Straßenfotografie – So fotografierst du Menschen in ihrer Umgebung
Dein Ziel mit Straßenfotografie ist, das alltägliche Leben und die Gesellschaft zu dokumentieren. Tönt relativ einfach oder? Mit den richtigen Tipps ist es das auch. Auch Gelegenheiten gibt es genug! Du musst nicht einmal verreisen, um gute Fotos von Personen auf der Straße zu machen. Es ist eines der wenigen Genres der Fotografie, indem meistens Fotos ohne Erlaubnis und ohne das Wissen der fotografierten Person gemacht werden. Lies hier alle unsere Tipps & Tricks, die wir in den letzten Jahren in der Straßenfotografie gesammelt haben.
Inhaltsverzeichnis
- Intime Porträts ohne Erlaubnis?
- #1: Welches ist das optimale Objektiv?
- #2: Straßenfotografie Kamera-Einstellungen
- #3: Deine Füße sind dein Zoom
- #4: Nimm deine Kamera überall mit
- #5: Ignoriere deine innere Stimme
- #6: Fotos aus der Hüfte schießen
- #7: Fotografieren bei Nacht
- #8: Denke ‘Outside the box’
- #9: Bildqualität ist nicht alles
- #10: Nichts für jedermann
- Zusammenfassung
Intime Porträts ohne Erlaubnis?
Frage Nummer 1. Darf man überhaupt Fotos von Personen machen ohne deren Erlaubnis? Gerade in Zeiten in der Datenschutz groß geschrieben wird, ist das sicher kein einfaches Thema. In einem anderen Artikel haben wir einmal das Thema „Recht am eigenen Bild“ behandelt – bei Gelegenheit solltest du diesen einmal lesen, um ein Gespür für die Gesetzeslage zu bekommen.
Im ersten Satz haben wir schon erwähnt, dass die Straßenfotografie dokumentarischen Charakter hat. Da es ja eben genau darum geht, Menschen und Situationen so zu fotografieren wie sie eben sind oder geschehen, sollte man möglichst wenig arrangieren. Die Möglichkeit einer Inszenierung musst du aber nicht generell ausschließen. Wenn du eine interessante Person siehst, kannst du sie auch einfach ansprechen und fragen, ob du ein Bild machen kannst. Das ist ein großartiger Weg um intime Porträts von jemanden in seiner natürlichen Umgebung zu machen. Und fragen kost ja nix!
Behalte dein Ziel im Auge
Am wichtigsten ist es, dass du Spaß an der Straßenfotografie hast. Die besten Resultate erhältst du, wenn du den Kopf ausschaltest und dich nur auf deine Umgebung konzentrierst. Kamera auspacken und loslegen! Wie du deine Angst besiegen kannst, verraten wir dir später. Behalte immer dein oberstes Ziel präsent: nämlich Emotionen, Menschlichkeit und den Charakter einer Person darzustellen.
Obwohl es Zeit, Übung und Geduld brauchen wird, um ein wirklich gutes Foto zu schießen, wird es sich auf jeden Fall lohnen – versprochen. Nun will ich dich aber nicht mehr auf die Folter spannen. Hier sind sie, unsere top 10 Straßenfotografie Tipps:
Kennst du schon meine 52 weltbesten Spickzettel?
#1: Welches ist das optimale Objektiv?
Das richtige Objektiv auszusuchen ist einer der wichtigsten Faktoren der Straßenfotografie. Anfangs wirst du in Versuchung kommen ein Teleobjektiv zu benutzen mit einem rieeesen Zoom – damit du ja nicht allzu nah an eine Person herantreten musst. Ein Tele richtet aber mehr Schaden als Gutes an. Letztendlich willst du nicht jemand sein, der möglichst unbemerkt von der anderen Straßenseite aus unbekannte Personen mit einem riesigen Objektiv abfotografiert. Ein solches Verhalten schürt nur noch mehr Unsicherheit. Andererseits ist eine gewisse Unauffälligkeit auch nicht falsch. Wo liegt also das Mittelmaß?
