die meisten Fotos sind weder besonders hell noch besonders dunkel, sondern eher irgendwo in der Mitte. Auf die Töne musst du aber trotzdem gut achten. Weshalb? Weil Farbtöne, wie der Kontrast, eine starke Botschaft senden und mehr über die Stimmung des Bildes verraten.
Schau dir die beiden Bilder unten an:
Eigentlich ist das nur ein Bild, aber eben in zwei verschiedenen Versionen – dunkel und hell. Das dunklere Bild ist mysteriös und verheissungsvoll. Das hellere hingegen ist irgendwie himmlisch und froh.
Die Unterschiede oben sind extrem, aber selbst winzige Anpassungen der Farbtöne können die Emotionen eines Bildes signifikant verändern. Ich persönlich mag dunkle, düstere Fotos, sowohl in Schwarz-Weiss wie auch farbig. Wie gut die jeweiligen Töne funktionieren, hängt aber von der Szene ab. Bei den beiden Fotos oben mag ich jetzt beispielsweise das hellere mehr.
Das Wichtigste ist, dass die Töne deines Bildes mit dem Charakter des Motivs selbst harmonisieren – egal ob hell oder dunkel. Setze sie bewusst ein, um deine Geschichte zu erzählen.
4. Formen
Jedes Foto ist eine Ansammlung von einfachen oder komplexen Formen. Und wenn keine Farbe vorhanden ist, werden diese Formen ein wichtiger Teil der Geschichte, die du erzählen willst.
Schau dir das Bild unten an. Es zeigt einen Wasserfall mit Bäumen und Felsen. Aber auf einer abstrakteren Ebene siehst du eine Reihe von Formen, die zusammen auf einer Leinwand platziert wurden.
Menschen fühlen sich automatisch zu Formen hingezogen. Wenn die Farbe fehlt, ist die Form die einzige Möglichkeit, ein bestimmtes Objekt zu erkennen. Stell dir ein monochromes Foto einer Lampe vor, von der du nur die Silhouette siehst. Die einzigen Farbtöne im Bild sind Schwarz und Weiss. Es gibt keine Schatten oder Texturen, die verraten würden, was das Foto zeigt. Trotzdem siehst du zweifellos eine Lampe, oder?
Formen machen ein Foto einfacher. Einige berühmte Aussichtspunkte werden pro Jahr von tausenden Leuten fotografiert, einfach weil man von ihnen aus einen Berg oder einen Fluss mit einer angenehmen Form sieht.
Beim Foto unten hat der Fotograf bestimmt ein paar Minuten gewartet, damit sich der Nebel verzieht und die Sicht auf den Berg freigibt. Wenn Teile dieses Dreiecks bedeckt gewesen wären, würde das Foto nicht halb so gut aussehen.
Was ich eigentlich gar nicht erwähnen muss, sind die Formen von Menschen. Sie sind sofort erkennbar und zutiefst emotional. Bei der Schwarz-Weiss Fotografie gibt es keine Farbe, die ein Bild vertrauter macht (oder abstrakter, wenn das dein Ziel ist).
5. Struktur
Während Formen das grosse Ganze eines Bildes darstellen, füllen die Strukturen den Rest. Und wie alle Elemente der Schwarz-Weiss Fotografie, die wir bisher angeschaut haben, haben auch die Strukturen die Macht, die Stimmung und die Emotionen des Fotos zu verändern.
Von feinem Kiesel zu grobem Gras und von glattem Aluminium bis hin zu mattem Rost – die Struktur ist die Basis der Persönlichkeit des Bildes. Von einem sanften Strom ein klares, messerscharfes, konturiertes Foto zu schiessen, ist schwierig. Hauptsächlich wegen der weichen Textur des Wassers. Aber angenommen du würdest das wollen, müsstest du mehr Kontrast reinbringen und die Schatten einfangen, um das weiche Wasser auszugleichen. So machst du das ganze Foto gleich viel intensiver.
Wirf einen Blick auf die Strukturen der beiden Bilder unten. Überlege dir, wie sie die Stimmung der Bilder wohl beeinflussen:
Die chaotischen Wellen auf dem ersten Bild verstärken die intensive, verheissungsvolle Stimmung. Im Vergleich weist das zweite Bild weiche, sich wiederholende Strukturen auf, die zu Harmonie und Balance im Bild führen. Wenn du dich nicht auf die Farbe als emotionales Rückgrat deines Bildes verlassen kannst, ist Struktur umso wichtiger. Sie hat grossen Einfluss darauf, wie sich deine Schwarz-Weiss-Fotos anfühlen.
