Sternenhimmel fotografieren ᐅ 8 Tipps und Kameraeinstellungen
Wer den Sternenhimmel fotografieren will, muss sich gut vorbereiten. Neben der optimalen dunklen Location und dem Wetter gibt es entscheidende Faktoren zu beachten. Nur 4-5 Nächte im Monat bei Neumond eignen sich nämlich fürs Sterne zu fotografieren. Das richtige Objektiv und das Rauschverhalten der Kamera sind zentral. Wer richtig klare und gute Bilder von Sternen fotografieren will, kann sich mit dieser Anleitung tiptop vorbereiten.
Das begrenzte Licht mag das Fotografieren der Sterne schwierig machen, aber sowohl die Erfahrung als auch die endgültigen Bilder machen diese Art der Fotografie zu einer tollen Herausforderung! Ich bin sicher, dass du diese meistern wirst. Selbst wenn du kein erfahrener Fotograf bist, macht das Experimentieren mit der Astrofotografie Spaß und ist eine auch großartige Möglichkeit, mehr über Bildbearbeitung zu lernen. In diesem Artikel wirst du alles lernen über:
- Kamera Einstellungen
- Ausrüstung
- Planung und beste Orte
- Tipps & Bildbearbeitung
Inhaltsverzeichnis
Kameraeinstellungen für den Sternenhimmel
Starte mit folgenden Kameraeinstellungen:
- Stelle die Kamera in den manuellen Modus M
- Belichtungszeit: 20 Sekunden
- Blende: f/5.6
- ISO: 800 – 1600
- Zoom / Brennweite auf 20 mm oder so tief wie möglich einstellen
- Bildstabilisierung: Aus
- Fokus: manuell unendlich fokussieren
- Aktiviere die Spiegelvorauslösung (bei Spiegelreflexkameras)
Diese Einstellungen sind ein guter Startpunkt. Die optimalen Einstellungen werden aber von verschiedenen Faktoren beeinflusst – so zum Beispiel von der Brennweite, dem Umgebungslicht und der Erddrehung. Lies also weiter, um die richtigen Kameraeinstellungen zu berechnen und festzulegen.
Optimale Belichtungszeit
Da man Sterne bei Nacht fotografiert, ist optimalerweise wenig Umgebungslicht vorhanden. Damit die Sterne auf dem Bild richtig strahlen und die richtige Schärfe haben, muss lange belichtet werden. Durch die Langzeitbelichtung bleibt der Verschluss lange offen, damit bei hoher Blendenstufe (kleine Öffnung) möglichst lange Licht auf den Sensor fallen kann. Soll man also im BULB Modus 2-3 Minuten lang belichten? Nein!
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Erddrehung beeinflusst Belichtungszeit
Fotografiert man in der Nacht die Lichter einer Stadt oder von fahrenden Autos, dann können zwei Minuten durchaus Sinn ergeben. Beim Fotografieren von Sternen gibt es aber eine natürliche Grenze für die Belichtungszeit, da sich die Erde dreht. Mit der Erddrehung verschieben sich auch die Sterne. Ab 20-30 Sekunden Belichtung können die Sterne durch die Bewegung bereits unscharf werden und einen Schweif ziehen, wie im Bild oben dargestellt. Falls du solche Sternspuren fotografieren willst, dann lies unser Tutorial zu Startrails. Heute wollen wir aber einen scharfen Sternenhimmel. Wie müssen wir die Kamera also einstellen, damit wir unter diesen 20-30 Sekunden liegen und trotzdem genug Licht auf den Sensor fällt? Die maximale Belichtungszeit für Sternenhimmel kann auf Basis der Brennweite berechnet werden.
Belichtungszeit für Sternenhimmel berechnen
Die Formel für die Belichtungszeit hängt davon ab, ob du eine Kamera mit Crop-Faktor (APS-C) oder eine Vollformatkamera besitzt. Je nachdem kannst du die Belichtungszeit mit folgender Formel berechnen:
- Crop-Sensoren: 300 / (Cropfaktor deiner Kamera * Brennweite)
- Vollformat-Kameras: 300 / Brennweite
Rechenbeispiel: Stellt man die Brennweite auf 20 mm ein, so ergibt sich bei einer Vollformat-Kamera eine Belichtungszeit von 300 / 20 = 15 Sekunden. Hier kannst du alles Über den Brennpunkt und Brennweite nachlesen.
Es gibt Unterschiede
Manche Fotografen verwenden auch die 500er Regel. Dabei wird im Zähler des Bruchs 500 statt 300 verwendet. Wie so oft sprechen wir hier von einer Faustregel – einem Startpunkt. Die optimale Belichtungszeit wird ja noch durch weitere Faktoren wie der ISO und aktuell eingestellte Blende beeinflusst. In der nachfolgenden Tabelle rechnen wir mit 300 im Zähler.