Du solltest unauffällig aussehen und mitten im Geschehen sein. Benutze ein Weitwinkel-Objektiv oder gar eine Festbrennweite (für die sehr mutigen unter uns) und tauche in eine Menschenmenge ein. Viele Street-Fotografen entscheiden sich gar für eine kompakte Kamera, die weniger aufdringlich ist als eine DSLR. Zusätzlich hat sie noch den Vorteil, leichter und diskreter zu sein. Große Objektive machen Angst, wenn sie frontal auf einen gerichtet sind – auch schon erlebt? Man kommt sich vor wie in der Schusslinie – nicht gut, also lass das lieber.
#2: Straßenfotografie Kamera-Einstellungen
Kamera Modus
Der leichteste Weg deine Kamera für die Straßenfotografie einzustellen ist der AV (Aperture Priority Mode) Modus. In diesem „Zeitautomatik“ Modus, wird die Belichtungszeit von der Kamera automatisch berechnet. Den ISO Wert und die Blende stellst du aber selbst manuell ein. Mit der manuellen Blende hast du die Möglichkeit, schöne Tiefen und unscharfe Hintergründe in deine Bilder zu bringen.
Blende und ISO
An einem sonnigen Tag kannst du mit Blende f/16 und einem ISO zwischen 200 und 400 starten. Wenn die Kamera eine Verschlusszeit von über 1/200 Sekunde anzeigt, bist du bereit zum Fotografieren. Den vollständigen manuellen Modus empfehlen wir dir in der Straßenfotografie nicht, da du schnell auf Situationen reagieren musst. Die Lichtverhältnisse und Situationen ändern sich so schnell, dass du kaum die Zeit finden wirst um alle Faktoren (ISO, Verschluss, Blende) manuell einzustellen.
Unscharfe Bilder vermeiden
Achte aber genau auf die Verschlusszeit (Belichtungszeit) und stelle darauf hin die Blendenöffnung und ISO ein. Mit einer Verschlusszeit von unter 1/80 Sekunde einstellt, riskierst du, dass das Foto unscharf wird (was auch als positiven Effekt genutzt werden kann). Um das Bild schärfer zu machen, erhöhe ISO und/oder vergrößere die Blendenöffnung.
Automatik Modus
Falls du neu in der Fotografie bist, kannst du natürlich die Kamera auch in den Automatik-Modus versetzen. Du kannst immer noch den Lichtwert (EV) nach Belieben anpassen. Das ist besonders nützlich, wenn du ‘run and gun’ (also ohne Zeit nachzudenken) fotografierst und fast keine Kontrolle darüber hast, was die Kamera tut (was nicht immer die beste Lösung ist). Der Automatik-Modus macht normalerweise einen relativ guten Job. Ich würde jedoch nicht bei niedrigen Lichtverhältnissen auf ihn bauen, da möglicherweise die Verschlusszeit zu langsam ist um den Moment richtig aufzunehmen.
#3: Deine Füße sind dein Zoom
Ein Weitwinkel-Objektiv ermöglicht es dir, nahe an deinem fotografischen Objekt der Begierde zu stehen. Zudem haben Weitwinkel-Linsen den Vorteil, dass das aufgenommene Foto dem Zuschauer das Gefühl vermittelt, Teil des Moments zu sein. Viele berühmte Straßenautos wurden nur einige Meter (oder gar nur Zentimeter) von ihrem Objekt entfernt geschossen. Gehe auf der Suche nach interessanten Objekten achtsam durch belebte Straßen, Märkte oder Parks. So entstehen gute Fotos. Wenn die Fotos am Ende nicht aussehen wie du sie visualisiert hattest, musst du näher ans Objekt herangehen.
Nutze deine Füße als Zoom – bis du am richtigen Ort stehst. Aus diesem Grund sind eben auch Festbrennweiten eine wirklich gute Möglichkeit in der Straßenfotografie, da dich das Objektiv zwingt, einen geringen Abstand zu halten.
Wenn deine Bilder nicht gut genug sind, bist du nicht nahe genug dranFotograf Robert Capa (übersetzt)
#4: Nimm deine Kamera überall mit
Straßenfotografie ist spontan, niemand wartet auf dich. Es ist eine Disziplin, die du üben musst, um sie zu perfektionieren. Deine Kamera ist dein verlängerter Arm – sie ist dein Sprachrohr um deine Sicht mit der Welt zu teilen. Leider bekommt man selten eine zweite Chance für einen tollen Moment! Sei also vorbereitet. Deine Kamera muss immer griffbereit sein. Statte dich ordentlich mit Akkus aus, damit du die Kamera immer angeschaltet lassen kannst, auch wenn du sie gerade nicht vor deinen Augen hast. Um im entscheidenden Moment ein Foto zu machen, hast du nur einen Sekundenbruchteil Zeit!