6. Komposition
Die besten Fotos haben in der Regel einen tieferen Sinn – ein Hinweis darauf, dass der Fotograf die Szene absichtlich auf diese Weise festgehalten hat. Das Bild hat Struktur und Ordnung. Es ist nicht einfach ein Schnappschuss! In anderen Worten; es hat eine starke Bildkomposition.
Die Elemente in deinem Bild verändern sich, wenn du sie in Schwarz-Weiss ablichtest. Machst du beispielsweise Schwarz-Weiss-Porträts, verändern die lebhaften Augen deines Motivs deine Komposition erheblich. Dasselbe gilt für die Landschaftsfotografie. In dem Fall kann ein goldener Himmel das ganze Bild hochziehen. In beiden Fällen musst du dein Bild ganz anders aufbauen, wenn du in Schwarz-Weiss fotografierst. Dafür gibt es noch zahllose weitere Beispiele.
Manchmal kannst du die fantasiegetriebene Natur der Schwarz-Weiss Fotografie auch zu deinem Vorteil nutzen. Im Beispiel unten eliminiert die enge Komposition den Kontext der Szene. Das Fehlen von Farben verstärkt dieses Gefühl und der Betrachter muss mehr Zeit damit verbringen, das Bild anzuschauen, um zu verstehen, was da vor sich geht. Diese Art von Effekt erzielst du einfacher mit Schwarz-Weiss als mit Farbe.
Auf deine Bildkomposition musst du natürlich immer achten, egal ob du jetzt farbig oder monochrom fotografierst. Die verändert sich nämlich nicht, wenn du das Foto konvertierst. Beim Fotografieren in Schwarz-Weiss hilft es aber dennoch, wenn du dein Motiv schon von Beginn weg als monochrom betrachtest. Wenn du das tust, wirst du deine Komposition öfter nochmals überdenken und so vielleicht ein schönes Foto in ein Meisterwerk verwandeln.
7. Emotion
Emotion ist eigentlich das Wichtigste bei der Fotografie. Perfekt, um diese Liste zu vervollständigen. Alle bisher genannten Elemente sind primär deshalb wichtig, weil sie alle Werkzeuge der Emotion sind. Sie helfen dir dabei, eine Stimmung oder eine Botschaft in deinen Schwarz-Weiss-Fotos zu verankern.
Sieh dir mal die beiden Beispiele unten an, die zwei komplett verschiedene Szenen zeigen. Das erste Bild zeigt die Architektur von Kathmandu und auf dem zweiten siehst du Berge in Frankreich. Die Motive sind grundverschieden, aber die Emotionen sind sich sehr ähnlich:
Woran liegt das? Die Antwort ist hoffentlich klar: Beide sind überfüllte Hochkontrastfotos mit schroffen Strukturen und dunklen Schatten. Beide Kompositionen enthalten einen ähnlichen Mischmasch an Formen und Tönen. Wen interessiert es, dass die Motive verschieden sind? Das Gefühl jedes Bildes ist zwangsläufig ähnlich, weil die grundlegenden Elemente es auch sind.
Das folgende Bild ist in vielerlei Hinsicht das genaue Gegenteil. Wie zu erwarten ist die Emotion in dieser kargen Komposition, die frei von jeder Ablenkung ist, eine komplett andere – nämlich Isolation und Einsamkeit.
Emotion ist keine einzelne Variable, die du für gute Schwarz-Weiss Fotografie brauchst. Viel mehr ist es die Kombination aller Werkzeuge, über die wir bisher gesprochen haben. Gut angewendet, lassen dich die anderen sechs Elemente der Schwarz-Weiss Fotografie deine eigene emotionale Botschaft formen, die bei den Betrachtern Anklang findet und ihnen etwas zeigt, das sich zu sehen lohnt.
Schwarz-Weiss Fotografie in der Nachbearbeitung
Schauen wir mal, wie du Schwarz-Weiss-Bilder mit Lightroom, Photoshop oder anderer Software nachbearbeiten kannst.