Brennweite | Vollformat Belichtungszeit | APS-C Belichtungszeit | MFT |
---|---|---|---|
10 mm | 30 s | 18,75 s | 15 s |
12 mm | 25 s | 15,62 s | 12,5 s |
14 mm | 21,4 s | 13,39 s | 10,7 s |
16 mm | 18,75 s | 11,71 s | 9,37 s |
20 mm | 15 s | 9,37 s | 7,5 s |
24 mm | 12,5 s | 7,81 s | 6,25 s |
28 mm | 10,71 s | 6,69 s | 5,35 s |
30 mm | 10 s | 6,25 s | 5 s |
35 mm | 8,57 s | 5,35 s | 4,28 s |
40 mm | 7,5 s | 4,68 s | 3,75 s |
50 mm | 6 s | 3,75 s | 3 s |
70 mm | 4,2 s | 2,6 s | 2,1 s |
85 mm | 3,52 s | 2,2 s | 1,76 s |
105 mm | 2,85 s | 1,78 s | 1,425 s |
Blende
Die Blende muss so eingestellt werden, dass wir genug Schärfentiefe haben, aber gleichzeitig so weit offen sein, dass die Belichtungszeit nicht über 30 Sekunden zu liegen kommt. Einige Fotografen raten dir vielleicht, die Blende einfach immer so weit wie möglich zu öffnen, also eine tiefe Blendenzahl einzustellen. Diese Meinung teile ich nicht ganz. Ich gehe immer an die maximale Belichtungszeit und bestimme dann die Blende. Mein Ziel ist eigentlich eher eine höhere Blendenzahl zu erreichen, da damit eben mehr Schärfentiefe entsteht. Starte also mal mit Blende f/5.6 und korrigiere diesen Wert nach unten, wenn das Bild zu dunkel ist.
ISO Wert
Erfahrungsgemäß ist ein ISO Wert zwischen 800 und 1600 notwendig, damit auf dem Bild etwas zu sehen ist. Wie immer gilt aber auch hier die Regel, einen so tiefen ISO Wert wie möglich einzustellen, um möglichst wenig Rauschen im Bild zu haben. Bei einem zu hohen ISO Wert entsteht ein körniges Bild, auf welchem ab einem gewissen Mass die Sterne nicht mehr vom Rauschen unterschieden werden können.
Weitere Einstellungen
- Bildstabilisierung
Schalte die Bildstabilisierung aus. Diese elektronische Stabilisierung kann bei der Langzeitbelichtung unerwünschte Effekte hervorrufen. - Fokussieren
Auch der Autofokus muss abgestellt werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass das Objektiv während der Belichtung neu fokussiert. Damit wird das Bild sofort unbrauchbar und du musst von neuem beginnen. Den Sternenhimmel musst du manuell fokussieren. Stelle den Fokus mit dem Ring und deinem Objektiv einfach auf unendlich ein. Bei einigen Objektiven gibt es auch das „unendlich Zeichen“ ∞ – damit ist es dann noch etwas einfacher.
Welche Kamera zum Sterne fotografieren?
Das Rauschverhalten der Kamera spielt beim Fotografieren von Sternen und der Milchstrasse eine entscheidende Rolle. Je weniger Rauschen, desto besser. Mit einer Vollformatkamera hat man deutlich mehr Chancen, einen weiteren Bildausschnitt vom Sternenhimmel zu erhalten. Natürlich kann man auch mit Kameras mit APS-C Sensor (Crop-Faktor) gute Resultate erzielen. Falls man aber eine Vollformatkamera besitzt, sollte man diese auf jeden Fall vorziehen.
Wir haben diverse Kameras getestet. Hier findest du die besten Kameras für die Astro- und Landschaftsfotografie. Hier trotzdem noch eine kleine Auswahl mit wirklich tollen Kameras und geringem Rauschverhalten.
Vollformat Kameras
APS-C Spiegelreflex & Systemkameras
Welches Objektiv für den Sternenhimmel?
Um einen möglichst grossen Bereich des Nachthimmels und damit viele Sterne zu fotografieren, braucht man ein Weitwinkel-Objektiv. In diesem Fall: Je weitwinkliger, desto besser. Zudem sollte dieses so Lichtstark wie möglich sein. Hier einige Beispiele von Objektiven, welche sich gut eigenen
Alle Objektive sind für APS-C, MFT, Sony E / EF-Mount geeignet:
Wann ist der beste Zeitpunkt um Sterne zu fotografieren?
Der beste Zeitpunkt ist dann, wenn der Nachthimmel so dunkel wie nur möglich ist. Die beste Dunkelheit gibt’s bei Neumond. Das heisst, wenn der Mond nach dem Vollmond untergeht, bis er praktisch nicht mehr sichtbar ist.
