Wie Kamera-Hersteller das Smartphone überleben können

Der Kampf zwischen DSLM / DSLR vs. Smartphones ist längst entfacht. In der heutigen Zeit steht die Zukunft der Fotografie noch in den Sternen – was mich persönlich etwas beunruhigt. Viele Kamerahersteller schreiben rote Zahlen, währenddessen die Smartphone-Kameras qualitativ immer besser werden. Wie sich diese ganze Sache weiterentwickelt, weiss niemand. Doch schon heute kämpft so mancher Kamera-Hersteller um sein Überleben. Was also muss dieser tun, um die Smartphones zu überleben? In diesem Artikel erfährst du, was ich darüber denke und wie ich mir die Zukunft der Fotografie vorstelle.

DSRL vs Smartphones
Kampf der Titanen: DSLR vs. Smartphones. (@Lisa Fotios, pexels.com)

Die Zukunft der Fotografie

In den letzten Jahren ist der Kameramarkt ungewöhnlich schnell geschrumpft. Das hatte zur Folge, dass weniger DSLR und spiegellose Kameras verkauft wurden. Der Markt für Kompaktkameras ist bereits tot und auch der Verkauf von Einsteiger-Kameras ist weltweit stark zurückgegangen. Dieser Umstand wird hauptsächlich auf den Aufstieg des Smartphones zurückgeführt. Smartphone-Hersteller konzentrieren sich immer mehr auf die Kamerafunktionen und steigen vermehrt in die Kameraindustrie ein. Die Zukunft der Fotografie für die Kamerahersteller sieht aufgrund der Smartphone-Invasion ziemlich düster aus und es scheint, dass einige Unternehmen infolgedessen nicht überleben können.

DSLR vs. Smarthpone

Ich habe mit Google Trends kurz eine Analyse gemacht, welche das Suchverhalten über die Zeit zeigt:

handy kamera vs dslr

Der Trend ist klar. Spätestens seit dem Jahr 2018 suchen mehr Personen nach „Handy Kamera“ (blaue Kurve) als nach DSLR (rot) oder Digitalkamera (gelb).

Die große Frage ist also, ob die Kamerahersteller etwas tun können, um sich über Wasser zu halten. Ich frage mich das schon seit einer Weile, deshalb habe ich beschlossen, einige meiner Gedanken in diesem Artikel zusammenzufassen.

Desktop vs. mobile Geräte

Das Leben ohne mobile Geräte wäre praktisch undenkbar. Sie wissen, können und sind alles. Wieso brauchen wir also noch Desktop-Geräte, wenn wir all diese Funktionen auch mobil haben können? Die meisten Menschen benutzen ihre Smartphones, um sich zu informieren und die sozialen Medien werden hauptsächlich über das Smartphone genutzt. Das ist eine Tatsache, die man überall beobachten kann. Social-Media-Apps wie Instagram und Facebook sind weltweit auf Milliarden von Geräten installiert. Diese Apps konzentrieren sich hauptsächlich auf nutzergenerierte Foto- und Videoinhalte.

Interessanterweise sind all diese Plattformen auf eine Auflösung von 2048 Pixel begrenzt, was einer Auflösung von höchstens 2-4 MP entspricht.

2-4 Megapixel ist die maximale Auflösung, welche die meisten Apps heute verwenden. Wir sollten uns also vielleicht überlegen, ob unsere ständige Suche nach mehr Auflösung in naher und ferner Zukunft in irgendeiner Weise sinnvoll ist. Denn das Web beschränkt die Auflösung nunmal auf 2-4 MP. Zudem betrachten wir die Fotos hauptsächlich auf dem Handy. Die Auflösung spielt da eine nicht ganz so wichtige Rolle wie bei der Betrachtung von Fotos auf einem 49″ Bildschirm.

Zukunft der Fotografie Apps
Apps sind hauptsächlich auf mobilen Geräten installiert.

Der ewige Streit um die Auflösung

Viele Smartphone-Hersteller zielen auf eine Bildschirmauflösung von 4K, was 8,3 MP entspricht. Aber eigentlich ist diese hohe Auflösung übertrieben. Meist ist dies nicht mehr, als ein Marketing-Trick. Um die Vorteile der hohen Auflösung zu nutzen, muss man die Bilder auf größeren Geräten und in angemessenen Abständen betrachten. Aber am wichtigsten ist, dass der Inhalt zu dieser Auflösung passt.

