Unterbelichtung vs. Überbelichtung – So belichtest du richtig!
Unterbelichtung und Überbelichtung sind zwei sehr wichtige gestalterische Mittel in der Fotografie, mit welchen du komplett verschiedene Bildwirkungen erzielen kannst. Mit Fakten, Beispielen und einem kreativen Beitrag, führen wir dich in die Welt der Belichtung ein. Hast du gewusst, dass es faktisch gar keine Unter- und Überbelichtung gibt? Bevor es jedoch zu sehr ins Philosophische geht, ist es zunächst wichtig, dass du als Einsteiger die beiden Grundbegriffe Unterbelichtung und Überbelichtung verstehst.
Inhaltsverzeichnis
Die Faktoren
Es gibt grundsätzlich drei Faktoren, die die Helligkeit eines Fotos bei jedem Lichtverhältnis beeinflussen:
Von diesen drei Einstellungen sind die Blende und Belichtungszeit die einzigen beiden Faktoren, mit denen du tatsächlich mehr Licht im Bild ansammeln kannst und somit auch eine Belichtung entsteht.
Bei dem Versuch, ein korrekt belichtetes Foto zu machen, kommt es nicht auf die von dir gewählten Einstellungen an, sondern auf den gegenseitigen Ausgleich dieser Grössen. Jede der drei Einstellungen hat einzeln einen Einfluss auf die Helligkeit deines Fotos. Wenn du dich beim Fotografieren zum Beispiel in einer helleren Umgebung befindest und eine offene Blende wählst (z.B. f/2 oder f/1.4), dann musst du diese Einstellung mit einer kürzeren Belichtungszeit und/oder mit einer niedrigeren ISO-Empfindlichkeit ausgleichen. Wir haben dir im Details die beiden Begriffe gegenübergestellt, damit dir die Bedeutung klar ist und du die beiden Begriffe mit links unterscheiden kannst. Am besten schaust du dir unsere Grafik zum Belichtungsdreieck noch einmal an.
Unterbelichtung
Wenn dein Foto zu dunkel ist, dann ist es unterbelichtet. Die Details darin verschwinden in den Schatten deines Bildes.
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Die Unterbelichtung bezieht sich auf ein Foto, in dem zu wenig Licht aufgenommen wurde. Der Grad der Unterbelichtung bestimmt somit, wie dunkel dein Foto werden kann.
- Eine leichte Unterbelichtung vertieft die Farbsättigung und kann dadurch zu einem positiven Effekt führen. Zum Beispiel wirken die Farben eines Sonnenuntergangs dramatischer, wenn du dafür von f/8 zu f/11 wechselst.
- Eine stärkere Unterbelichtung macht dein Foto zu dunkel und hebt somit aber die Motive deutlicher hervor. Oft ist das nachts der Fall. Zum Beispiel eine Straßenszene, in der am Abend alles nur noch schwach beleuchtet ist. Bei einer schwächeren Belichtung, also eine starke Unterbelichtung, könnte niemand die fotografierten Personen oder die Hauswand dahinter erkennen. Diese Technik wird oft in der Aktfotografie verwendet, um nur bestimmte Körperteile ins Licht zu rücken. Die Schatten bilden dann flüssige Übergänge, was dem Bild etwas Geheimnisvolles verleiht.
- Du kannst die Unterbelichtung gezielt als gestalterisches Mittel einsetzten, wenn du die Basics bereits verstanden hast. Im Fachjargon nennt man das Low-Key Fotografie. Was übersetzt soviel heisst wie Unterbelichtungs-Fotografie. Im verlinkten Artikel findest du einige tolle Anleitungen und Tipps.
Unterbelichtung korrigieren
Die Korrektur eines unterbelichteten Fotos ist mit der Kamera sehr einfach durchzuführen. Die einzige Anforderung dafür ist mehr Licht auf die Negativebene oder auf den digitalen Sensor zu bringen. Dazu hast du folgende drei Möglichkeiten:
- Bringe mehr Licht in die zu fotografierende Szene. Verwende dazu den Blitz deiner Kamera oder eine andere Lichtquelle, wie zum Beispiel einen Reflektor.
- Ändere die Blende. Öffne zum Beispiel die Blende von f/8 auf f/5,6 und halte die Verschlusszeit konstant.
- Verlängere die Belichtungszeit. Wenn sich dein Motiv nicht bewegt und du ein Stativ hast, musst du dir bei längeren Verschlusszeiten keine Sorgen um Verwacklung machen. Helle dein Foto zum Beispiel mit einer Belichtungszeit von 1/30 pro Sekunde anstatt 1/60 auf und verwende dazu dieselbe Blendeneinstellung.