Ein Schwarz-Weiss-Bild machen mit Lightroom
Es gibt verschiedene Arten, Fotos in Lightroom in schwarz-weiss umzuwandeln.
- Am einfachsten ist es, wenn du im Basic Panel oben einfach auf «Schwarz-Weiss» umschaltest. Alternativ kannst du auf deiner Tastatur auch «V» drücken.
- Eine weitere Möglichkeit ist das Reduzieren der Sättigung auf -100 oder das Ändern des Profils (unter Kamera-Kalibrierung) auf monochrom.
Diese Methoden sind aber nicht optimal, weil durch ihre Anwendung im HSL-Tab einige Optionen wegfallen, die du fürs Einstellen der einzelnen Farben im Schwarz-Weiss-Mix brauchst. Der HSL-Tab ist sehr wichtig für das Feintuning von SW-Fotos. Denk aber daran, dass zu starke Anpassungen zu Bildrauschen führen können. Das wiederum kann im Fenster für Rauschreduzierung verhindert werden. Es ist aber besser, die Änderungen von Anfang an minimal zu halten.
Ein Schwarz-Weiss-Bild machen mit Photoshop
Mit Photoshop hast du sogar noch mehr Flexibilität beim Konvertieren von SW-Fotos als in Lightroom, wobei auch hier wieder jeder seine eigene Methode hat. Ich selbst mag den Camera RAW-Filter in Photoshop CC, der dir dieselben Bearbeitungsoptionen wie Lightroom bietet, nur eben als Filter.
Natürlich gibt es auch hier noch eine Reihe anderer Möglichkeiten. Beliebt ist es zum Beispiel, eine Kanalmixer-Ebene zu erstellen, die dir die Kontrolle über die Rot-, Blau- und Grünkanäle deines Schwarz-Weiss-Fotos gibt. Weiter könntest du eine Schwarz-Weiss-Regulierungsebene erstellen, die Sättigung auf Null stellen oder das Foto in einem SW-Plugin öffnen und konvertieren. Kurz gesagt, es gibt viele Möglichkeiten, dein Bild mit Photoshop in Schwarz-Weiss umzuwandeln. Probiere doch am besten einfach alle aus, dann kannst du selbst entscheiden, was dir am besten passt.
Schwarz-Weiss Fotografie bearbeiten mit anderer Software
Heutzutage ist es sehr beliebt, spezielle Software von Drittanbietern zu verwenden, um ein Foto in Schwarz-Weiss zu konvertieren. Die populärste auf diesem Gebiet ist Nik Silver Efex Pro. Viele Fotografen besitzen dieses Programm bereits, weil es einige Jahre lang gratis erhältlich war. Mittlerweile kostet es 70 Dollar und ist Teil des Nik Bundle, seit DxO es Google abgekauft hat. Die Software funktioniert eigenständig oder als Plugin für Lightroom und Photoshop.
Ich persönlich nutze Silver Efex Pro oder andere Software von Drittanbietern eher nicht, weil das Abspeichern des Schwarz-Weiss-Fotos sämtliche Farbinformationen eliminiert und damit keine Chance mehr besteht, das Foto wieder in Farbe umzuwandeln (wobei du natürlich aus dem originalen RAW-File noch immer ein Farbfoto machen kannst). Ich muss aber zugeben, dass Silver Efex einen wesentlich besseren Job macht, wenn es um Bildrauschen geht. Selbst bei extremen Anpassungen bleibt das Rauschen sehr gering. Ausserdem dürfte klar sein, dass Photoshop Plugins wie dieses viel mehr Flexibilität bieten als die eingebauten Werkzeuge von Lightroom.
Inspiration und Ideen
Wenn du atemberaubende Schwarz-Weiss-Bilder schiessen willst, geh raus und mach’s einfach! Viel Übung ist der schnellste Weg, deine Fähigkeiten zu verbessern – sowohl draussen als auch vor dem Bildschirm. Schon bald wirst du die Welt monochrom betrachten und jede Szene und jedes Motiv wird schwarz-weiss aussehen. Hier ein paar Ideen für den Anfang. Ach und bevor ich es vergesse, natürlich ist Schwarz-Weiss auch in der Aktfotografie oder noch eher Boudoir beliebt. In diesen beiden Artikeln findest du Inspiration zu diesen beiden Kategorien. Hier bleiben wir aber bei Landschafen.