4K auf dem TV

Schau dir an was passierte, als 4K auf den TVs adaptiert wurde. Die TV-Hersteller haben bereits vor 8 Jahren die ersten 4K-Bildschirme eingeführt. Heute, im Jahr 2020 haben wir immer noch mit zu wenig hochwertigem 4K-Sendematerial zu kämpfen. Und ich spreche nur von einer Handvoll entwickelter Länder – vergiss den Rest der Welt! Möchtest du einen Film in 4K sehen? Dann muss es schon eine Neuveröffentlichung sein, oder bestehendes Material auf „echtes 4K“ konvertiert werden. Und dennoch drängen die Fernsehhersteller bereits auf 8K-Fernseher.

Die Problematik von 4K und 8K

Eigentlich ist diese ganze Angelegenheit lächerlich. Denn eigentlich ist niemand in der Lage, den Unterschied in der Bildqualität zwischen einem 4K- und einem 8K-Fernseher bei normalen Betrachtungsabständen zu erkennen. Nur Menschen mit Adler-Augen, die einen 65″ Fernseher aus 1,2 m Entfernung anstarren, werden in der Lage sein, den Unterschied zwischen 4K- und 8K-Inhalten zu erkennen. Und das sind definitiv nicht normale Betrachtungsumstände. Was bedeutet das jetzt alles? Dass es einfach sinnlos ist, mit einer so hohen Auflösung zu arbeiten. Die einzige Möglichkeit wäre, dass 8K-Fernseher massiv größer (über 100″) und werden und billig genug sind, dass sich eine grosse Bandbreite von Menschen diesen Fernseher leisten kann.

Kannst du dir vorstellen, welche Art von Ressourcen 8K benötigen wird? Unsere Infrastruktur ist nicht annähernd in der Lage, dies zu unterstützen. Und das sind „nur“ 33,2 MP pro Bild. Was bedeutet das alles? Einfach ausgedrückt: Für Leute, die ihre Smartphones exklusiv für die Inhalte nutzen, wird alles über 4K total übertrieben sein. Und das auch in der fernen Zukunft. Und das, wenn man bedenkt, dass 8K eines Tages massenhaft eingeführt wird. Ist es dein Ziel, Bilder zu drucken (was nur sehr wenige Leute tatsächlich tun), reicht eine 24-36 MP-Kamera vollkommen aus, um anständige grosse Ausdrucke bis zu 75 x 100 cm zu machen. Das bedeutet, dass eine 36-Megapixel-Kamera für die meisten Menschen in absehbarer Zeit eindeutig mehr als genug ist.

DSLR vs Smartphone 8K
Brauchen wir wirklich eine so hohe Auflösung?

Die Kosten

In einem anderen Artikel über Nikon-Objektive habe ich geschrieben, dass Objektive die Details nicht genug auflösen können, um die Vorteile moderner hochauflösender Sensoren zu nutzen. Einige Leser dachten sich danach, dass ich gegen die zukünftige Entwicklung von Sensoren bin. Das ist sicher nicht der Fall. Ich bin nicht gegen die Entwicklung von Sensoren. Ich bin einfach gegen ständige (und oft sinnlose) Erhöhungen der Kameraauflösung. Diese Updates sind für uns Konsumenten und Endbenutzer einfach sehr kostspielig.

Kosten für die Auflösung

Wie du sicher schon weisst, zahlst du nicht nur für einen besseren Sensor. Eine höhere Auflösung erfordert einen größeren und schnelleren Puffer-Speicher, mehr Rechenleistung, viel RAM und hochauflösende Ausgabegeräte, die mit diesen RAW-Dateien arbeiten können. Wir haben bereits einen Kampf erlebt, als wir von 16 MP auf 36 MP umgestiegen sind. Und dabei ist klar, dass die Hersteller mehr Pixel in ihre kommenden DSLRs und spiegellosen Kameras drücken werden. Sony hat bereits eine A7R IV mit 60 MP hergestellt. Ausserdem sind wird bei der derzeitigen Geschwindigkeit der Sensorentwicklung nicht mehr weit davon entfernt, bald einen 100 MP-Vollbildsensor zu sehen.