Überbelichtung
Die Überbelichtung ist das genaue Gegenteil von der Unterbelichtung. Das Foto ist heller als es eigentlich sein sollte und somit als überbelichtet bezeichnet.
Das Foto mit Unterbelichtung ist viel zu dunkel und das Foto mit Überbelichtung viel zu hell. Was haben die Bilder gemeinsam? Die Details sind in beiden Fällen schlecht erkennbar. Bei der Überbelichtung verschwinden die Details im zu hellen Licht.
- Bei einer zu starken Überbelichtung verlierst du die Details, wie bereits erwähnt, im Licht. Die Schatten erhalten dann einen blaugrünen Kontrast und bei einer Person würde die Haut eher zu blass und weiss wirken als hautfarben.
- Eine leichte Überbelichtung verhilft dir, bei einem etwas zu dunklen Foto die Details besser hervorzuheben. Beachte dabei die Überbelichtung nicht mehr als einen Schritt zu erhöhen. Mit einem Schritt meinen wir einen Strich auf der Lichtwaage – eine der hilfreichsten Funktionen deiner Kamera. Wenn du durch den Sucher schaust, wirst du schon vor dem Abdrücken erkennen, ob dein Bild unter- oder überbelichtet wird. Bei 0 ist dein Bild „optimal“ belichtet.
- Überbelichtung wird auch als High-Key-Fotografie bezeichnet. Erstaunlich, welche psychologischen Aspekte auf einmal eine Rolle spielen, wenn ein Bild überbelichtet ist. Lies es doch selbst nacht in unserem High-Key Artikel.
Überbelichtung korrigieren
Wenn du ein überbelichtetes Foto korrigieren möchtest, musst du das Licht im Bild etwas reduzieren. Dazu hast du folgende drei Möglichkeiten:
- Reduziere das Licht direkt in der Szene, die du fotografieren möchtest. Gehe in den Schatten oder verwende ein Tuch oder eine Abdeckung um das hellere Licht zu dämpfen.
- Schliesse deine Blende bei gleicher Belichtungszeit etwas (z.B. von f/8 auf f/11)
- Verkürze die Belichtungszeit von 1/60 auf 1/125 Sekunde und halte gleichzeitig die Blendeneinstellung bei.
Wann ist ein Foto richtig belichtet?
Die Antwort darauf ist offensichtlich. Die richtige Belichtung für dein Foto ist diejenige, die gerade hell oder dunkel genug für dein Foto ist. Die Schatten und das hellere Licht sind dann am natürlichsten. Anders gesagt, alle Details in deinem Foto sind klar erkennbar und der Realität am nächsten – als würdest du ohne Kamera davor stehen. Beim folgenden Bild hatte der Fotograf so seine Mühe, dir richtige Balance zwischen Unter- und Überbelichtung zu finden. Die Szene ist aber auch alles andere als einfach und häufig anzutreffen in der Naturfotografie. Im Vordergrund liegen dunkle Steine, deren Struktur nur mit einer leichten Überbelichtung zu erkennen sind. Der graue Himmel frisst aufgrund der Überbelichtung nun aber die Details der Tannen weg. Muss man sich also für eine Seite entscheiden? Nein, nicht wenn man die richtigen Techniken kennt. Dazu später gleich mehr.
Ein optimal belichtetes Foto findet eine gute Balance zwischen der Unter- und Überbelichtung. Trotz allem wirst du immer einen gewissen Spielraum für die richtige Belichtung zu Verfügung haben. Denn ein komplett realistisches Foto in Bezug auf die Belichtung sehr schwer hinzubekommen. Auch nicht bei Verwendung der HDR-Technik. Unsere Augen haben nämlich im Vergleich zu einer Kamera keine Einschränkung. Zu einem bestimmten Zeitpunkt und unter normalen Umständen, können wir mit dem Auge besser Licht und Schatten unterscheiden, als jede Kamera. Aber das macht den Charme der Fotografie aus. Die Realität wird durch diesen kreativen Vorgang einfach etwas anders dargestellt.
Techniken für bessere Belichtungen
Wie schon öfters angetönt, gibt es natürlich Techniken und Kamera-Funktionen, die dir beim korrekten Belichten helfen.
- Lichtwaage. Diese haben wir bereits kennen gelernt. Eine einfache visuelle Methode mit Verädnerung von Blende und Verschlusszeit, die aber ein Bild mit verschiedenen Lichtquellen oder dunklen Stellen nicht auszugleichen vermag.