Neumond: Nur 4 bis 5 Tage im Monat eignen sich, um Sterne zu fotografieren
Wenn der Mond nicht scheint und strahlt, dann sieht man die Sterne noch extremer in ihrer vollen Pracht. In den Sommer-Monaten Juni und Juli sieht man die Milchstrasse in Europa aufgrund des Sonnenabstands am besten.
Hier findest du einen aktuellen Mond-Kalender, mit welchem du die besten Tage finden kannst: http://www.linker.ch/eigenlink/mondphase.htm
Allenfalls bietet sich ja aber in den nächsten Tagen bereits eine Möglichkeit? Auf dem folgenden Bild kannst du sehen, wann die nächste dunkle Nacht folgt, weil der Mond fast nicht leuchtet:
Der optimale Ort zum Sterne fotografieren
Je weniger Lichtquellen in der Nähe der Kamera, desto besser. Optimale Plätze zum Fotografieren des Sternenhimmels liegen meist erhöht – auf einem Hügel oder Berg, auf welchem keine weiteren Lichtquellen vorhanden sind. Stadtnahe Locations sind meistens ungünstig, da eine Stadt mit ihren tausend Lichtern über mehrere hundert Meter hoch Licht strahlen kann. An einem stockdunklen Ort gelingen die besten Fotos ohne Störungen. In der Schweiz gibt es viele Berge, welche sich perfekt eignen um die Milchstrasse und Sterne zu fotografieren.
Auf folgenden Websites kann man die Lichtstrahlung von verschiedenen Orten aus der Luft sehen, um schnell eine dunkle Location zu finden:
9 Tipps fürs Sterne fotografieren
1 Apps für die Sternenfotografie
Als zusätzliches Hilfsmittel zu den Lichtverschmutzungs-Karten gibt es eine App namens Sun Surveyer, mit welcher man für einen bestimmten Ort feststellen kann, wo sich die Sterne, Mond oder Sonne zu einem bestimmten Zeitpunkt befinden. Mit diesem oder anderen Tools lässt sich das Shooting gut planen und ein optimaler Zeitpunkt finden.
2 Achte auf das Wetter
Dieser Tipp versteht sich allenfalls von selbst, denn bei Nebel kann man schlecht Sterne fotografieren. Mir reicht der normale Wetterbericht meist aber nicht aus. Ich verlasse mich lieber auf konkretere Berichte, welche den Fokus auf Astro / Himmelsbeobachtung legen. Dafür gibt es spezialisierte Astronomie-Websites wie Clear Outside. Da bekommst du einiges mehr an Details.
3 Besuche den Shootingplatz vorab
Mache dich immer mit dem Gebiet vertraut, bevor du dich in der Dunkelheit auf den Weg machtst. Ich besuche diese Orte regelmäßig tagsüber. Es ist mir wichtig, ein geistiges Bild davon zu haben, wohin ich in der Shooting-Nacht gehen werde, wo ich meine Kamera aufstelle und was ich fotografieren will. Die Komposition sollte immer bei Tageslicht gemacht werden.
4 Ein Motiv im Vordergrund
Nachdem die Vorbereitungen getroffen sind, ist es endlich an der Zeit, über die Komposition nachzudenken. Denn oft macht sich ein Motiv vor dem Sternenhimmel wirklich gut! Das kann ein Baum sein, ein Hügel oder ein paar Felsen. Da jede Art von signifikanter Beleuchtung am besten vermieden wird, muss du das Motiv sorgfältig ausgewählen.
Es gibt zwei verschiedene Möglichkeiten, die Landschaft oder ein Motiv in deine Aufnahme zu integrieren. Du kannst z.B. den Boden so belassen wie er ist, und für den Himmel belichten, was alles in eine Silhouette verwandelt. Oder du kannst eine Taschenlampe oder eine andere kontinuierliche Lichtquelle verwenden, um etwas Licht auf diese Vordergrundelemente zu streuen damit sie in voller Farbe zusammen mit dem Himmel erscheinen. Auch hier handelt es sich um eine kreative Entscheidung, so dass es keine richtige oder falsche Antwort gibt.
Es gibt jedoch auch andere Möglichkeiten, den Vordergrund zu beleben. Da viel Umgebungslicht die Sterne verblassen lässt, sind Motive wie Städte oder befahrene Strassen schwierig. In der Nachbearbeitung kannst du einiges davon aber korrigieren und überblenden. Ein Versuch ist es vielleicht wert!