Zukunft der Fotografie Sony A7R IV
Sony A7R IV.

Meine Erfahrungen mit 100 MP-Dateien

Unsere Fotoausrüstung

Du fragst dich mit welcher Ausrüstung wir fotografieren? Hier findest du unser Equipment.

Ausrüstung anzeigen

Nun, ich habe bereits mit 100 MP-Dateien aus der Fuji GFX 100 gespielt, und ich kann dir eines sagen: Ich bin nicht bereit für diese Veränderung. Sowohl mein High-End-PC als auch mein iMac Pro hatten mit diesen 100 MP-Dateien Probleme. Der ganze Bearbeitungsprozess wurde dadurch sehr mühsam und aufwendig. Tatsächlich konnte ich einige der Panoramas nicht einmal zusammenfügen, bis ich meinen Arbeitsspeicher aufgerüstet hatte. Lightroom, Capture One und Photoshop waren bei der Arbeit mit diesen Dateien extrem langsam. Es scheint also, dass sogar die Nachbearbeitungssoftware optimiert werden muss, um effizient mit so großen Dateien arbeiten zu können.

Was die Smartphone Hersteller besser machen

Sind die meisten Objektive für moderne hochauflösende Sensoren nicht gut genug, so liegt das Problem trotzdem nicht unbedingt bei den Objektiven. Von den neusten Objektiven der letzten Jahre wissen wir bereits, dass moderne Hochleistungsobjektive größer und schwerer sind als ihre Vorgänger. Sicher, diese neuen Sigma Art und Zeiss Otus Objektive haben eine hervorragende Schärfe, aber sie sind gross und sehr schwer. Smartphones hingegen werden immer schneller, dünner und leichter. Somit ist klar, dass die Kameraindustrie sich in die entgegengesetzte Richtung bewegt hat. Und wir fragen uns immer noch, warum die Kameraverkäufe rückläufig sind?

Warum gehen die Hersteller mit der Auflösung ständig nach oben und machen solche Einbussen? Und das nur, um Bilder für das Web mit 2-4 MP zu produzieren. Sicher, es ist toll, erstaunliche Details von einem 100 MP-Bild zu sehen. Aber wie gut sind diese Megapixel, wenn man am Ende des Tages nichts damit machen kann? Stell dir vor, du bist ein begeisterter Fotograf. Dein Hauptpublikum sind deine Freunde und Familie und deine Follower auf Instagram und Facebook. Warum bräuchtest du also eine hochauflösende Kamera? Ganz einfach: Du bräuchtest sie gar nicht.

Zukunft der Fotografie Objektive
Werden diese Objektive bald überflüssig sein?

Konsequenzen für die Kameraindustrie

Forum-Freaks können Tag und Nacht über die Vorteile hochauflösender Sensoren streiten. Aber wenn das gesamte System diese Sensoren nicht unterstützen kann, welchen Sinn hat es dann überhaupt? Dieses Megapixel-Rennen ist nicht gesund für die Kameraindustrie. Die Kamerahersteller müssen eine Verschnaufpause einlegen und sich auf die Dinge konzentrieren, die wirklich wichtig sind:

  1. großartige Ergonomie
  2. Benutzerfreundlichkeit
  3. hervorragende Bildqualität
  4. Web- und Social-Media-Integration
  5. ausgezeichnete Software

Dies sind die Dinge, die die Smartphone-Hersteller verstehen und tun. Und genau deshalb erobern sie den Kameramarkt im Sturm.

Smartphone vs. DSLR Kamera

Bei der Durchführung von Workshops achte ich immer darauf, was meine Teilnehmer vor Ort tun. Etwas, was ich in den letzten Jahren in meinen Workshops gesehen habe, beobachte ich aktuell immer häufiger: Die Teilnehmer tendieren dazu, mit ihren Smartphones zu fotografieren, obwohl ihre grossen Kameras schon auf den Stativen montiert sind. Die Fotografen müssen sehr vorsichtig sein, wenn sie alle technischen Aspekte der Aufnahme mit ihrer DSLR und spiegellosen Kameras ausarbeiten, wie z.B. die richtige Belichtung, Fokussierung, hyperfokale Entfernung, Scharfstellung, ETTR usw. Aber eine Smartphone-Erfassung dauert nur wenige Sekunden: Aufnahme einrahmen, vergrößern oder verkleinern und ein Foto machen. So einfach ist das.