- Belichtungskorrektur. Damit gehen wir schon einen Schritt weiter und verwenden eine Funktion, die praktisch jede Kamera hat. Ist dir schon einmal der Knopf an deiner Kamera aufgefallen mit dem (+/-) ? Diese stehen für die manuelle Belichtungskorrektur. Wie sie funktioniert, kannst du hier nachlesen.
- Belichtungsmessung. Falls du eine einigermassen moderne Digitalkamera besitzt, wird sie über verschiedene Belichtungsmessungen wie die Spotmessung, Matrixmessung und so weiter verfügen. Je nach Szenerie kannst du einen dieser Modi nutzen. Lies alles darüber in unserem Artikel zur Belichtungsmessung. Diese Methode ist schon etwas zuverlässiger, reicht aber auch nicht in jedem Fall aus.
- Bracketing heisst das Zauberwort. Mit Bracketing nimmst du dieselbe Szene mit verschiedenen Belichtungseinstellungen auf – eine sogenannte Belichtungsreihe. Anschliessend überlagerst du die Bilder in einem Grafikprogramm und fügst sie optimal zusammen. Wie das geht, erfährst du im Artikel zu Bracketing. Mit dieser Technik wirst du am nächsten zur optimalen Belichtung gelangen.
- Histogram. Das Histogram ist ebenfalls in allen Kameras enthalten. Es zeigt dir anhand einer Grafik, ob es ausgebrannte (zu hell) oder zu dunkle Stellen in deinem Bild gibt, welche du mit blossem Auge auf dem Kamera-Display nicht erkennen könntest. Egal welche der 4 vorherigen Methoden zu verwendest, wirf immer noch einen Blick auf das Histogram um zu prüfen, ob deine Aufnahme wir geplant gemacht wurde. In diesem Beitrag lernst du das Histrogram lesen und verstehen.
Kreative Ansichten
Die Fakten über die Unter- und Überbelichtung sind nun auf dem Tisch. Am Anfang dieses Beitrags habe ich bereits gespoilert, dass es eigentlich gar keine Unter- oder Überbelichtung gibt. Wenn dich diese Aussage interessiert, dann lies gleich weiter.
Ist die Fotografie wirklich von Natur aus repräsentativ für die Realität, für wahre Ereignisse oder wahre Persönlichkeiten? Kurz gefragt, ist die Fotografie eine Art Lüge oder nicht? Diese Fragestellungen machen das Thema sehr komplex und du kannst tief in solche Gedanken eintauchen und stundenlang darüber mit einer anderen Person diskutieren. Doch so genau ins Detail möchten wir mit dir in diesem Beitrag nicht gehen. Ob Wahrheit oder Lüge, die Fotografie ist immer ein kreativer Vorgang. Auch wenn du mit deiner Kamera Realitäten festhalten möchtest, unternimmst du dafür trotz allem bestimmte kreative Schritte. Du fragst dich bestimmt was das mit der Unter- und Überbelichtung zu tun hat. Die Antwort darauf ist einfach.
Genauso wie du dein Objektiv, deine Kamera, dein Motiv, den Winkel oder die Farbeinstellungen wählst, so fällst du auch eine kreative Entscheidung für die Belichtung deines Fotos. Das wiederum zeigt, dass es keine allgemein richtige Belichtung und damit keine Unter- und Überbelichtung gibt. Alles was du machst, ist die für dich richtige oder falsche Belichtung zu wählen. Eine richtige Belichtung ist von deinem Ziel und deiner Arbeit abhängig. Die Einstellungen in deiner Kamera sagen dir nicht, dass das die einzig richtige Wahl ist. Es sind lediglich Vorschläge, die du annehmen oder ändern kannst. Deine Kamera kann ja nicht wissen wie und was du fotografieren möchtest. Nur du weisst welche Belichtung für dein nächstes Foto richtig ist, und ob es für deinen Geschmack zu hell oder zu dunkel ist.
Ansichtssache
Das bedeutet natürlich nicht, dass du von nun an deine gesamte Fotografie nur um deiner Selbstwillen bewerten sollst. Kreative Entscheidungen fällst du am besten, wenn sie dir gedanklich bewusst sind. Wie belichtest du ein sanftes Portrait einer Frau, die vor einem Fenster fotografiert wird? Möchtest du die Frau als Silhouette darstellen oder ihr Gesicht zur Geltung bringen? Es ist deine persönliche Entscheidung!
Nun bin ich gespannt auf deinen Kommentar! Hat dir der Artikel weitergeholfen? Hast du noch Belichtungstipps, die wir vergessen haben?
1 Gedanken und Fragen