#5: Ignoriere deine innere Stimme
Viele Menschen haben so ihre Mühen mit dem Konzept der Straßenfotografie. Sie haben Angst, dass ihr Motiv genervt reagiert, mit Gewalt entgegnet, oder sogar die Polizei ruft. Praktisch alle Fotografen haben solche Ängste, denn sie sind nur allzu menschlich. Es ist die Angst vor Ablehnung, mit welcher wir bewusst oder unbewusst jeden Tag kämpfen. Aber ich habe gute News für dich: Man kann sie überwinden! Wie? Indem man öfter mit der Kamera hinausgeht.
Hier sind einige praktische Tipps, die mir persönlich sehr geholfen haben:
- Finde einen interessanten Platz, wo du mit deiner Kamera sitzen kannst. Ich verbringe viel Zeit in Cafés und Restaurants. Vor allem, wenn ich reise; meine Kamera ist immer mit dabei. In einer komfortablen Umgebung kannst du entspannt auf den richtigen Moment warten, um ein tolles Bild zu machen. Zudem bist du unauffälliger, wenn du in einem Café sitzt und nicht mitten auf der Straße stehst.
- Höre Musik, während du mit deiner Kamera hinausgehst. Musik lenkt dich ein bisschen ab. Zudem kann sie inspirierend wirken und dir helfen zu relaxen. Es mag nicht sehr logisch klingen, wirkt jedoch Wunder. Wenn es dir hilft relaxed zu sein, ist es einen Versuch wert. (An unbekannten Orten und in der Nacht rate ich jedoch davon ab).
- Setze dir ein Ziel bevor du loslegst. Nimm dir zum Beispiel vor: „heute spreche ich 10 Personen an“. Ein einfacher psychologischer Trick. Du weißt von vornherein, dass du maximal mit 10 Personen reden, respektive um die Erlaubnis für ein Foto fragen musst. Glaube mir, dies wird es dir extrem erleichtern. Nicht alle werden ja sagen. Aber vielleicht sagt nur eine Person ja, die dir ein wirklich tolles Straßenfoto beschert.
#6: Fotos aus der Hüfte schießen
Generell gilt in der Fotografie die Regel, dass ein Foto mit der Kamera direkt am Auge immer besser gelingt. Es gibt jedoch Situationen, in denen es nicht möglich ist, die Kamera zum Auge zu führen. Darum ist es nützlich zu lernen, wie man Fotos aus der Hüfte schießt.
Als ich mit der Straßenfotografie begann, tat ich mich wirklich schwer, Menschen gegenüberzutreten und ihnen meine Kamera vor die Nase zu halten. Deswegen fing ich an, Fotos von meiner Hüfte aus zu schießen. Anfangs war ich nicht wirklich erfolgreich. Als ich mich jedoch an die Kamera und an die Brennweite (die richtigen Distanzen) gewöhnt hatte, konnte ich einige großartigen Bilder schießen. Wichtig dafür ist ein gutes Gefühl für Distanzen und eben die Brennweite, über welche du hier mehr lesen kannst.
#7: Fotografieren bei Nacht
Fotografieren bei Nacht bietet eine großartige Möglichkeit, die faszinierenden Stimmungen in deine Bilder mit aufzunehmen. Es ist jedoch nicht so leicht wie das Fotografieren untertage; du musst auf niedrige Verschlusszeiten achten, um unscharfe Fotos zu vermeiden. Außerdem musst du den ISO Wert hochschrauben und die Blende so weit wie möglich öffnen, um die schwachen Lichtverhältnisse zu kompensieren.
Wenn du länger belichten willst oder musst, solltest du ein Stativ mitnehmen. Alternativ würde es dir ein lichtstarkes Objektiv auch bei schlechten Lichtverhältnissen ermöglichen, ein gutes Bild aufzunehmen. Allerdings haben solche „starken“ Objektive auch ihren Preis. Nutze immer die Reziprokenregel um festzustellen, wie lange du aus der Hand (also ohne Stativ) fotografieren kannst.