Zukunft der Fotografie DSLR vs Smartphone
Der Griff zum Smartphone ist nachvollziehbar.

Gehen wir mal auf ein paar weitere Probleme der Kamerahersteller ein, damir wir beurteilen können, was sie besser machen müssten.

1. Problem: Komplexität

Ich höre immer mehr Leute darüber klagen, dass es so schwierig sei, mit ihren teuren Kameras zu fotografieren. Ihr iPhone oder Android-Smartphone kann währenddessen die gleiche Aufnahme in einem Augenblick und mit einigermaßen guten Ergebnissen machen. Warum können die Kamerahersteller nicht verstehen, dass sich der Rest der Welt zu einfacheren, leichteren und intuitiveren Werkzeugen entwickelt hat? Sie dagegen sind damit beschäftigt, ihren Kameras mehr unbeschriftete Tasten und eine Vielzahl kryptischer Menüoptionen hinzuzufügen. Wische hoch, um den Kameramodus zu ändern, drücke einen Knopf, um ein Bild zu machen. Jeder Smartphone-Nutzer findet das heraus, ohne ein umfassendes Handbuch zu lesen oder ein stundenlanges YouTube-Video anzusehen.

Die Ergebnisse sprechen für sich: immer wieder sehen wir einen weiteren Bericht über den Rückgang des Kameramarktes. Die Kamerahersteller verkauften früher Tonnen von Kompaktkameras. Dieser Markt ist verschwunden. Seit Jahren verkaufen sie eine Tonne DSLR- und spiegellose Kameras für Einsteiger. Aber die meisten Nicht-Fotografen kümmern sich nicht mehr um diesen Umstand, da sie mit ihren Smartphones anständige Ergebnisse erzielen können.

2. Problem: Nischenprodukte

Das Verschwinden der Kompakt- und Einstiegskameramärkte ist ein großes Problem für alle Kamerahersteller. Denn genau dort war in der Vergangenheit ein großer Teil ihrer Gewinne zu verzeichnen. Teure High-End-Kameras haben enorme Forschungs-, Entwicklungs- und Herstellungskosten. Zudem sind diese Kameras spezialisierte Werkzeuge, mit denen Unternehmen nicht einfach überleben können. Um ihr Überleben zu sichern, müssten sie Produkte für andere Märkte oder ein breiteres Publikum entwickeln. Einfach gesagt: der Markt für passionierte Enthusiasten und professionelle Kameras ist im Vergleich zur übrigen Elektronikindustrie weltweit eine kleine Nische.

3. Problem: Aufwand

Die Fotografie ist momentan populärer denn je zuvor. Gleichzeitig aber wird sie auch immer komplexer. So bedarf es besonderen Fähigkeiten, Bilder zu schießen, nachzubearbeiten, zu speichern und auszudrucken. Da ist es kein Wunder, dass die meisten Leute, die schnelle Ergebnisse wollen, rasch aufgeben. Und wir alle können bereits sehen, dass dies bei vielen Fotografen da draußen der Fall ist. Wie viele Leute kennst du, die eine gute Kamera besitzen und sie in ihren Regalen verstauben lassen? Ich kenne ziemlich viele. Die Leute haben genug mit ihrem Alltag zu tun. Erinnern sie sich dann daran, dass sie die Bilder von ihrer letzten Reise immer noch nicht auf den Computer geladen haben, hat dies nicht top Priorität. Sie verlieren das Interesse und ihre Investition verwandelt sich in ein weiteres Möbelstück zum Abstauben.