5 Wichtiges Zubehör
20 Sekunden stillsitzen und belichten sollte ja kein Problem sein. Nur meistens bleibt es nicht bei einem Foto, oder du musst bessere Bedingungen abwarten. So oder so – Sternenhimmel fotografieren dauert meistens länger als man denkt. Ein bisschen Zubehör unterstützt dich massgeblich. Diese paar Gadgets haben mit schon oft geholfen (oder dem Fotografen nebenan):
6 Verwende den Selbstauslöser
Benutze immer den Selbstauslöser oder eine Kamera-Fernbedienung zum Fotografieren von Sternen. Das Berühren der Kamera während einer Langzeitbelichtung kann manchmal selbst mit einem Stativ zu Kameraverwacklungen führen. Mit der eingestellten Komposition, Belichtung und Schärfe bist du bereit zum Fotografieren und musst die Kamera nicht mehr berühren. Wenn du eine ferngesteuerte oder Wi-Fi-fähige Kamera mit einer Smartphone-App besitzt, umso besser. Ansonsten nutze einfach den Timer mit der Selbstauslösung.
7 Überprüfen und anpassen
Nachdem du gewartet hast bis die Langzeitbelichtung abgeschlossen wurde, überprüfst du die Aufnahme auf dem LCD-Bildschirm, bevor du zur nächsten übergehst. Vergewissern dich durch Heranzoomen, dass das Sternenbild gestochen scharf ist. Überprüfen auch die Komposition auf mögliche Verbesserungen, denn manchmal kommt nicht alles so, wie man sich das bei Tageslicht vorstellt.
8 Sternenfotos bearbeiten
In jedem großartigen Nachthimmelbild steckt so einiges an Nachbearbeitung. Falls du dir also ein Foto zum Vorbild genommen hast, wirst du es „out of cam“ so höchstwahrscheinlich nicht nachproduzieren können. Was die Kamera einfängt, ist in der Regel viel langweiliger als der Look, den wir uns wünschen. Genau hier kommt die Nachbearbeitung ins Spiel. Es gibt eine Vielzahl von Anwendungen zur Bearbeitung von Fotos.
Für die besten Ergebnisse empfehle ich die die Verwendung eines Desktop-basierten RAW-Prozessors wie Adobe Lightroom, Capture One oder Skylum Luminar. Ich habe mit Luminar sehr gute Erfahrungen gemacht. Einfach zu bedienen und tolle Effekte. Probiere Luminar mal aus!
Belichtung & Weissabgleich
Beginne mit der Feinabstimmung der Belichtung, um die Sterne heller zu machen. Bitte aber nicht zu extrem, sonst wird das Rauschen vermehrt sichtbar. Der Weißabgleich kann sich auch bei der Bearbeitung von Sternenaufnahmen als nützlich erweisen. Vielleicht möchtest du, dass der Himmel blauer oder sogar violett aussieht, mehr als schwarz oder grau. Der Weißabgleich ist die einfachste Möglichkeit, dies zu erreichen.
Kontrast
Der Kontrast trägt dazu bei, dass die Sterne etwas mehr hervorstechen. Statt aber nur den Kontrastregler zu verwenden, kannst du die Lichter, Weiß, Schatten und Schwarztöne individuell anpassen. Ich verstärke damit jeweils die Lichter und verringere die Schatten. Auf diese Weise hast du eine viel genauere Kontrolle als mit dem Kontrast-Schieberegler allein.
Objekte entfernen
Obwohl dies keine Voraussetzung ist, entfernen erfahrene Astrofotografen immer Flugzeuge und Satelliten aus ihren Bildern. Auf dem Foto sind diese klar als Lichtstreifen zu sehen, die gerade über den Himmel verlaufen. Sternspuren wären kreisförmig und können dadruch klar unterschieden werden. Es kostet viel Zeit, diese Dinge entweder mit einem Heilpinsel oder mit einem Klonstempelwerkzeug zu entfernen, aber das Endergebnis ist es in der Regel wert.
9 Experiementiere
Bei der Fotografie geht es oft auch darum, sein Wissen zu kombinieren. So kannst du zum Beispiel den Sternenhimmel fotografieren und gleichzeitig mit Lichtmalerei coole Effekte ins Bild zaubern wie auf dem obigen Bild. Eine Challenge für alle, die sich mit den Sternen schon ausgetobt haben!
Zusammenfassung
- Einen dunklen Ort weit weg von einer Stadt oder sonstigen starken Lichtquellen suchen
- Wettervorhersage und Himmel beobachten
- Eine Nacht bei Neumond wählen, damit der Mond nicht sichtbar ist und leuchtet
- Kamera, Stativ und Selbstauslöser mitnehmen
- Belichtungszeit berechnen anhand der Formel > nicht länger als 20-30 Sekunden, da sich die Erde dreht und die Sterne sich damit bewegen.
- In RAW fotografieren, damit die Bilder später auf dem PC entwickelt werden können
11 Gedanken und Fragen