Bei Nachtfotos solltest du außerdem interessante Linien, Schatten und Kompositionen finden, um deinem Bild die nötige Aussagekraft zu verleihen. Silhouettenhafte Objekte sind interessant und können zusammen mit Schatten schöne Kompositionen ergeben.
#8: Denke ‘Outside the box’
Schlagkräftige Ideen und Emotionen können durch ganz simple Szenen porträtiert werden. Die meisten Menschen verbinden Straßenfotografie in erster Linie mit Menschen oder Straßenporträts. Du musst jedoch nicht immer Personen oder eine Menschenmasse in deinen Bildern verewigen. Bei belebten Plätzen ist das natürlich schwierig. Du kannst jedoch einer ruhigen Seitenstraße entlang gehen und nach verschiedenen interessanten Objekten Ausschau halten. Mit oder ohne Personen – es gibt unzählige Möglichkeiten für verschiedenste Fotos.
Während meiner Zeit in Kuba verbrachte ich einige Zeit damit, die alten Gebäude in den Straßen zu fotografieren. In der Fotografie Community wurde die entstandene Serie erstaunlicherweise recht beliebt. Das war nicht beabsichtigt – aber umso erfreulicher, da ich einfach mal etwas Anderes ausprobiert habe.
Fotografiere die Welt wie sie ist, nichts ist so spannend wie die Realität.Fotografin Mary Ellen Mark (übersetzt)
Hier findest du übrigens weitere Zitate von erfolgreichen Straßenfotografen. Oder lass dich von unserer Sammlung an 72 Fotografie Zitaten inspirierenden!
#9: Bildqualität ist nicht alles
Obwohl einige Fotografen bei folgendem Punkt sicherlich nicht meiner Meinung sein werden… so glaube ich trotzdem, dass die Bildqualität bei der Straßenfotografie nicht das Wichtigste ist. Ganz im Gegensatz zu Landschaftsfotos oder professionellen Auftragsarbeiten im Werbeumfeld. Du solltest natürlich darauf bedacht sein, die Bildqualität so hoch wie möglich zu halten. Jedoch ist diese in der Straßenfotografie sicherlich nicht so wichtig wie in anderen Bereichen der Fotografie. Meiner Meinung nach sind Bildgestaltung, Licht, Drama und die Geschichte, die du zu erzählen versuchst wichtiger, als die Bildqualität. Wenn deine Bilder all das darstellen, bist du auf bestem Weg ein guter Straßenfotograf zu werden!
Schärfe, geringes Rauschen und Bildqualität sind nichts wert, wenn die Bildgestaltung, das Licht oder die Atmosphäre nicht stimmt. Fokussiere dich auf das wichtigste – so wird dir ein gutes Straßenauto gelingen.
#10: Nichts für jedermann
Wie auch bei allen anderen Genres der Fotografie ist es wichtig zu genießen, was du tust. Wenn die Straßenfotografie etwas ist, was dir nicht zusagt, dann kannst du auch normale Bilder machen. Kreativität kommt dort auf, wo deine Leidenschaft liegt. Also mach das, was dich glücklich macht und nicht was andere Leute von dir erwarten. Ich liebe die Straßenfotografie, weil ich im Freien sein kann, neue interessante Leute kennenlerne und zusätzlich das alltägliche Leben aus einer anderen Perspektive sehe.
Zusammenfassung
- Straßenfotografie benötigt Übung. Je öfter du hinausgehst, desto mehr steigt dein Selbstvertrauen. Mit jeder Tour wird dein Auge mehr geschärft.
- Der Ansatz ist einiges leichter als in anderen Bereichen
- Die Nachbearbeitung der Bilder sollte auf das Essenzielle reduziert werden (minimale oder keine Bearbeitung).
- Wahrnehmung und Intuition sind die wichtigsten Faktoren. Du musst aufmerksam sein und dein Auge für Details trainieren. Folge deiner Intuition, nicht einer Logik.
- Gute Straßenfotos gehen von schlagkräftigen Ideen und Emotionen aus, die in einer einfachen Weise dargestellt werden.
- Diese Faktoren kombiniert helfen dir, jene einzigartigen Momente festzuhalten und deine Fotos auf ein neues Level zu hieven.
Trau dich!
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