DSRL vs. Smartphone Kamera in Regal
Die Kamera wird schnell in die Ecke gestellt und nicht mehr benutzt. (@Dids, pexels.com)

4. Problem: Smartphones holen auf

Vor einigen Jahren konnte man noch argumentieren, dass Smartphone-Bilder Schrott und für ernsthafte Fotografie unbrauchbar seien. Aber sieht man sich die modernen Entwicklungen in der Kleinsensorik, der künstlichen Intelligenz und dem Machine Learning an, stellt man etwas anderes fest:

  • Die Bildqualität verbessert sich von Jahr zu Jahr drastisch.
  • Die Verkäufe von Kameras sind rückläufig, weil sie für den täglichen Gebrauch nicht mehr attraktiv sind.
Zukunft der Fotografie Smartphones holen auf
Smartphones können qualitativ hochwertige Bilder aufnehmen. (@Kaique Rocha, pexels.com)

Beispiel: iPhone 11 Pro

Das iPhone 11 Pro ist ein gutes Beispiel dafür: Es enthält drei Kameras, kann Bilder stapeln, das Bildrauschen bei der Aufnahme von Fotos in schwach beleuchteten Umgebungen reduzieren und noch viel mehr. Ein typischer Verbraucher sieht das iPhone jetzt als ein „gut genug“ für ein Aufnahme-Tool. Hier findest du übrigens unsere aktuelle top-Liste der Smartphone Kameras.

Smartphone-Firmen sind jetzt Kamerafirmen

Kamerahersteller sind heutzutage damit beschäftigt, sich gegenseitig die sinkenden Marktanteile abzunehmen. Währenddessen ist Apple im Stillen zu einer Kamerafirma geworden. Apple hat eindeutig viel Zeit und Ressourcen aufgewendet, um das iPhone 11 Pro zu einem großartigen Werkzeug für die Aufnahme von Fotos und Videos zu machen. Und das wird auch bei zukünftigen Produkten nicht aufhören. Google und andere Hersteller haben dasselbe mit ihren Smartphones getan. Sie alle sind jetzt Kamerafirmen.

Du hast sicher schon Zeitschriftencovers und Werbetafeln gesehen, die mit Smartphones aufgenommen wurden. Und das ist erst der Anfang. Die nächste Generation von Smartphones wird mit 3D-Objektiven ausgestattet sein, um die Tiefe der Szene zu beurteilen. Stell dir vor, was das mit der Bildwirkung anstellt:

  • Sobald die Motivtiefe genau berechnet ist, wird die Isolierung von Motiven noch einfacher (einstellbares Bokeh)
  • Die erweiterte Realität wird viel präziser werden
  • Smartphones werden wahrscheinlich noch mehr Objektive aufnehmen können. Und wir könnten in Zukunft sogar Pop-up-Teleobjektive verwenden.

Die Kamera-Hersteller schlafen

Wir sind derzeit damit beschäftigt, Bilder mit 400% Zoom anzustarren, um darüber zu streiten, welche Kamera besser, welches Objektiv schärfer oder welches System das Beste ist. In derselben Zeit treiben Apple, Google und andere Smartphone-Hersteller ihre F&E-Ressourcen in Richtung „überlegene Kameras“ in ihren Smartphones voran. Sobald Smartphones von „gut genug“ zu „großartig“ aufsteigen, werden wir zusehen müssen, wie der Kameramarkt zusammenbricht. Diesmal mit ernsthaften Verlusten. Wie kann man diesen Zerfall aufhalten?

Hauptpriorität: Die Software

Es ist ganz klar, dass die Hardware nicht mehr das Unterscheidungsmerkmal zwischen den Kameraherstellern ist. Solange es keine neuen Technologien und Innovationen gibt, konkurrieren sie alle auf praktisch gleichem Niveau. Das Spiel hat sich nun auf die Software verlagert. Die Software ist nun das, was ein Unternehmen im Geschäft halten oder zu seinem letztendlichen Untergang führen kann. So gut wie alle großen Fortschritte, die wir bei Smartphones sehen, haben mit der Software zu tun. Künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen, Augmented Reality, Bracketing, Bildmittelwertbildung, HDR, simuliertes Bokeh, simuliertes Licht – das sind alles Software-Verbesserungen.

Wir freuen uns über Firmware-Aktualisierungen. Dennoch verstehen die Kamerahersteller immer noch nicht, wie wichtig eine richtig funktionierende Software in ihren Kameras ist. Sie würden die Notwendigkeit neuer Veröffentlichungen von aktueller Software und Firmware erkennen, wenn sich sich andere Branchen ansehen würden. Ein Kunde sollte nicht eine ganz neue Kamera kaufen müssen, nur um eine neue Software-Funktion zu erhalten. Das ist einfach lächerlich und gehört der Vergangenheit an. Solche Verkaufstaktiken schaffen nur Misstrauen zwischen Hersteller und Kunde.