Schwarz-Weiss Fotografie
Weil die Porträtfotografie sehr umgänglich ist, ist sie eine der besten Möglichkeiten, mit der Aufnahme von Schwarz-Weiss-Fotos zu beginnen. Achte bei monochromen Porträts besonders auf das Zusammenspiel von Licht und Schatten. Mit einer sorgfältigen Beleuchtung kannst du die Form des Gesichts deines Motivs modellieren oder die Aufmerksamkeit auf bestimmte Merkmale lenken, wie z.B. den Blick in den Augen oder die Struktur der Hände. Gut umgesetzt, werden die Ergebnisse Bände sprechen.
Ausserdem kannst du Schwarz-Weiss als Mittel verwenden, um die Emotionen deines Gegenübers zu destillieren. Wenn du Farbporträts aufnimmst, kann zum Beispiel Kleidung auf dem Foto mehr Aufmerksamkeit erregen als sie sollte, was wiederum deine Botschaft beeinträchtigt. Monochrom hilft dir, dich auf Dinge wie Mimik und Gestik zu konzentrieren.
Schwarz-Weiss Fotografie für Landschaften
Monochrome Landschaftsbilder vermitteln ein Gefühl der Rohheit. Das hilft ihnen, Aufmerksamkeit zu erregen. Sie verlassen sich auf die grundlegenden Merkmale der Szene – Licht und Gelände – um eine Geschichte zu erzählen. Darüber hinaus ist es normal, dass Landschaften mit vielen Farben auffällig wirken und von der Botschaft ablenken, die du vermitteln willst. Oft ist schwarz-weiss einfach die beste Lösung.
Es wird Momente geben, in denen die Farben einer Landschaft perfekt sind, aber das Bild sieht in Schwarz-Weiss einfach immer noch besser aus. Als Fotograf versucht man oft, die Essenz einer Szene festzuhalten. Manchmal geht es bei dieser Essenz mehr um Schatten, Textur, Form und Kontrast als um bestimmte Farbtöne.
Strassenfotografie in Schwarz-Weiss
Als letztes kommt die Street Fotografie. Das ist vielleicht das einzige Genre der Fotografie, in dem die Menschen eher monochrom fotografieren als in Farbe. Aber warum ist das so?
In gewisser Weise liegt es an der Geschichte der Strassenfotografie. Menschen wie Henri Cartier-Bresson und Vivian Maier haben das Strassenleben ausschliesslich in Schwarz-Weiss festgehalten und haben damit viele Menschen beeinflusst, die heute fotografieren.
Aber auf einer tieferen Ebene kann Farbe von Strassenszenen ablenken, wie es in anderen Genres seltener der Fall ist. Wenn du möchtest, dass sich die Zuschauer auf eine Interaktion oder ein subtiles visuelles Wortspiel konzentrieren, solltest du sicherlich nicht mit Farbspritzern den Blick von der Aktion ablenken (besonders in Städten, wo die Position der Farben im Bild oft zufällig ist). Das soll nicht heissen, dass alle guten Strassenfotografien schwarz-weiss sein müssen. Es sollte aber nicht überraschen, dass es so viel davon gibt.
Fazit
Die Schwarz-Weiss Fotografie ist nicht ganz ohne. Obwohl du nicht so viele Variablen zum Jonglieren hast, wenn du ohne Farben arbeitest, schaffst du stattdessen eine neue Herausforderung: Ausdrucksstarke Fotos machen, ohne ein bestimmtes Werkzeug zur Verfügung zu haben! Wenn du regelmässig in Farbe knipst, kannst du dich bei Sonnenuntergang auf lebendige Wolken verlassen, um ein eindrucksvolles Bild aufzunehmen. Oder für die Porträtfotografie kannst du dein Motiv naturgetreuer gestalten, indem du die Farbe der Augen, Haare und der Haut mit einem grösseren Sinn für Realismus darstellst.
Nichts davon ist mit der Schwarz-Weiss Fotografie möglich. Stattdessen musst du mit Licht, Schatten und den Elementen der Komposition arbeiten, um eine Geschichte zu erzählen und die Emotionen einzufangen, die du im Sinn hast. Obwohl das Übung erfordert, ist es die Mühe wert. Einige Botschaften sind einfach dazu bestimmt, monochrom vermittelt zu werden.
20 Gedanken und Fragen