Zukunft der Fotografie Software
Die Softwares sind verantwortlich für die vielen Funktionen eines Smartphones. (@markusspiske, unsplash.com)

Cremiges Bokeh? Wenn juckt’s?

Veröffentliche ich eine Rezension eines Smartphones oder spreche über Kameras mit kleinen Sensoren, reagieren die Leser auch mit Kritik an den Geräten. Sie kritisieren die Details, den mangelnden Dynamikumfang, die fehlenden Tiefe usw. Seit Jahren führen Mitglieder der Fotografen-Community Gespräche über die Ausrüstung, kritisieren diese und die Kameras im Allgemeinen. Sie reden über Dinge wie MTF-Kurven, „cremiges Bokeh“, Schärfe und Bildqualität. Und ich bin leider einer von ihnen.

Die Realität aber sieht anders aus. Nur wenige Menschen außerhalb der Fotowelt sind an solchen Dingen interessiert. Die Leute sehen ein hübsches Bild oder ein Bild, das Emotionen hervorruft und es gefällt ihnen. Es ist ihnen egal, womit es aufgenommen wurde, wie groß es gedruckt werden kann oder wie viele Details auf dem Foto zu sehen sind. Für Kamerahersteller wäre es sinnlos, solche Benutzer ins Visier zu nehmen, da sie nicht einmal etwas Fortgeschritteneres als ein Smartphone in Betracht ziehen würden.

Eine neue Strategie muss her

In Anbetracht all dessen müssen Kamerahersteller ihre Strategie überdenken. Zumindest um ihre bestehenden Märkte zu erhalten. Zudem sollten sie versuchen, mehr Menschen für die Idee zu begeistern, bessere Bilder und schnelle, hervorragende Ergebnisse zu erhalten. Konzentrieren sie sich auf ein großartiges Benutzererlebnis, eine viel bessere Bildqualität als die der Smartphones, eine einfach zu bedienende Oberfläche, eine schnelle Interoperabilität und die Integration in das Smartphone-Ökosystem, haben sie vielleicht eine Chance, langfristig zu überleben.

Hier versagen Smartphones und Kameras glänzen

Seien wir ehrlich: Smartphones werden niemals große Sensorkameras ersetzen können. Denn es wird immer einen Unterschied in der Bildqualität zwischen den beiden geben. Beachte die Betonung auf „große Sensorkameras“. Der Kompaktkamera-Markt ist zusammengebrochen, weil die Sensoren dieser Kameras zu klein waren. Sie waren so gross wie die der Smartphones und sie konnten einfach nicht mit der schnelllebigen Technologie und der überlegenen Software konkurrieren. Etwas größere Sensoren bis zu 1″ (und möglicherweise sogar M43) sind ebenfalls gefährdet, da die Unterschiede in der Bildqualität vergleichsweise gering sind.

DSLR Kamera vs Smartphone Konkurrenz
Das Smartphone ist eine grosse Konkurrenz für Kameras. (@ATC Comm Photo, pexels.com)

Vollformat-Sensoren

APS-C und insbesondere Vollformat-Sensoren weisen jedoch im Vergleich zu Smartphones drastische Unterschiede in der Bildqualität auf. So sollten die Kamerahersteller sich darauf konzentrieren und davon profitieren. Dies bedeutet, dass sie die Produktion von kleinen Sensorkameras aufgeben müssen. Alle „robusten“ Serien sind da eingeschlossen, da moderne Smartphones inzwischen wasserdicht sind. Die Hersteller müssen sich stattdessen auf Produkte konzentrieren, mit denen das Smartphone aufgrund seiner Größenbeschränkungen niemals konkurrieren kann. Die Ausnahme sind sehr spezialisierte Kameras, für die noch immer eine Nachfrage besteht. So ist die Nikon P1000 * beispielsweise noch immer sehr gefragt. Solange sie keine erheblichen F&E- und Produktionskosten haben, bleiben diese spezialisierten Kameras auch populär.

Meine Idee wäre, alle Kosten zu minimieren und sich auf große Sensorkameras zu fokussieren. Das wird getan, indem man eine hervorragende Optik sowie Software entwickelt, die die Bildqualität drastisch verbessern kann. Wenn Handy vollständig in den Kameramarkt konvergieren, wird es das Ende des Marktes sein, wie wir ihn kennen. Die Kamera-Hersteller sollten sich also darauf konzentrieren, sich von Smartphones abzuschotten. Denn es hat keinen Sinn, mit ihnen zu konkurrieren.

Meine ideale Kamera der Zukunft

Das Smartphone übernimmt die Führung, weil es einfacher zu bedienen ist und sofort gute Ergebnisse liefert. Warum also nicht eine solche Kamera bauen? Stell dir eine fortschrittliche spiegellose Kamera mit einem grossen LCD-Bildschirm auf der Rückseite vor, einem sehr komfortablen Griff, einem Minimum an richtig beschrifteten Tasten und Wählscheiben, um die man sich Sorgen machen muss. Der Sensor wird mit 5-Achsen-IBIS stabilisiert und es gibt eine gute Auswahl an hervorragenden, relativ leichten Hochleistungsobjektiven dafür.

Nach dem Einschalten der Kamera wird der LCD-Bildschirm sofort und mit sehr geringer Verzögerung angezeigt. Es gibt ein kleines oberes LCD, das den aktuellen Kameramodus als Symbol anzeigt. Die Kameramodi sind nicht mehr als kryptische PASM-Modi zu sehen. Dies sind die Kameramodi, die mit bestimmten vordefinierten Einstellungen verfügbar sind:

1. Landschaftsfotografie

  • AF-S
  • IBIS
  • Basis ISO
  • EFCS
  • Belichtungsverzögerung / Timer auf 3 Sek. eingestellt

Tippe auf das nächstgelegene Objekt in der Szene, das scharf sein muss. Die Kamera berechnet so die Scharfstellentfernung, fokussiert automatisch auf die Hyperfokaldistanz und stellt die beste Blende ein. Ein eingebauter Lasersensor, der den Abstand zwischen Kamera und Objekt genau berechnen kann, wäre für die Genauigkeit ideal. Für fortgeschrittene Benutzer können diese Einstellungen über das Menü geändert werden. Erfahre hier mehr über Landschaftsfotografie.

Tiefenschärfe Landschaftsfotografie
Landschaftsfotografie mit meiner idealen Kamera: Ein Klacks.

2. Panoramafotografie

  • AF-S
  • IBIS
  • Basis ISO
  • EFCS

Schwenke die Kamera, damit die beste Belichtung für dein Objektbereich beurteilt wird. Die Kamera enthält eine Belichtungssperre, AE-L und AF-L, eine Hell-Dunkel-Grenze für jede Aufnahme für eine erfolgreiche Panorama-Zusammenführung. Du kannst die Option für die automatische Panoramaaufnahme und das Zusammenfügen von Handheld-Panoramen hinzufügen. Das wärs oder? Apropos – lies hier doch meinen Guide zur Panoramafotografie.

3. Porträtfotografie

  • AF-C
  • IBIS
  • ISO-Automatik
  • Eye Tracking (standardmässig eingeschaltet)

Die Blende ist weit geöffnet, was aber eingestellt werden kann. Das Motiv wird automatisch verfolgt und die Kamera stellt das nächstgelegene Auge des Motivs scharf. Dies funktioniert bei Menschen und Haustieren. Erfahre hier mehr über Porträtfotografie.

Zukunft der Fotografie Porträt
Meine ideale Kamera erleichtert die Porträtfotografie. (@Anastasiya Gepp, pexels.com)

4. Actionfotografie

  • AF-C
  • IBIS
  • ISO-Automatik mit Verschlusspriorität
  • Dynamischer AF
  • Max FPS

5. Nacht- und Innenbereichfotografie

  • AF-S
  • IBIS
  • ISO-Automatik
  • AF-Hilfslicht
  • Einfach-AF
Zukunft der Fotografie Nacht
Mit meiner idealen Kamera magische Bilder bei Nacht aufnehmen.(@ryan_hutton, unsplash.com)

6. Film

  • AF-C
  • IBIS
  • ISO-Automatik
  • Dynamischer AF
  • Zebras und andere nützliche Einstellungen eingeschaltet

7. Benutzer-Voreinstellungen

Die Voreinstellungen ermöglichen es dem Benutzer, einen beliebigen Kameramodus zu wählen und Einstellungen individuell anzupassen.

Die Belichtung wird automatisch berechnet und die HDR-Vorschau wird je nach Szene auf die Bilder angewendet. Das Autofokussystem ist sehr schnell und verwendet eine Kombination aus Phasen- und Kontrasterkennungs-AF. Der Fokuspunkt kann durch Bewegen des Daumens auf dem Touchscreen oder durch Antippen des gewünschten Bereichs auf dem LCD-Display verschoben werden.

Zukunft der Fotografie Benutzer Voreinstellungen
Du bist zuständig für deine individuellen Einstellungen. (@pixabay.com)

8. Das Menü

Das Menüsystem ist sehr einfach und enthält nur Einstellungen, die für den gewählten Kameramodus relevant sind. Wenn du beispielsweise im Landschaftskameramodus fotografierst, gibt es keine Einstellungen wie Eye AF, Movie Settings, etc. Wenn der Benutzer die Kamera individuell anpassen möchte, werden solche Einstellungen in einer speziellen „Erweiterten“ Menüeinstellung bereitgestellt.

9. Speicher

Die Kamera verfügt über einen mindestens 64 GB schnellen eingebauten internen Speicher. Aber es kann auch eine Speicherkarte zum Speichern von Bildern eingesetzt werden. Um zu verhindern, dass die Kamera beim Aufnehmen von Bildern oder Videos in hoher Qualität zwischenspeichert, werden die Bilder im internen Speicher gespeichert. Und erst später werden sie auf die Speicherkarte umgelagert.

10. Betriebssystem

Um den Software-Fußabdruck zu minimieren, verfügt die Kamera nicht über ein grosses Betriebssystem. Das würde zu lange zum Hochfahren brauchen. Daher ist sie auf die Kamerafirmware angewiesen, um grundlegende Dinge wie Bildanpassungen, Voreinstellungen und Uploads auf Social-Media-Plattformen durchzuführen. Software- oder Firmware-Updates werden periodisch (mindestens einmal pro Quartal) durchgeführt. Und dies mit konstantem AF, Tracking und Verbesserungen der Funktionen auf der Grundlage von Community-Feedback. Sofern nicht ein schnellerer Prozessor und mehr Speicher benötigt werden, kann die gesamte aktuelle Software auf verschiedene Generationen von Kameras angewendet werden. Die Software wird, wenn immer möglich, für alle Kameramodelle vereinheitlicht.

Softwarefunktionen

Zu den Softwarefunktionen gehören die Bildmittelwertbildung (Stapeln mehrerer Bilder, um das Rauschen zu minimieren und die Details zu verbessern), die Pixelverschiebung (um die Details zu erhöhen), der Intervallmesser, der Zeitraffer, der Astrotracker und die Voreinstellungen.

11. Übertragung

Die soeben aufgenommenen Bilder können automatisch via Bluethooth oder WiFi auf ein Smartphone, Tablet oder Computer übertragen werden, sofern du die Kamera entsprechend eingestellt hast. Diese Sache muss wirklich ausgebügelt werden, damit die Übertragungen schnell erfolgen und die Apps intuitiv zu bedienen sind. Das Standard-Bildaufzeichnungsformat ist HEIF, aber es sind auch die beiden Bildformate JPEG und DNG verfügbar.

Zukunft der Fotografie Übertragung
Die Bilder sind zwischen den Geräten übertragbar. (@pixabay.com)

12. Zwei Versionen

Die Kamera und die Objektive sind klein, leicht und wetterfest. Es gibt zwei Versionen der Kamera: APS-C, mit kleinerer Fassung, kleineren und leichteren Objektiven und Vollformat mit grösserer Fassung und Hochleistungsobjektiven. Die APS-C-Version der Kamera ist sehr preiswert, vorzugsweise im Bereich von 400 – 700 Euro. Die Vollbildversion der Kamera liegt im Bereich von 1400 – 1900 Euro. Stell dir beide als Einstiegs- und Enthusiastenkameras vor. Für fortgeschrittene Profis können die Kamerahersteller weiterhin fortschrittliche Kameras mit mehr Tasten und Funktionen herstellen, die sie bereits gewohnt sind.

Was hältst du von all dem? Wie würde deine ideale zukünftige Kamera aussehen? Teile mir doch deine Gedanken in den Kommentaren unten mit!

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